René Müller im Portrait: Im Osten eine Torwart-Legende, beim Club heimisch - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 27.03.2021 um 12:00 Uhr
René Müller im Portrait: Im Osten eine Torwart-Legende, beim Club heimisch
René Müller hat in den drei Jahren von 1991 bis 1994 insgesamt 81 Bundesliga-Spiele als Torwart bei Dynamo Dresden bestritten. Der heute 62-Jährige, der in Leipzig geboren wurde und dort auch heute wieder lebt, ist ehemaliger Nationaltorwart der DDR. Von 2007 bis 2011 trainierte Müller die 2. Mannschaft des 1. FC Nürnberg, seit 2012 ist er als Scout für den Bundesligisten Borussia Mönchengladbach tätig.
Von Dirk Meier
René Müller war Trainer beim 1. FC Nürnberg II.
Dirk Meier
Zweimal DDR-Fußballer des Jahres

Zu DDR-Zeiten ist der aus der BSG Aktivist Markkleeberg (1965 bis 1970) hervorgegangene Torhüter im Fußball-Leistungszentrum des 1. FC Lokomotive Leipzig (1970 bis 1976) ausgebildet worden. Im Herrenbereich stand Müller in der Oberliga für Lok Leipzig zwischen den Pfosten, absolvierte 264 Erstliga-Partien. Durch den Boykott der DDR verpasste Müller mit seinem Team die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles. “Das war natürlich für uns DDR-Sportler unheimlich bitter, dass wir als qualifizierte Nation nicht dabei sein durften. Ich beurteile das als ein uns geklautes Turnier.” Als langjähriger Mannschaftkapitän holte Müller 1986 und 1987 zweimal den FDGB-Pokal und wurde in diesen beiden Jahren auch zweimal zum “Fußballer des Jahres” gewählt. 46 A-Länderspiele für die DDR stehen in seiner Vita. Danach spielte der 1,80 Meter große Keeper eine Saison für den FC Sachsen Leipzig in der DDR-Oberliga, ehe er 1991 nach dem Mauerfall zu Dynamo Dresden wechselte. 

Turbulente Zeiten mit Dynamo Dresden in der Bundesliga

Ich muss sagen, dass die Zeit in Dresden meine intensivste war. Da war jeden Tag etwas anderes los, das war eigentlich Dauerstress pur”, so Müller mit dem Blick in den Rückspiegel. Dynamo Dresden war die vorletzte Station in seiner Karriere und auch eine sehr bedeutende. Dynamo wurde nach der Wiedervereinigung 1991 zusammen mit Hansa Rostock in die Bundesliga aufgenommen. In den ersten beiden Jahren war Müller mit seinen 32 Jahren die unumstrittene Nummer eins, verpasste kein Spiel, Dynamo landete auf den Plätzen 14 und 15, konnte die Bundesliga halten. “Finanziell aber gab es immer wieder Probleme”, blickt der Torhüter zurück. Ein Jahr vor dem Bundesliga-Aufstieg hatte Dynamo mit Ulf Kirsten und Matthias Sammer das Tafelsilber verscherbelt, um an die Lizenz für die Bundesliga zu kommen. Da soll der Verein mit 18 Millionen Deutschen Mark im Plus gestanden sein. Aber schon nach dem ersten Bundesliga-Jahr stand der Klub mit Verbindlichkeiten da, eine geplante Vertragsverlängerung platzte. 1994 hieß es Abschied nehmen für den Stammkeeper. “Eigentlich hätte ich nach den drei Jahren aufhören sollen, denn mein Knie war kaputt und das eigentlich schon als ich 27 oder 28 Jahre alt war. Aber ich bin dann noch für eine Saison zu St. Pauli gegangen, habe dann aber 1995 meine Karriere beendet.”

Einstieg ins Trainergeschäft

An die aktive Zeit schloss sich nach einem Jahr Pause ab 1996 eine erfolgreiche Trainerlaufbahn an. Zunächst war Müller drei Jahre lang von 1996 bis 1999 Torwarttrainer beim VfB Leipzig. In der Saison 1999/2000 war Müller als Coach der Torleute und Trainer der Amateurmannschaft von Eintracht Frankfurt tätig. Seine erste Cheftrainerstelle trat der Torwart 2000 beim VFC Plauen an. 2003 übernahm Müller den FC Rot-Weiß Erfurt in der Regionalliga Süd, schaffte als Vizemeister den Aufstieg in die 2. Liga. In der Folgesaison musste Müller im Februar 2005 gehen. Es folgten eineinhalb Jahre beim Halleschen FC in der NOFV Oberliga Süd. Seine erste Cheftrainerstation in den alten Bundesländern hatte Müller von 2007 bis 2011 als Coach der U21 des 1. FC Nürnberg in der Bayernliga und Regionalliga Süd.

René Müller Trainer 1. FC Nürnberg II
Dirk Meier

Beim Club hat sich Müller, der in Leinburg gewohnt hat, wohlgefühlt. “Nürnberg und Umgebung, das ist für mich ein Stück Heimat geworden, da habe ich mich sehr wohl gefühlt. Dass ich da in Anführungsstrichen nur Trainer der U21 war, hat mich nicht gestört. Ich wollte in die Richtung gehen wie Hermann Gerland als damaliger Trainer beim FC Bayern München II, der viele Talente in den Profifußball gebracht hat.” Immerhin haben unter Müller beim Club Akteure wie Pellegrino Matarazzo und Michael Kammermeyer gespielt. Matarazzo ist heute Bundesliga-Trainer beim VfB Stuttgart und Kammermeyer sein Assistent: “Pellegrino hat bei mir angefangen, hat die ersten Schritte gemacht. Ich finde es gut, wie die beiden das in Stuttgart machen. Sie haben mit ihrem Stil ja auch Erfolg.

Die Zeit von René Müller bei der U21 des 1. FC Nürnberg war seine längste Trainerstation. Der Kontakt kam bereits zustande, als er noch Trainer in Plauen war: “Da haben wir Testspiele gegen den 1. SC Feucht ausgetragen und da war damals Dieter Nüssing Trainer, der ja seit vielen Jahren beim Club im Nachwuchsleitungszentrum tätig ist. Der Kontakt zu ihm ist nie abgerissen. Als das Angebot kam, habe ich das angenommen, weil die Aufgabe interessant war. Ich hatte keine Lust mehr im Osten zu arbeiten.” Aber die Anfrage aus Nürnberg war die einzige aus dem Westen in den vielen Jahren seiner Trainertätigkeit. Auch nach dem Zweitliga-Aufstieg mit Erfurt kam aus dem Westen nichts. “Das ist irgendwie ein geschlossener Kreislauf, da kommt man als Trainer aus dem Osten nur ganz schwer rein.

René Müller spricht über eine fehlende Lobby als Trainer im Westen.
Bernd Riemke

Bei seinem Start in Nürnberg teilte ihm der damalige Manager Martin Bader auch gleich mit, dass sich Müller nichts auszurechnen brauche mal im Profibereich in Nürnberg zu landen. Als nach wenigen Monaten Cheftrainer Hans Meyer gehen musste, wollte Bader auch Müller den Laufpass geben: “Da hat sich dann Dieter Nüssing eingeschaltet und mir den Rücken gestärkt, denn Nüssing hatte mich nach Nürnberg geholt. Wir haben auch noch heute ein sehr gutes Verhältnis. Schließlich habe ich in Nürnberg nach vier Jahren aus eigenen Stücken aufgehört.

Seit 2012 Scout für Borussia Mönchengladbach

Dem Fußball ist René Müller auch nach seiner Zeit als Spieler und Trainer weiterhin verbunden. Seit bald zehn Jahre arbeitet er als Scout für Borussia Mönchengladbach. Corona hat den Job allerdings erschwert, denn die Nachwuchsmannschaften, die Müller in erster Linie in den neuen Bundesländern, aber auch im benachbarten Ausland beobachtet, spielen seit Monaten nicht. Da die Pandemie den Spielbetrieb der Nachwuchsteams stillgelegt hat, müssen andere Wege beschritten werden, um Talente zu finden. Das aus sieben Scouts bestehende Team bei den Gladbachern muss nun Spiele aus aller Welt über Video anschauen. Vier bis sechsmal pro Jahr reist Müller nach Mönchengladbach. Wenn die Fohlenelf in Leipzig spielt, ist Müller dort vor Ort, um sich mit den Funktionären auszutauschen. “Es ist ein sehr geordneter Verein mit einem ruhigen Umfeld.” Dass es nun schon bald zehn Jahre werden, offiziell fing der Diplom-Fußballtrainer am 1. Juni 2012 bei den Rheinländern an, hätte Müller nicht gedacht. Bei seinem Einstieg in Gladbach war noch Hans Meyer Cheftrainer. “Ich bin sehr zufrieden mit diesem Job, denn ich bin ja nun schon seit dem 19. Lebensjahr im Fußball beruflich tätig. Ich bin den Gladbachern mit Manager Max Eberl sehr dankbar dafür.

Dass sich für ihn noch etwas Neues auftut und es zu einer Fortsetzung seiner Trainerlaufbahn, die nach einem 1:1 mit den Club-Amateuren beim SV Wehen Wiesbaden II vor recht genau zehn Jahren endete, kommt, daran glaubt der 62-Jährige nicht: “Ich warte nicht mehr auf den Weihnachtsmann.

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Steckbrief R. Müller

René Müller
Alter
65
Geburtsort
Leipzig
Wohnort
Leipzig
Nation
Deutschland
Größe
180 cm
Lieb.-Position
Torwart


Trainerstationen René Müller

10/11
REGL
 
09/10
REGL
 
08/09
REGL
 
07/08
OBERL BAY
06/07
Hallescher FC
 
05/06
Hallescher FC
 
04/05
2. BuLi
 
03/04
REGL
02/03
Plauen
 
01/02
Plauen
 
00/01
Plauen
 

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