Marie Theres Franz im Porträt: Auf kleinem Fuß zu großen Taten - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 04.09.2020 um 06:00 Uhr
Marie Theres Franz im Porträt: Auf kleinem Fuß zu großen Taten
MAGAZIN Die 28-Jährige vereinstreue Mittelfeldstrategin trägt seit über zehn Jahren das rot-weiße Trikot des FC Karsbach und führt die Landesliga-Kickerinnen inzwischen als Spielführerin aufs Feld. Dass sie sich auch als DJ einen Namen gemacht hat, welche Rolle roter Lippenstift dabei spielt und warum sie bei „The Taste“ trotz Schuhgröße 36 ganz groß rauskommen würde, lesen Sie im exklusiven anpfiff.info-Porträt.
Von Bernd Riemke

Opa Fußballer. Onkel Fußballer. Papa Klaus als Fußballer unter anderem für den FC Schweinfurt 05 aktiv. Dass Marie Theres, die jüngste der drei Franzen-Mädchen Fußballerin werden würde, war ihr im Grund genommen in die Wiege gelegt worden. Kaum in der Lage, sich auf zwei Beinen unfallfrei fortzubewegen, stand sie zwar zunächst auf Skiern und frönt als Adrenalin-Junkie auch heute noch den schnellen Abfahrten auf schneebedeckten Hängen mit dem Snowboard gegen das sie Bretter und Stöcke eintauschte, doch selbst gelegentliche Ausflüge zum Tennis konnten den kleinen Wirbelwind nicht davon abhalten, der Familientradition folgend, alsbald dem runden Leder nachzujagen.

Tore pflastern ihren Weg

Und das tat sie von Beginn an überaus erfolgreich. Für die Bambini des SC Diebach spielberechtigt folgte die erste unvergessliche Sternstunde im Derby gegen Morlesau wenige Kilometer flussabwärts an der Fränkischen Saale. „Das ist sozusagen das Nebenkaff und als mein Cousin mir im Spiel das Leder quergelegt hat, hab ich eiskalt eingeschoben“, erinnert sich die heute 28-Jährige an ihr erstes Tor für ihren Heimatverein. Tore, von denen unzählige folgen sollten, denn nicht selten schnappte sie sich die vereinsinterne Torjägerkanone in den Jungs-Mannschaften, für die sie mit Sondergenehmigung bis zur U15 auflaufen durfte. „Die haben schon gespurt, wenn ich was gesagt habe“, sprudelt es aus dem lebensfrohen Blondschopf heraus, die die körperlichen Nachteile als Mädchen unter lauter Buben mit allerhand technischer Finesse wettmachte.

Mit feiner Klinge nahm es Marie Theres Franz (li.) schon in der Jugend fußballerisch mit den Jungs auf.
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Frauenfußball (anfangs) wider Willen

Dem Junioren-Fußball entwachsen stand sie plötzlich am Scheideweg, denn dem Frauenfußball wollte sie sich aufgrund eigener Vorurteile eigentlich nie anschließen. „Ich war immer der Meinung, das sei nur Larifari, inzwischen behaupte ich natürlich längst das Gegenteil und habe meinen Wechsel zu keiner Zeit bereut“, so Marie Theres Franz, die den schier unnachgiebigen Verlockungen des Harry Klein im Alter von 17 Jahren nachgegeben hat, dem Werben des umtriebigen FCK-Funktionärs schließlich erlag und sich in Karsbach ihren Spielerpass stempeln ließ. Mit der U17 holte sie als Torschützenkönigin umgehend die Meisterschaft in der Bezirksliga und überzeugte dabei in bester Mario-Götze-Fan-Manier mit feinen Dribblings auf engstem Raum, maßgenauen Pässen in die Tiefe und dem intuitiven Erkennen von Freiräumen, die eigentlich gar nicht einsehbar sind.

Auf Anhieb in die Bayernliga

Nicht nur im eigenen Verein erkannten geneigte Fußballexperten, dass die „kleine Blonde mit den bunten Schuhen“ richtig gut ist und so war der persönliche Aufstieg zu den Damen mit gerade einmal 16 Lenzen nur folgerichtig. Die Frauen des FC Karsbach waren 2008 gerade eben in die Bayernliga aufgestiegen, doch die Spielmacher-10 auf dem Rücken blieb auf Anhieb dem Rohdiamanten aus dem eigenen Nachwuchs vorbehalten, weil „die Franzen schon immer die 10 gehabt haben“, wie der 161cm große Wirbelwind schmunzelnd zum Besten gibt.

Einfach kann jeder...

Der ballverliebte Rechtsfuß dankte es mit reichlich Toren. Ihre „Hacke-Spitze-eins-zwei-drei“-Sperenzchen werden der Frau für die außergewöhnlichen Tore aufgrund des unzweifelhaften Mehrwerts für die eigene Mannschaft augenzwinkernd verziehen. Wenn Marie Theres Franz ins Schwarze trifft, dann tut sie das nur allzu gerne mit einem gefühlvollen Lupfer über die herauseilende Torfrau, mit Distanzversuchen, die im gegnerischen Tordreieck enden oder per spektakulärem Seitfallzieher hinein ins Glück. Gewöhnliche Tore sind eher ungewöhnlich für die Kreativspielerin, die seit der Saison 2016/17 in jeder Spielzeit treffsicherste Knippserin der FCK-Damen gewesen ist.

Nie ohne mein Team! Kameradschaft ist Marie Theres Franz das Wichtigste beim Mannschaftssport.
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Freunde sind wichtiger als Karriere

Dass sie dabei stets ihrem FC Karsbach treu geblieben ist, ist vor allem dem ausgesprochenen Teamgeist und dem freundschaftlichen Zusammenhalt weit über das Ende jeder Trainingseinheit oder eines 90-minütigen Fußballspiels hinaus zu verdanken. „Wenn ich gewollt hätte, wäre ich schon längst weg, aber Karsbach ist meine Familie“, sagt Franz im Brustton der Überzeugung und verweist zur Bestätigung auf „Metzger“ Peter, der der Spielführerin im Sportheim nach dem Schlusspfiff wortlos ihre obligatorische Weinschorle an der Theke kredenzt. Zahlreiche Fans tragen ebenso zum erhöhten Wohlfühlfaktor bei wie die Kameradschaft untereinander, mit der die Mannschaft nach einem Auswärtsspiel schon einmal früh um 5 Uhr in einer Disco die verbliebenen Nachtschwärmer dazu bringt, im knapp 300km entfernten Regensburg in der Oberpfalz „FCK – Ole, Ole“ anzustimmen.

„Ich stehe gern im Mittelpunkt

Im wahrsten Sinne mittendrin statt nur dabei ist Marie Theres Franz, die sich über den Fußballsport hinaus in der Region Main Spessart als DJ einen Namen gemacht hat. Mit ihrer Cousine Luisa - „einer der Besten von Marie“ - sorgte sie zunächst an der Hochzeit ihrer Schwester Anna-Lena im Jahr 2015 für die musikalische Umrahmung. Angespornt von dem durchschlagenden Erfolg rockten DJ MarryLu alsbald auch Beach- und Mexican-Party im beschaulichen Diebach, ehe es bis zu großen Malle-Parties ins benachbarte Fuchsstadt ging. „Wir spielen alles“, macht die 28-Jährige Werbung in eigener Sache, wenn nach der Eröffnung durch „Almost home“ die Klänge von Hip Hop, House oder den Hits von heute durch den Saal oder das Festzelt klingen.

Drei Titel und ein Abstieg

Nicht minder erfolgreich liefen die ersten Jahre in der Bayernliga mit dem FC Karsbach. Die Körnung der Saison 2010/11 war nicht nur der 4. Rang in der Endabrechnung und damit die beste Platzierung in sieben Jahren Zugehörigkeit zum bayerischen Oberhaus, sondern der erste von drei unterfränkischen Hallentiteln (außerdem 2013 und 2016). Dieser wurde im Finale ausgerechnet gegen den großen Rivalen ETSV Würzburg (inzwischen FC Würzburger Kickers) erzielt, der damals gerade in die 2. Liga aufgestiegen war. Die tags darauf folgende Kabinenparty darf getrost als legendär bezeichnet werden und hallte noch lange nach. Dass die schönste Zeit einmal zu Ende geht, mussten die Damen des FCK in der Spielzeit 2014/15 leidvoll erfahren. Nach dem Karriereende einiger erfahrener Stammkräfte stand dem Team ein personeller Umbruch ins Haus. „Dass es eine schwierige Saison werden würde, war uns klar. Dass es gegen den Abstieg geht, wollten wir lange nicht wahrhaben, bis wir am Ende einsehen musste, dass es eben doch nicht reicht“, kommentiert Franz den Moment, in dem der Gang eine Etage tiefer unausweichlich war. Dort konsolidierte sich die junge FCK-Truppe jedoch und zählt inzwischen seit fünf Spielzeiten zum festen Inventar der Landesliga Nord.

Wenn sie nicht auf dem Fußballplatz den Ton angibt, dann am Mischpult. Als ein Teil von DJ MarryLu rockt Marie Theres Franz die Partyzelte der Region.
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Sushi-Sterneköchin in Schuhgröße 36

Nicht nur auf dem Fußballplatz wird aus der toughen Marie mitunter das tollpatschige Mariechen, das unverhofft gegen Gegenstände läuft, mit frischen 18 die Heckscheibe von Mamas Auto am Gestänge des Sportplatzes einfährt oder sich beim Kochen in die Finger schneidet. Dabei zählt gerade die Kochkunst zu ihren großen Leidenschaften und selbst wenn der Herstellungsprozess von Sushi oder mediterraner Küche in einem gefühlten Durcheinander ausartet, so kommt das, was am Ende auf dem Teller landet nicht selten der Leistung eines Sternekochs gleich. „Ich bin selbst eine große Genießerin“, sagt Marie Theres Franz, die ihre sprichwörtliche Tollpatschigkeit sogar schon beim Fußball genießen konnte. Bei der Abfahrt zu einem Auswärtsspiel ließ sie ihre Tasche auf dem Parkplatz stehen. Als die Reisegruppe diesen Umstand während einer Rast feststellte, war guter Rat teuer. „Finde mal jemanden, der in Schuhgröße 36 spielt“, fragte sich MTF10 selbst und fand so jemanden just in ihrer Gegenspielerin, die ihr bereitwillig ihr Ersatzschuhwerk zur Verfügung stellte. „Die wird mich danach verflucht haben als ich sogar noch ein Tor gegen sie geschossen habe“, lacht die gelernte Physiotherapeutin, die als Aushilfstrainerin beim Aufwärmprogramm oder dem gemeinsamen von ihr angeleiteten Workout in der fußballfreien Zeit schon erste Gehversuche als Übungsleiterin unternommen hat und sich das durchaus für die Zukunft als lohnende Alternative vorstellen kann. „Ob Frauen oder Männer ist mir dann egal. Ich liebe die Herausforderung und glaube, dass ich etwas reißen könnte“, so Franz, die bislang indes noch keine Gedanken an ein zeitnahes Karriereende verschwendet.

So werden zweifellos noch etliche Tore der zierlichen Offensivkraft im rot-weißen Trikot des FC Karsbach folgen. Körperlich klein ist sie auf dem Platz eine der Großen ihrer Zunft und ist, wenn sie mit den Stollen unter den Füßen das satte Grün betritt, zwar nur DJ im Stand-By-Modus, doch die Spielführerin des FCK gibt den Takt an und kann sich zu auffälligen Leistungen gerade deswegen aufschwingen, weil sie bei ihren Fußball-Mädels in Karsbach vor allem eines ist: Almost home!

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Leser-Kommentare

Steckbrief M. Franz

Marie-Theres Franz
Spitzname
Mariechen, MTF10
Alter
32
Geburtsort
Hammelburg
Wohnort
Diebach
Familie
in Beziehung
Nation
Deutschland
Größe
161 cm
Beruf
Physiotherapeutin
Hobbies
DJ, Fitness, Joggen, Shoppen, Kochen.
Starker Fuß
Rechtsfuß
Lieb.-Position
zentrales Mittelfeld ("10er")
Erfolge
unterfränkischer Hallenmeister 2011, 2013 und 2016.


Auf ein Wort...

Wenn ich eine TV-Sendung moderieren dürfte, wäre es entweder „The Taste“ oder eine Sportsendung. Eine Analyse nach dem Spiel mit Bastian Schweinsteiger wäre cool. Ich mag seinen Humor und er hat unheimlich viel Fachwissen. Dass er wieder aufgestanden ist, als er ganz unten angekommen war, habe ich an ihm bewundert. Bei „The Taste“ würde ich zwar gerne mal mitmachen, aber mir würden wohl alle Löffel runterfallen oder ich würde mir vor laufender Kamera in den Finger schneiden (lacht).

Wenn ich Werbung für ein Produkt machen dürfte
, wären das Fußballschuhe für Frauen, die anatomisch und physiologisch passen. Ich selbst kaufe mit meiner Schuhgröße 36 immer nur Kinderschuhe (lacht).

Wenn ich ein Tier wäre, wäre ich Simba oder Nala aus „Der König der Löwen“. Simba ist zwar der Chef, aber ich wäre wohl doch eher gern Nala. Die hat Simba gezeigt, wo es lang geht und hat ihn in einem Akt der Freundschaft ins Königreich zurückgeholt.

Niemals verzichten würde ich auf meine Familie und meine Freunde, weil ich ohne die nicht wäre, was ich heute bin. Mein Papa ist mein absolutes Vorbild. Er prägt mich total, hat immer ein offenes Ohr, ist liebevoll und hat einen lockeren Spruch auf den Lippen. Er ist oft bei unseren Spielen mit dabei und ist stolz auf mich.

In meiner Handtasche habe ich immer eine Bürste. Ohne die gehe ich nicht aus dem Haus, weil ich mich gerne kämme. Die Haare müssen einfach sitzen. Ich habe auch immer ein Parfüm dabei. Ich bin sehr geruchsempfindlich und liebe guten Duft – vor allem an mir (lacht). Außerdem Lippenstift, Handy und Geld – ohne eine Handtasche oder einen Beutel gehe ich nicht vor die Tür.

Mein besonderer Tick sind Lippenstifte. Davon habe ich mindestens zwanzig Stück, die alle auf meinem Schminktisch liegen. Das Besondere ist, dass sie alle rot sind. Es ist zwar immer ein anderer Farbton, aber immer rot. Mir gefällt das, obwohl ich am Ende meist immer den gleichen auftrage. Außer natürlich beim Sport – und am Strand. Styling ist bei mir insgesamt ziemlich groß. Ich shoppe mindestens zweimal monatlich bei Zalando Hüte, Schuhe oder Kleider, schließlich brauche ich für jede besondere Veranstaltung auch ein neues Outfit (schmunzelt).

Entweder...oder

Bier oder Wein
Wein, weil der mir einfach besser schmeckt, denn zu Vino sag ich nie No. Meine Nummer 2 ist Gin Tonic, den kann man gut variieren, egal ob süß oder bitter. Schließlich ist es immer Gin o?clock (lacht).
Sushi oder Pizza
Ganz klar Sushi, weil ich frischen Fisch gern mag. Dazu scharfe Wasabi und eine salzige Sauce, das mundet sehr gut im Gaumen (schmunzelt)
Tore auflegen oder Platten auflegen
Tore auflegen ist das schönste Gefühl ever. Am besten jemandem, der noch nie vorher oder zumindest selten ein Tor geschossen hat. Diese hemmungslose Freude dann zu sehen, ist einfach schön.
rot und weiß oder grün
Sportlich natürlich rot/weiß, aber bei mir gab es schon als Kind nur grün, grün und grün. Das ist meine Lieblingsfarbe ? daher mag ich auch unsere grünen Ausweichtrikots. Gummibärchen? Grün! Apfel- oder Pfirsichringe? Apfel! Ich hab da einfach einen Grün-Tick.
Zweikampf oder Dribbling
Dribbling, weil ich gerne den Ball am Fuß habe und ein Dribbling immer zu einem Tor führen kann. Im Zweikampf hat meistens die andere den Ball und der Ball sollte doch meinen Fuß küssen (lacht).

Karriere in Zahlen M. Franz

Spiele
205
Spiele gewonnen
68
Spiele unentschieden
47
Spiele verloren
90
Tore gesamt
61
Vereine
2
Aufstiege
0
Abstiege
2

Hintergründe & Fakten

Personendaten


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