SpVgg Ansbach im DFB-Pokal 2008: Vor ausverkauftem Haus live im Pay-TV - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 03.02.2021 um 11:30 Uhr
SpVgg Ansbach im DFB-Pokal 2008: Vor ausverkauftem Haus live im Pay-TV
Im Jahr 2008 schaffte die SpVgg Ansbach als Finalist im Bayerischen Toto-Pokal die Qualifikation für die 1. Hauptrunde im DFB-Pokal. Seitdem gelangte kein Amateurteam aus dem Bezirk Mittelfranken mehr auf die große Fußballbühne. In unserem zweiten Teil des Rückblicks geht es nun um den historischen Tag am 10. August 2008, als die Tribünen im Pigrol-Sportpark restlos ausverkauft waren.
Von Marco Galuska

Zehn Spiele musste der Bayernligist aus Ansbach gewinnen, um ins Endspiel des Bayerischen Toto-Pokals einzuziehen. Da damals noch beide bayerischen Startplätze im Verbandspokal vergeben wurden, reichte der Finaleinzug zum Einzug in den DFB-Pokal. Harald "Festus" Riegler, langjähriger Funktionär bei der SpVgg, erinnert sich gerne zurück an den früheren Pokalmodus, der das Aushängeschild der Region zu den kleinen Vereinen in der Frankenhöhe geführt hatte: "Wenn ich ehrlich bin, war das schöner damals. Wir sind da gerne hingefahren, haben auf Geld verzichtet und dafür etwas für unser Image getan." Und das kam bei den kleinen Klubs auch tatsächlich so gut an, dass manche Dauerkarte für die Bayern- oder auch Regionalliga aus der Nachbarschaft bestellt wurde. 

Harald Riegler direkt hinter der Ansbacher Bank unmittelbar vor dem Anpfiff des großen Pokalspiels.
SpVgg Ansbach

Kartenbestellungen für das Pokalmatch gegen den Karlsruher SC im Sommer 2008 gab es reichlich. Offiziell war der Pigrol-Sportpark mit 4000 Zuschauern ausverkauft. Bis der Anpfiff an jenem Sonntagnachmittag, dem 10. August, erfolgen sollte, hatten die Verantwortlichen der SpVgg jede Menge Auflagen des DFB zu erfüllen. "Im Prinzip waren wir ab der Auslosung im Juni jeden Tag mit der Organisation beschäftigt", erinnert sich Riegler, der mit Hans-Jürgen Brunner und Peter Geiger die Speerspitze eines großen Teams von gut und gerne 50 Personen im Verein bildete, das für einen reibungslosen Ablauf am Spieltag sorgen sollte.

Ausspracheliste und Größe der Trikotwerbung

Eine ganze Litanei an Mails dokumentiert den immensen Aufwand, den der DFB schon damals in der 1. Hauptrunde den 64 Mannschaften abverlangte. Von der elektronischen Auswechseltafel (die man von der SpVgg Greuther Fürth geliehen bekam) über eine Ausspracheliste samt Steckbrief sämtlicher Spieler für die TV-Übertragung, VIP-Karten Anfragen von Vereinsscouts bis zu genau einzuhaltenden Ablaufplänen oder der penibel vorgeschriebenen Größe der Trikotwerbung war vieles Neuland für den Amateurklub, der zum dritten Mal in der Vereinsgeschichte im DFB-Pokal vertreten war.

1981 waren die Mittelfranken durch ein 1:0 gegen den oberbayerischen FSV Pfaffenhofen/Ilm sogar eine Runde weitergekommen, dann allerdings bei den Stuttgarter Kickers mit 0:13 untergegangen. Vier Jahre später hatte der Bayernligist seinen zweiten Auftritt auf Bundesebene, gegen den damaligen Bundesliga-Vertreter SV Waldhof Mannheim mit Trainer-Legende Klaus Schlappner schlug sich die Spielvereinigung achtbar. 0:3 hieß es am Ende – und Riegler erinnert sich an einen schönen Nebenaspekt: „Je verkauftem Getränk gingen damals zehn Pfennige in die Jugendkasse, davon haben wir drei Jahre lang die Trainingslager der A- und B-Junioren finanziert.

Von 100.000 Euro blieb nicht mehr als ein Drittel

Ausverkauft war der Pigrol-Sportpark mit 4000 Zuschauern.
SpVgg Ansbach

Der Sprung aus der Fußballromantik der 1980er ins Jahr 2008 entsprach einer echten Zeitreise. Nichts durfte mehr dem Zufall überlassen werden. Damit die Auszahlung der zu jener Saison durch die erstmalige Live-Übertragung sämtlicher DFB-Pokal-Partien bis auf knapp 100.000 Euro deutlich aufgestockten TV-Gelder auch später erfolgen würde, war beispielsweise ein extra Strom-Generator für die Übertragung verpflichtend. Dieser fraß allein schon mehrere tausend Euro vom erwirtschaften Gewinn. Auch die Schiedsrichterkosten nach Bundesliga-Tarif und die Auslagen des Gastvereins wurden ebenso wie ein Anteil der Verbandsabgaben abgezogen. Der verbleibende Überschuss musste freilich noch mit dem Gegner Karlsruher SC geteilt werden, so dass sicher nicht mehr als ein Drittel der ausgelobten Summe für die Ansbacher unterm Strich übrig bleiben sollte.

Gefragt bei den Fernsehsendern

Der Bezahlsender Premiere übertrug die Partie live - hier Sascha Bandermann (l.) im Gespräch mit Hans-Jürgen Brunner.
SpVgg Ansbach

Aber das Finanzielle war nur ein Aspekt. Medial war die SpVgg außerordentlich gefragt. Franken Fernsehen und Bayerischer Rundfunk schauten schon Tage vor dem großen Match in Ansbach vorbei. "Markus Othmer hat ja früher selbst einmal in Ansbach gespielt, der hat mit uns im Vorfeld schon durchgecheckt, dass alles soweit passt", erinnert sich Riegler an die Vorarbeiten. Dabei verstand es die SpVgg sich auch in der Sportschau geschickt in Szene zu setzen, indem man ein Exemplar der eigens namentlich bedruckten Pokal-Trikots für Moderator Gerhard Delling nach Köln geschickt hatte.

Sportschau-Moderator Gerhard Delling mit dem Ansbacher Pokaltrikot.
fussballn.de

Am Spieltag war dann ein Kamerateam bei der Ansprache von Trainer Reiner Eisenberger mit in der Kabine. Vor allem aber war vor Ort der Pay-TV-Sender Premiere omnipräsent. Schon am Vorabend waren die Techniker angerückt und hatten auch noch am Vormittag alle Hände voll zu tun, ehe für die Übertragung am Nachmittag alles angerichtet war. Reporter Sascha Bandermann führte die Interviews und Kommentator Torsten Kunde hatte seinen Platz auf dem Tribünendach gefunden.

Der Bezahlsender Premiere übertrug die Partie live - Reporter Torsten Kunde auf dem Tribünendach im Pigrol-Sportpark.
SpVgg Ansbach

Träume von Pokalsensation platzen früh

Das vom Großteil der 4000 Zuschauer im Stadion erhoffte Fußball-Märchen sollte recht früh vom Klassenunterschied zwischen Bayernliga und Bundesliga in der Realität eingeholt werden. Besonders tragisch war rückblickend jener Fauxpas, der ausgerechnet SpVgg-Keeper Tom Raffel beim Karlsruher Führungstor durch Antonio da Silva unterlaufen sollte. Beim Freistoß des Spielmachers gab der Garant für den Einzug in den DFB-Pokal eine unglückliche Figur ab. Drei Minuten danach folgte schon das 2:0 nach einer Ecke von da Silva durch den späteren Fürther Sebastian Freis. In der 37. Minute führte ein umstrittener Foulelfmeter durch Alexander Iashvili zum 3:0 für die Badener.

Antonio da Silva erzielte die Führung und war der Denker und Lenker beim KSC.
SpVgg Ansbach

Elf Minuten nach dem Seitenwechsel erhöhte Albaniens Nationalspieler Edmond Kapllani auf 4:0, ehe der eingewechselte Massimilian Porcello in der 76. Minute das 5:0-Endergebnis besorgte. So eiskalt die Karlsruher auch auf dem Platz in einer äußerst faire Partie (nur Florian Bauer kassierte spät eine Gelbe Karte) auch auftraten, so bodenständig war der Umgang der Profis und Funktionäre außerhalb des Spielfeldes.

Das Ansbacher Fußball-Event war eine runde Geschichte, denn auch wenn man auf dem Platz nicht viel zu bestellen hatte, erntete der Verein jede Menge Lob für die Organisation und Betreuung. Den damaligen KSC-Coach Edmund "Ede" Becker zog es privat immer wieder mal in die Gegend. Dann meldete er sich auch bei Harald Riegler. Der Pokaltag im August 2008 in Ansbach bleibt einfach in guter Erinnerung.

Mittelfrankens Pokal-Durststrecke

Eine Neuauflage in Mittelfranken ist durch den 2013 geänderten Modus, wonach das beste Amateurteam der Regionalliga und der Pokalsieger aus Bayern in den DFB-Pokal einziehen, in weite Ferne gerückt. Der SC Eltersdorf scheiterte im Jahr 2012 im Finale an der SpVgg Unterhaching und anschließend in einem weiteren Spiel (das es mittlerweile auch nicht mehr gibt) an Wacker Burghausen. Seitdem platzten die Hoffnungen im Bezirk Mittelfranken schon vorzeitig.

Im vergangenen Jahr ereilte dem SCE das Aus durch ein 1:2 gegen die SpVgg Ansbach, die nach einem 4:0-Sieg in Weisendorf auf Gebenbach treffen soll. Bis dahin ist noch ein wenig Zeit zum Träumen.

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Stenogramm

Ansbach: Raffel – Strobel, Bauer, Kadlubowski, König – Kamberger, Ballbach (46. Mechnik), Goth, Lechner – Weiß (77. Stolz) – Grau (52. Fischer)

Karlsruhe: Miller – Celozzi, Sebastian, Franz, Eichner – Freis, Mutzel (73. Porcello), Staffeldt, Iashvili (63. Carnell) – da Silva – Kennedy (46. Kapllani)

Tore: 0:1 da Silva (13.), 0:2 Freis (16.), 0:3 Iashvili (37. Foulelfmeter), 0:4 Kapllani (56.), 0:5 Porcello (76.)

SR: Steuer (Minden)

Zuschauer: 4000

Gelbe Karte: Bauer (Ansbach).


Tabelle Bayernliga 2008/09

Pl.
Team
Sp
Tore
Pkt
1
34
66:29
74
2
34
69:27
65
3
34
48:34
59
4
34
48:38
55
6
34
50:42
52
7
34
64:56
45
8
34
47:44
45
9
34
53:55
43
10
34
41:45
42
11
34
61:60
41
12
34
37:49
40
13
34
42:65
39
14
34
47:67
38
15
34
41:55
38
16
34
45:52
38
Bei Punktgleichheit: Entscheidungsspiel

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