Rechtsanwalt für Sportrecht: Bedenken an Trainingsspiele im Amateurfußball - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 06.08.2020 um 11:45 Uhr
Rechtsanwalt für Sportrecht: Bedenken an Trainingsspiele im Amateurfußball
Nachdem die Amateurfußballer in Bayern wochenlang neidisch über die Grenzen blicken mussten, wird seit der vergangenen Woche auch im Freistaat gekickt, im sogenannten "Trainingsspielbetrieb". Der Nürnberger Rechtsanwalt und Fußballer Felix Steinbach, spezialisiert auf Sportrecht, begrüßt generell die Rückkehr auf den Platz, meldet aber zugleich rechtliche Bedenken an, was Spiele zwischen den Vereinen anbelangt.  
Von Marco Galuska
Felix Steinbach freut sich als Fußballer auf die Rückkehr der Testspiele, hat aber mit Blick als Anwalt rechtliche Bedenken.
fussballn.de/Simon Kögel
Vielerorts wurde nicht nur mit Interesse, sondern auch mit Verwunderung die Entwicklung bis zur Freigabe des Trainingsspielbetriebs in der vergangenen Wochen verfolgt. Der Bayerische Fußball-Verband hatte in der Woche zuvor die Hoffnung befeuert, dass das Warten auf die Austragung von Vorbereitungsspielen bald ein Ende haben würde. Am Dienstag den 28. Juli war die Enttäuschung dann zunächst groß, weil von der Staatsregierung jenes Signal aus dem Kabinett nicht kam.

BFV-Präsident Rainer Koch reagierte umgehend und konnte nur einen Tag später erwirken, dass von Innenminister Joachim Herrmann (zuständig für den Sport in Bayern) ein Schreiben kam, dass "dem Training dienende Spiele bei Mannschaftssportarten mit Kontakt" erlaubt sein. Weiter heißt es dazu auf der Homepage des Ministeriums: "Sofern solche Trainingsspiele vereinsübergreifend angesetzt werden, ist aufgrund der aktuellen pandemischen Lage dies auf Spiele zwischen Vereinen aus Bayern begrenzt." Koch vermeldete, mit Hinweis auf die Einschränkungen, die Botschaft aus dem Ministerium via Facebook am 29. Juli: "Im Klartext heißt das: Vorbereitungsspiele im Amateurfußball sind ab sofort möglich!"

"Trainingsspiele" dann eigentlich schon seit 8. Juli erlaubt?

Rechtsanwalt Felix Steinbach, selbst aktiver Spieler und Vereinsfunktionär, setzt hinter Kochs Aussage statt einem Ausrufe- ein Fragezeichen mit Blick auf die weiterhin geltende Sechste Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (6. BayIfSMV): "Daran hat sich in §9 Sport in Sachen Amateurfußball seit dem 8. Juli nichts geändert! Alles was man nun wieder darf, hätte in meinen Augen damit schon seit 8. Juli stattfinden können, weil sich seitdem an der Rechtslage nichts geändert hat."

Steinbach will keineswegs als Spielverderber auftreten: "Ich würde mich als leidenschaftlicher Amateurfußballer mehr als extrem freuen, wenn es nun endlich wieder losgehen würde. Aber die derzeitige Situation wirft auf Grund der öffentlichen Kommunikation der Beteiligten wieder viel mehr Fragen auf, als tatsächlich beantwortet werden."

Einige auch von Steinbach aufgeworfenen Fragen hat der BFV in seinen FAQs, aber auch gegenüber fussballn.de, inzwischen klar beantwortet. So ist ein Trainingsspiele ein klassisches „Freundschaftsspiel“ mit Einschränkungen, die Partien müssen immer angemeldet werden und ein ESB geführt werden. Ebenso ziehen Rote Karte eine Meldung an das Sportgericht nach sich.

"Feste Trainingsgruppen" bei beliebig vielen Testspielen?

Der Nürnberger Anwalt sieht die größte Problematik vor allem in der nicht näher definierten Voraussetzung von denen in der 6. BayIfSMV grundsätzlich einzuhaltenden "festen Trainingsgruppen": "Inwieweit kann man da noch von festen Trainingsgruppen sprechen, wenn man theoretisch jeden Tag gegen eine andere Mannschaft in Bayern spielen darf?" Eine entsprechende Anfrage bei der Pressestelle des Innen- und Gesundheitsministeriums blieb bislang unbeantwortet.

Steinbach hat dazu aus juristischer Sicht eine klare Meinung: "Der BFV unterscheidet beim Spielrecht nur nach Privatspiel und Pflichtspiel. Beides sind in meinen Augen aber Wettkampfspiele, die weiterhin untersagt sind. Rechtlich macht es keinen Unterschied, ob es im Spiel zweier Mannschaften um Punkte oder einen Test geht." Der 32-Jährige sieht einige Probleme mit dem Trainingsspielbetrieb einhergehen: "Ich bin sehr gespannt auf die ersten Sportgerichtsverfahren wegen Roter Karten, unberechtigtem Spielereinsatz und nicht angemeldeter Spiele."

Steinbach: "Falsches Zeichen von Verband und Ministerium"

Damit jene Unklarheiten beseitigt werden, wäre eine entsprechende Vorgabe der Politik nötig. Doch diese hat die geltende Verordnung in diesen Bereich vorerst nicht angerührt. Festzuhalten ist stattdessen: Der Termin für die Stufe 4 in Bayerns Stufenplan für den Sport ("Wiederaufnahme des Wettkampfbetriebs von Sportarten mit Kontakt, Sportveranstaltungen im Freien bzw. in Hallen/Räumen mit Zuschauern") ist weiterhin noch offen! Solange bewegt man sich zumindest in einem Graubereich, von einem "faulen Kompromiss" wurde am Sportplatz gesprochen. Im Zweifel müsste ein Gericht feststellen, ob die Trainingsspiele wirklich noch in "festen Trainingsgruppen" stattfinden und nicht bereits als "Wettkämpfe" einzuordnen sind. 

Steinbach wird gar noch deutlicher: "Ich sehe hier ein klares und bewusstes Hinwegsetzen über die geltende Infektionsschutzmaßnahmenverordnung! Und das ist nach außen ein ganz falsches Zeichen, wenn Verbände und Ministerien es mit den Verordnungen dann doch nicht so genau nehmen. Dann muss man sich nicht wundern, wenn es zu wilden Demos wie in Berlin kommt."


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