KSO Sven Bode im Interview: "Wir brauchen Typen und Wertschätzung!" - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 12.07.2021 um 10:17 Uhr
KSO Sven Bode im Interview: "Wir brauchen Typen und Wertschätzung!"
Der Ball rollt wieder. Nicht nur für die Spieler, auch für die Schiedsrichter ist die lange Zwangspause vorbei. Wir wagen uns mit Kreisschiedsrichterobmann Sven Bode (40) an eine Bestandsaufnahme und einen Ausblick – und auch an mögliche Stellschrauben, die den Job an der Pfeife nicht undankbar, sondern attraktiv machen. Zudem klären wir die Frage, warum Bode nach 20 Jahren selbst nicht mehr im Bezirk pfeifen wird.
Von Marco Galuska
Kreisschiedsrichterobmann Sven Bode (Bildmitte) pfeift in Zukunft selbst nur noch auf Kreisebene.
fussballn.de
Die Testspiele laufen wieder einigermaßen auf Hochtouren, der Blick geht einige Wochen voraus auf den Saisonstart 2021/22. Wie sieht der Obmann seinen Kreis Nürnberg/Frankenhöhe für den Wiederbeginn gerüstet?

Sven Bode:
Ich sehe uns für die bevorstehenden Aufgaben sehr gut vorbereitet, schließlich sind wir nicht in einen Winter- bzw. Coronas-Schlaf verfallen, sondern haben die spielfreie Zeit intensiv für Onlineregelarbeit und Videoschulungen genutzt. Ob sich alle Schiedsrichter*innen auch körperlich fit gehalten haben, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilen, jedenfalls haben wir auch hier mit Fitness- und Trainingstipps Hilfestellung gegeben. Aber ich könnte mir tatsächlich gut vorstellen, dass beim ein oder anderen das Schiedsrichterhemd nun ein bisschen mehr spannt als vor der Pandemie (lacht).

Welche Maßnahmen gab es in der Pause, um die Schiris an der Basis bei der Stange zu halten?

Bode:
Wie gesagt, leider konnten wir die Lehrabende nur im Onlineformat abhalten, bei dem wir leider nicht alle Kollegen, insbesondere die älteren, erreicht haben. Insgesamt waren die SR-Gruppen sehr kreativ: Die Gruppe Fürth veranstaltete beispielsweise einen ZOOM-Lehrabend mit FIFA-SR-Assistent Marco Achmüller – eine tolle Sache!

Mit vier Schiedsrichter im DFB-Bereich führen Sie den erfolgreichsten Kreis in Deutschland. Nun kamen vier Aufsteiger in die Bayernliga hinzu – da muss dem KSO doch das Herz aufgehen?

Bode:
In der Tat erfüllt mich das mit großem Stolz. Das ist der Ertrag für jahrelange, hervorragende Arbeit meines Vorgängers Hans Rößlein und der weiteren vier Gruppenobmänner Sebastian Müller (Zirndorf), Reiner Gärber (Fürth), Günter Schuh (Frankenhöhe-Nord) und Bernd Keil (Frankenhöhe-Süd) mit ihren Ausschussmitgliedern und Lehrwarten. Was hier geleistet wird, ist sensationell, von den Neulingslehrgängen über Weiterbildungsmaßnahmen bis hin zur Aufarbeitung der Beobachtungsergebnisse der qualifizierten Schiedsrichter.

Roland Gawlik schnürt nach acht Jahren seine Schuhe nun nicht mehr auf Bezirksebene.
Sebastian Baumann

Bei der Qualifikation für die Bezirksliga fällt auf, dass mit Roland Gawlik und Sebastian Nemetz zwei langjährige Schiris nun fehlen – und mit Verlaub, auch der Name Sven Bode taucht hier nicht mehr auf. Eigentlich kaum vorstellbar. Klären Sie uns bitte auf!

Bode:
Korrekt. Viele Schiedsrichter nahmen die Pandemiepause zum Anlass, einige Dinge reflektieren zu lassen und haben gemerkt, dass sie den Fußball gar nicht so vermissen, als sie sich es vorher jemals hätten denken können. Wir drei haben die Bezirksliste freiwillig verlassen und Platz für jüngere Kollegen gemacht. Sebastian Nemetz, immerhin 8 Jahre auf der Bezirksliste, hat sogar einen Aufstieg in die Landesliga ausgeschlagen und tritt aus beruflichen Gründen nun kürzer. Roland Gawlik (8 Jahre Bezirksliste) und ich (20 Jahre Bezirksliste), wir haben Familie und die Kinder fordern zu Recht auch Zeit mit dem Papa ein. Wir haben beide schon die „4“ stehen und sind somit in einem Alter, wo man sehr gut entscheiden kann, was man mit sich machen lässt und was eben nicht. Wenn man sich mit der Erfahrung von 15 Jahren Bayern- und Landesliga sich in der Bezirksliga noch mit einem SR-Beobachter, oder am Lehrgang mit Lichtschranken für die Sprints rumärgern muss, dann fällt einem eine solche Entscheidung nicht allzu schwer.

Läuft das nur in Mittelfranken ganz speziell so oder gibt es in anderen Bezirken auch Sonderrechte für verdiente Schiris, die längere Zeit auf der Verbandsliste waren?

Bode:
 Die Professionalisierung des Amateurfußballs und des SR-Wesens hält in ganz Bayern Einzug. Ab 10 Jahren Verbandsliste erhält man ein „Abschiedsjahr“ ohne Beobachtung auf der Bezirksliste. Das ist sicher eine nette Geste, aber nicht des Rätsels Lösung.

Dann verstehe ich Sie richtig, dass ein Umdenken bei diesem Verfahren dafür gesorgt hätte, dass beispielsweise Bode, Gawlik und Nemetz noch im Bezirk geblieben wären?

Bode:
Sebastian Nemetz sicher nicht, denn wenn du unter der Woche beruflich 200 Kilometer weg von der Heimat bist, dann ist ein Bezirksligaspiel sicher nicht das große Event am Wochenende, da freust du dich dann sicher mehr auf Familie und Freunde. Roland Gawlik eventuell und was meine Person angeht, so kann ich die Frage mit einem klaren „Ja“ beantworten.

Sebastian Nemetz hört aus beruflichen Gründen als Schiri auf Bezirksebene auf.
Uwe Kellner

Somit muss man davon ausgehen, dass auch in der Vergangenheit einige Schiri-Größen vorzeitig verloren gegangen sind?

Bode:
Sicherlich! Es bedarf einer raschen Lösung im Umgang mit erfahrenen Kollegen, welche freiwillig von der Verbandsliste ausscheiden und noch einige Jahre im Bezirk aktiv sein wollen.

Dabei sind doch eigentlich gerade die guten, etablierten für den Fußball ein Segen. Ich glaube einen Andreas Rolle, um mal ein Beispiel zu nennen, hätten sich einige Fußballer noch auf dem Platz und nicht nur mit Beobachtungsliste im Zuschauerbereich gewünscht…

Bode:
Exakt, auch ein Karl-Heinz „Charly“ Doneff, um ein zweites Beispiel zu nennen, hätte der Bezirksliga noch einige Jahre länger gutgetan. Weil es nicht nur super Schiris sind, sondern noch echte „Typen“, die auch mal etwas verbal anstatt mit der farbigen Karte regeln können. Nicht nur die etablierten Schiedsrichter, sondern auch die jungen Schiedsrichter sowie die Vereine der Bezirksliga sollen von einer künftigen Lösung profitieren. Einige Bezirke, z.B. Oberfranken, haben einen A- und B-Kader. Dem A-Kader gehören alle aufstiegsberechtigten-, dem B-Kader alle etablierten Schiedsrichter an, die selbst nicht mehr beobachtet werden, im Gegenzug aber für den Bezirk Beobachtungen des A-Kaders durchführen. Eine typische Win-Win-Situation! Außerdem würde man enorme Kosten einsparen, Geld, das man an anderer Stelle für die Aus- und Weiterbildung nutzen könnte. Hier besteht absoluter Handlungsbedarf, denn die Namen der nächsten etablierten Kollegen, welche früher oder später in dieses Raster fallen, habe ich bereits im Kopf.

Einer jener "Typen" unter den Schiris war viele Jahre Andreas Rolle. Ihn trifft man noch immer als Schiri-Beobachter auf den Sportplätzen.
Sebastian Baumann

In der Bundesliga gibt es ja das prominente Beispiel: Trainer und Spieler haben sich öffentlich für Manuel Gräfe eingesetzt. Dieser strengt nun den Klageweg gegen die Vorgabe der Altersgrenze beim DFB an. Gibt es im Landesverband oder Bezirk eigentlich auch Altersgrenzen oder entscheidet allein die Leistung?

Bode: 
Wenn über eine solche Thematik am Grünen Tisch entschieden wird, dann heiße ich das nicht für gut, denn dann ist im Vorfeld einiges schiefgelaufen. Ob man Gräfe mag oder nicht, zweifelsohne hat er bei den Spielern und Trainern ein riesiges Standing, weil er eben auch noch einer der besagten „Typen“ ist, eben mehr als nur ein guter Schiedsrichter. Auch wir haben im Verband, Bezirk und Kreis Richtlinien, welche das maximale Alter der Schiedsrichter in den jeweiligen Spielklassen regeln. Ich finde das auch richtig so, denn nicht jeder erkennt für sich, wann es eben gut ist und Schluss sein sollte. Dennoch bin ich der Meinung, dass man sich hier flexibler zeigen und sich auch in seinen Qualifikationsrichtlinien diese Flexibilität für Einzelfälle offen halten sollte.

Im September 2019 übernahm Sven Bode den Posten als Schiriboss in der Gruppe und auch im Kreis von Hans Rößlein (links).
fussballn.de / Schlirf

Nun haben Sie den Posten vor zwei Jahren vom legendären Hans Rößlein übernommen. Von Corona war damals noch keine Spur. Hätten Sie sich einen leichteren Einstieg gewünscht oder bot die Pandemie gerade Zeit, um so manches in der Schiedsrichterei neu zu sortieren und zu überdenken?

Bode:
Das Erbe war in der Tat sehr groß. Ich wollte es nicht besser machen – das wäre auch gar nicht möglich gewesen – sondern eben anders. Die Pandemie hat nicht nur mich, sondern die gesamte Gruppenführung jäh ausgebremst. Wir hatten viele Ideen und Vorhaben, die wir aufschieben mussten. Aber nun greifen wir wieder voller Tatendrang an: Vergangenen Samstag hatten wir einen Saisonvorbereitungslehrgang mit rund 40 Schiedsrichtern und kommenden Freitag haben wir seit neun Monaten endlich wieder einen Monatslehrabend in Präsenzform. Ich freue mich, endlich wieder alle persönlich zu treffen!

Nun bekommt Sven Bode einmal sämtliche Stellschrauben im Fußball von uns imaginär in die Hand: Woran gilt es zu drehen, um neue Schiris zu gewinnen und zu entwickeln, erfahrene Leute bei der Stange zu halten und eine Begeisterung für die Aufgabe als 23. Mann oder Frau auszulösen?

Bode:
Vieles habe ich ja bereits angesprochen, es dreht sich eigentlich alles um das Thema Wertschätzung. Das beginnt bei einer ordentlichen Entlohnung und endet mit einem „Danke Schiri!“ nach dem Spiel. Wenn du als Kreisliga-Assistent 15 Euro bekommst, davon vielleicht noch deine Fahrkarte zum Spielort bezahlen und dir dann 90 Minuten anhören lassen musst, wie blind du bist, dann wird es schwierig Nachwuchs zu gewinnen. Leider sind nicht einmal eine saubere Umkleidekabine oder eine Flasche Wasser in der Halbzeitpause Standard. Das ist schade. Wir sind nicht wichtiger als die Teams, aber ohne uns geht halt auch nicht viel. Ich wünsche mir mehr Wertschätzung, zugleich müssen wir junge Kollegen weiter fördern, aber auch mehr fordern. Viele meinen, dass ihnen der Erfolg zufliegt, das ist nicht so. Es beruht alles auf harter Arbeit und dem Grundsatz von „Geben und Nehmen“. Und wir dürfen die Schiedsrichter der Basis nicht aus den Augen verlieren und müssen diese mehr einbeziehen, sie sind das Fundament unserer Vereinigung.

Das Engagement beim Pfeifen wird bei Sven Bode auch in Zukunft nicht fehlen, auch wenn er intern ein gewisses Umdenken fordert und auch die generelle Wertschätzung durch die Vereine teilweise vermisst.
fussballn.de / Strauch

Worauf freuen Sie sich persönlich am meisten bei ihrem ersten Punktspiel nach der Pause?

Bode:
Nun, wer mich kennt, der wird bestätigen können, dass ich zu den kommunikativen und geselligen Schiedsrichtern gehöre. Ich freue mich auf 90 Minuten Bewegung und anschließend auf ein Bierchen mit meinen Kritikern, wo man die ein oder andere Situation des Spiels nochmals diskutiert und aufarbeitet.

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