Zum Heimspiel des FC Coburg gab die TuS Röllbach ihre Visitenkarte in der Vestestadt ab. Die Gäste aus dem westlichsten Zipfel Unterfrankens hatten eine mehr als zweistündige Anreise zu bewerkstelligen, reisten jedoch nach dem jüngsten Heimerfolg gegen den Mitkonkurrenten aus Geesdorf als Tabellenführer und dadurch mit gewaltig Rückenwind an. Insbesondere Goalgetter Alexander Grimm lief in den vorangegangenen Spielen zu Höchstform auf und war auch nach dem Winter direkt wieder zur Stelle. "Wir müssen von der ersten Minute an hellwach sein, um nicht wieder frühzeitig einem Rückstand hinterherzulaufen“, äußerte sich Coburgs Sportlicher Leiter Christian Tremel bezüglich der starken Offensive des Kontrahenten. Der Ausfall von Eric Heinze, der aufgrund einer Rotsperre im letzten Heimspiel fehlte, machte das ohnehin schwierige Unterfangen, „die beiden vergebenen Zähler wieder einzufahren“, nicht unbedingt leichter. Dennoch machte die Coburger Aufholjagd am vergangenen Mittwochabend Mut und Lust auf mehr, sodass man auch an diesem Tag auf Punkte hoffen durfte.
Direkt nach dem Anpfiff fällt Sertan Sener im gegenerischen Strafraum, aber die Pfeife blieb stumm.
Lukas Köhn
Das Spiel hatte keine Startschwierigkeiten und so ging direkt die Post ab. Dem FC Coburg, welcher in einer 4-1-4-1-Formation antrat, gehörten die eindeutig die Anfangsminuten. Mit dem möglichen Strafstoß nach zwei Minuten und zwei gefährlichen Flanken von Kevin Hartmann, die Ricardo König jeweils nicht nutzen konnte, sorgten die Hausherren direkt für Brisanz und Torgefahr. Überraschenderweise wurden die Coburger nach zehn Minuten kalt erwischt, als Till Link über links an Gökhan Sener vorbeizog und dieser versuchte mit einer Grätsche seinen Stellungsfehler auszubügeln. Dies gelang ihm nicht und der Schiedsrichter sprach den Röllbachern bei ihrem ersten richtigen Angriff einen unumstrittenen Elfmeter zu. Bis zu diesem Zeitpunkt wirkten die Gäste ein Stück weit überfordert, da sie weder Zugriff bekamen, noch mit dem Ball Lösungen fanden, sich dem hohen Pressing der Gastgeber zu entwinden. Die Führung per Elfmeter durch Robin Karch gab seiner Mannschaft aber so viel Sicherheit, dass sie die folgenden 35 Minuten dominierten und das Ergebnis in die Höhe schraubten. Deutlich zu erkennen war, dass sich der äußere Mittelfeldspieler in Röllbacher Ballbesitz fallen ließ und der Außenverteidiger hochschob, wodurch Räume und Lücken gerissen wurden, die mit präzisen Pässen aus der Innenverteidigung heraus gefüttert wurden. Dies gelang insbesondere über die rechte Karch-Niesner-Achse ziemlich gut und Coburg fand lange kein Gegenmittel. So konnte die Turn- und Spielgemeinschaft stetig Druck aufbauen und erzwang Standardsituationen, wodurch sie das Ergebnis in die Höhe schrauben konnten. Durch zwei Eckbälle, wovon der erste direkt im Netz landete, trafen Mario Ackermann (30.) und Noah Markert (38.) zur zu diesem Zeitpunkt absolut verdienten Dreitoreführung. Das Coburger Mittelfelddreieck um Knie, Sener und Civelek setzte sich abwechselnd nach hinten ab, um den Spielaufbau zu unterstützen und voranzutreiben. Da die TuS Röllbach jedoch extrem gut verschob und in Ballnähe immer wieder Überzahl herstellte, konnte man nicht tief genug in die gegnerische Hälfte eindringen. Dennoch erarbeiteten sich die Gastgeber einen Freistoß aus 20 Metern, den Aykut Civelek an die Latte schoss. Überfallartig und direkt im Gegenzug sorgte Torjäger Alexander Grimm für ein weiteres Tor, indem er den Ball von der Mittellinie über den zu weit vor seinem Tor stehenden Luis Krempel hob (43.). Das Spiel schien gelaufen, aber mit dem Halbzeitpfiff konnten die Vestekicker doch nochmal verkürzen. Aykut Civelek brachte mit der letzten Aktion der ersten Halbzeit die Kugel Richtung zweiten Pfosten, wo Ricardo König auf Gökhan Sener zurücklegte. Dieser verlängerte den Ball per Kopf in die Maschen und der FCC konnte zu einem enorm wichtigen Zeitpunkt ein Erfolgserlebnis verbuchen.
Coburgs Außenverteidiger Gökhan Sener spielt den Ball longline, bevor ihn Till Link stören kann.
Lukas Köhn
Der FC Coburg kam mit einer Menge Schwung aus der Pause und belohnte sich direkt mit einem weiteren Treffer. In der 48. Minute schlug René Knie einen Eckball ins Zentrum, wo Sertan Sener freistehend einnicken durfte. Daraufhin lief das komplette Coburger Lager inklusive Reservebank heiß und drang auf mehr. So sollte es auch kommen. Denn nach einer Flanke von links herrschte Undurchsichtigkeit im Röllbacher Fünfmeterraum und Tevin McCullough stocherte den Ball zum Anschlusstreffer über die Linie. In der Folge entwickelte sich ein offener Schlagabtausch, bei dem der FCC weiterhin die Oberhand behielt. Es wurden jetzt beiderseits viele lange Bälle gespielt, um möglichst schnell in die Gefahrenzone zu kommen. Röllbach, die auf eine Fünferkette umgestellt hatten, um den Sieg zu verteidigen und mehr Stabilität zu erlangen, starteten in der 74. Spielminute einen Angriff über die linke Seite, bei dem Robin Karch den Ball flach und scharf in die Mitte brachte. Dort konnte Fabian Wolf den Ball einschieben und den alten Abstand von zwei Toren wieder herstellen. Die Vestestädter gaben sich dennoch nicht auf und bewiesen Moral. Der eingewechselte Daniel Sam bediente Sertan Sener nach einem langen Schlag mit dem Kopf und somit war das Spiel zwei Minuten vor Schluss wieder komplett offen. Der Ausgleich, der dieses fulminante Spektakel aus heimischer Sicht gekrönt hätte, lag in der Luft. Mit der allerletzten Aktion des Spiels behauptete Davide Dilauro nach einem Standard den Ball und schloss aus der Drehung ab. Sein Schuss konnte durch die vielbeinige Gästeabwehr abgeblockt werden, sodass es bei einer einstelligen Torbilanz blieb.
Urplötzlich fing es zu hageln an. Davide Dilauro behält gegen Noah Markert die Kontrolle über das Leder.
Lukas Köhn
Der Spielverlauf war ein Gaumenschmaus für den neutralen Betrachter, da es nach einer vermeintlich sicheren Röllbacher Führung doch noch einmal richtig spannend wurde, was an dem Kampfgeist und der Mentalität der Coburger Mannschaft lag. Der Schlüsselmoment war ohne Zweifel der Elfmeterpfiff in der Anfangsviertelstunde, der die Gastgeber verunsicherte und die Gäste stärkte, was zu einer Leistungsdiskrepanz führte, die im Halbzeitergebnis recht passend wiedergegeben wird. Nach dem Seitenwechsel war davon überhaupt nichts mehr zu spüren, da die Heimelf deutlich aktiver war und zwei schnelle Tore erzielen konnte. Das zwischenzeitliche 3:5 war für die Unterfranken von enormer Bedeutung. Wer weiß, wie das Spiel verlaufen wäre, hätten sie diese Möglichkeit liegen gelassen. Tatsache ist, dass die TuS Röllbach für den FC Coburg die harte Nuss bleibt, die sie vor dem Spiel war, weil es die vierte Niederlage im fünften Spiel gegen die Unterfranken war. Nach fünf verlorenen Punkten innerhalb von vier Tagen geht es für den FCC wohl nur noch um die goldene Ananas, wohingegen Röllbach weiterhin auf dem besten Weg ist, den großen Wurf zu schaffen.
Spielbericht eingestellt am 09.04.2022 20:07 Uhr