Josefine Heber im Porträt: Die Weltmeisterin lässt die Puppen tanzen - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 24.01.2018 um 12:00 Uhr
Josefine Heber im Porträt: Die Weltmeisterin lässt die Puppen tanzen
MAGAZIN „The Intuitive“ - das war ihr Wettkampfname anlässlich der Weltmeisterschaften im Tischfußball, weil Josefine Heber an den Stangen mit den elf Figuren ebenso abgeklärt wie unvorhersehbar agiert. Von den herausragenden Fähigkeiten der 30-jährigen Bambergerin, die mit Jet- und Pin-Shot die Tischkicker-Welt eroberte, durfte sich anpfiff.info hautnah selbst überzeugen.
Von Bernd Riemke

Ihr Bezug zum Fußball? Keiner! „Dafür hatte ich kein Talent und eher Angst, dass mich die Großen abschießen“, offenbart Josefine Heber ihre nicht vorhandene Affinität zur Jagd nach dem runden Leder. Ihre Kindheit verbrachte die gebürtige Erfurterin, die im Alter von zwei Jahren mit ihrer Familie ins oberfränkische Pettstadt umzog, schwimmend oder an der Tischtennisplatte. „Nichts habe ich jedoch mit so großer Begeisterung betrieben wie Tischfußball“, erzählt die 172cm große Blondine mit strahlenden Augen. Zuerst im Grundschulalter im Kinderhort, danach in Papas Hobbyraum im Keller. Dort zeigte sich früh ihr Talent, denn obwohl sie anfangs meist einfach wild herumgeballert hat, mussten Freunde wie Eltern bald einsehen, dass gegen Klein-Josi am Tischkicker kein Kraut mehr gewachsen war. Ausgestattet mit einer vorzüglichen Auge-Hand-Koordination, einer der wesentlichen Grundvoraussetzungen eines erfolgreichen Kickerspielers, übte Josefine Heber mit schier unermüdlicher Ausdauer und einem nicht enden wollenden Ehrgeiz solange, bis sich der Erfolg beinahe zwangsläufig einstellte.

„Ich konnte an keinem Kicker vorbeigehen“

Dabei war Tischfußball für die junge Mama eines inzwischen einjährigen Sohnes lange Zeit ein reiner Freizeitspaß. Im Alter von 17 Jahren lernte Josefine Weinrich – so ihr Mädchenname – in der damaligen Kickerhochburg im Beckla in Kemmern ihren jetzigen Ehemann Christian Heber kennen. Den entscheidenden Vorteil der Herren gegenüber den Frauen, die Schnellkraft in der Schussbewegung, konnte Josi zwar nicht ausgleichen, doch als Verteidigerin, die die Stange mit dem Torwart und der davorstehenden Zweier-Abwehrreihe bediente, erkannte sie rasch, dass die gegnerischen Angreifer immer gleiche Strukturen und Bewegungen ausführen, um Tore zu erzielen. „So konnte ich die Jungs schon ein wenig ärgern“, schmunzelt Heber heute, die in der Folgezeit anfing, sich auf Turnieren mit anderen zu messen. Zwei Jahre lang hat sie zwar beinahe jedes Spiel, nicht aber die Motivation verloren. Sie beobachtete, fragte nach, ließ sich erklären und kam zu dem Schluss, „dass ich bei den Frauen gut mithalten kann, wenn ich nur halb so gut werde wie die männlichen Profispieler. Also gab es für mich nur die beiden Alternativen aufhören oder üben!“ Zwei Alternativen, die de facto keine waren, denn selbstverständlich biss sich die 30-Jährige durch und sollte im Jahr 2009 ihr erstes Spiel bei einem offiziellen Turnier gewinnen.

Josefine Heber strahlt mit dem WM-Pokal um die Wette.
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Weltmeistertitel in Frankreich

Von da an ging es rasant bergauf. Über den Bayerischen Meistertitel im Einzel und Doppel sowie den Gewinn der Deutschen Meisterschaft im Jahr 2011 ging es in den Kader der Deutschen Nationalmannschaft der Frauen. Der DTFB (Deutscher Tischfußball Bund) nominierte sie schon im Januar 2012 zur Weltmeisterschaft in Nantes an der französischen Atlantikküste, wo sich das schwarz-rot-goldene Team bis ins Finale vorkämpfte. Das Duell gegen die Gastgeberinnen wurde aus der Final Area heraus per Livestream auf den ganzen Erdball hinaus übertragen. „Wir sind es nicht gewohnt, zwischen den Toren zu warten“, so Josefine Heber in Erinnerung an ihr Finalspiel, das oft minutenlang unterbrochen wurde, weil die übertragenden TV-Sender jeden Treffer zunächst in Super-Slow-Motion sendeten, ehe der nächste Anstoß am Tisch erfolgen konnte. Beim Zwischenstand von 2:4 musste die Bambergerin zu ihrem Einzel antreten. Eine eigene Niederlage wäre einer Niederlage des deutschen Teams im WM-Finale gleichgekommen. Vor über 1000 Zuschauern – für Tischfußballverhältnisse eine astronomisch hohe Zahl – wurde ihre Partie zu einer wahren nervlichen Zerreißprobe. „Alles am Körper zittert. Egal, was man vorher monatelang geübt hat, es muss jetzt in dieser Sekunde funktionieren. Der einzige Trost ist zu wissen, dass es der Gegnerin genauso geht“, bringt Heber ihre innere Gefühlswelt anschaulich auf den Punkt. Dieser Fokus auf die entscheidenden Momente gelang der Deutschen besser als ihrer französischen Widersacherin. Heber besorgte den 4:4-Ausgleich und nach einem folgenden Sieg im Doppel stand die Deutsche Frauen-Nationalmannschaft als neuer Weltmeister fest. „Wir sind herumgesprungen wie die Flummis, erhielten einen Pokal, Medaillen – und natürlich den Titel“, umschreibt Heber den Siegestaumel und hebt dabei den ideellen Wert des 1. Platzes beim Weltturnier hervor.

Aus dem Klassenzimmer ins Modehaus


Ausgiebig genießen konnte die damalige Studentin den größten Erfolg ihrer Karriere in dem Moment allerdings nicht. Noch am gleichen Abend ging es zurück in die fränkische Heimat, weil wichtige Verpflichtungen anstanden. An der Otto-Friedrich Universität in Bamberg legte Josefine Heber zunächst ihr 1. Staatsexamen für das Lehramt an Mittelschulen ab und beendete 2015 schließlich ihr Referendariat in Hirschaid mit dem Hauptfach Kunst - „weil ich doch so unsportlich bin“, schmunzelt die Künstlerin an den Kickerstangen, die sich fortan freilich als Tischfußballerin selbständig machen sollte. „Von den im besten Fall dreistelligen Preisgeldern bei Turnieren kann man nicht leben – von der Vermarktung als Weltmeisterin schon“, erklärt Heber rückblickend ihren Schritt in eben jene Selbständigkeit. Gerade zu Zeiten einer Fußball-EM oder WM wurde sie über mehrere Wochen hinweg beinahe täglich für Show-Events in der ganzen Republik gebucht. Eine schicke Abendveranstaltung hier, der Besuch eines Modehauses dort und gerne auch Benefizauftritte für den guten Zweck. „Jedermann darf gegen mich spielen. Wer gewinnt, erhält einen Sonderpreis. In all den Jahren habe ich aber selten verloren – einmal jedoch hat derjenige, der gegen mich gewonnen hat, noch vor Ort einen maßgeschneiderten Anzug erhalten“, stellt Josefine Heber zwar fest, dass sie gegen ambitionierte männliche Vereinsspieler bei offiziellen Turnieren wohl meist verlieren würde, an jenen besonderen Events jedoch an ihrem eigenen Tisch eingespielt ist und die Nervosität der männlichen Herausforderer, gegen eine amtierende Weltmeisterin spielen zu dürfen, nicht unterschätzt werden darf.

Aus dem Schatten des Kneipensports – auf den Spuren des Darts

Seit dem Titelgewinn 2012 steht die Bambergerin nicht nur im Kader der Deutschen Nationalmannschaft, sondern auch für den Bundesligisten TFV München an den Kurbeln. Obgleich sie mit den Landeshauptstädterinnen jedes Jahr bundesweit unter den Top 3 landete, war sie federführend mit beteiligt als 2010 mit dem TFC der erste Tischfußballclub in Bamberg gegründet wurde. „Wir wollen in den Köpfen der Leute auch verankern, dass Tischfußball mehr ist als nur ein Kneipensport. Wir trainieren oft mehrere Stunden lang bestimmte Pässe und Schüsse“, so Heber, die ungeachtet des nicht zu vernachlässigenden Glücksfaktors betont, dass eigene Aktionen beim Tischfußball zwar sehr schnell vonstatten gehen, es jedoch zunächst darauf ankommt, den Ball in Ruhe zu kontrollieren, um den nächsten Angriff gedanklich zu planen. Dabei ist es wichtig, die Lücken in den gegnerischen Abwehrreihen zu erkennen und entsprechend auszunutzen. „Nicht umsonst wird Tischfußball gerne als Hochgeschwindigkeitsschach bezeichnet, weil auch die Antizipation dessen, was der Gegner plant, sehr entscheidend ist“, ergänzt Heber, die sich eine ähnliche Entwicklung des Tischfußballs wünscht, wie sie der Darts-Sport in den letzten Jahren genommen hat.

In Bamberg gründete Josefine Heber mit ihrem Mann Christian die Kickerbox und wenig später den ersten Tischfußballverein
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Training in der Kickerbox – ein Erfahrungsbericht

In Bamberg hat Josefine Heber im Zuge ihrer Selbständigkeit einen Ort geschaffen, an dem Interessierte und Begeisterte dem Kickersport nachgehen und sich vom klassischen Kneipenkicker abheben können – die Kickerbox! Wenngleich die 30-Jährige selbst ihre Anfänge in verrauchten Nebenzimmern nahm und dabei nicht selten unter dem Motto „Komm, wir spielen um ein Bier“ billige Abende verbrachte, so ist die Kickerbox Anlaufstelle für ebenso talentierte wie neugierige Kickerspieler, die ihrem Hobby als echtem Sport nachgehen wollen. Wie viel Übung dies bedarf, davon durfte sich der Schreiber dieser Zeilen höchstpersönlich überzeugen. In einem 3min langen epischen Battle an den Stangen kassierte der anpfiff-Reporter eine heroische 1:7-Niederlage, feierte seinen ohne jeden Zweifel gewollten Kunstschuss zum zwischenzeitlichen 1:6 dreißig Sekunden vor der handgestoppten Schlusssirene jedoch wie einen Sieg. Dass sich der tapfere Recke an den Kurbeln dabei einer leichten Spielverzögerung schuldig machte – pro Aktion hat jeder Akteur nur 15 Sekunden Zeit, was echte Profis meist bis zum Ende ausnutzen, um den Verteidiger zappeln zu lassen – und gleich mehrere Fouls beging, weil er während des Ballwechsels die Weltmeisterin in ein Gespräch verwickelte, war ihm zum Zeitpunkt des Spiels freilich noch gar nicht bekannt. Für den unterlegenen Helden ist der Weg in die 2. Tischkicker-Bundesliga noch weit. Der TFC Bamberg feierte jedoch jüngst sowohl mit der Frauen- wie auch der Herren-Mannschaft den Aufstieg in die zweithöchste deutsche Spielklasse. Nicht nur, aber auch ein Verdienst der Weltmeisterin von 2012: Josefine Heber!

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Leser-Kommentare

Steckbrief J. Heber

Josefine Heber
Spitzname
Josi
Alter
37
Geburtsort
Erfurt
Wohnort
Bamberg
Familie
verheiratet, 1 Kind
Nation
Deutschland
Größe
172 cm
Beruf
Lehrerin / Selbständige
Hobbies
Tischfußball


Tischkicker-Schüsse: Der Jet

Ist mein Lieblingsschuss, weil man mit wenig Kraft viel Beschleunigung auf den Ball bekommt und er somit sehr effektiv ist. Man benutzt den Jet nur mit der Angriffsreihe. Gerade für Anfänger ist er leicht zu lernen. Das Handgelenk liegt dabei am Griff. Über die Handfläche wird die Puppe/Figur 360° abgerollt und so der Ball mit hohem Tempo aufs Tor geschossen. Aus dergleichen Position kann man damit in verschiedene Ecken schießen und nahezu jede Lücke treffen.

Pin - Shot

Der Ball wird eingeklemmt. Dann bringt man die Puppe mit einer Seitwärtsbewegung hinter den Ball und zieht den Griff mit geöffneter Hand nach oben. Diesen Schuss verwendet man mit der Abwehr- und der Sturmreihe. Auch Schüsse über die Banden spielt man bevorzugt mit dem Pin-Shot.

Push-/Pull-Shot

Das ist der klassische Kneipenkickerschuss. Die Puppe steht neben dem Ball. Mit einer Seitwärtsbewegung bringe ich sie hinter den Ball und schieße dann nach vorne. Alle Schüsse gibt man mit der rechten Hand ab. Die linke Hand benutzt man eigentlich nur zum Passen

KickerBox

Die KickerBox hat es sich zum Ziel gemacht, das Kickern aus den Fluren und Hinterräumen der Kneipen zu holen und es in den Mittelpunkt einer modernen Bar zu stellen.  In der Bamberger Jäckstraße treffen sich Spieler jeglicher Spiel-stärke: von Studenten über Kneipenkönige bis hin zu Ligaspielern. Jeder, der Lust auf Kickern hat und einen gemütlichen Abend verbringen will ist jederzeit willkommen!
https://kickerboxbamberg.jimdo.com

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