Jason Watts im Porträt: Kick it like Jason! - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 05.04.2020 um 12:00 Uhr
Jason Watts im Porträt: Kick it like Jason!
MAGAZIN Ein britischer Torwart in der Kreisklasse? Das an sich ist schon etwas ungewöhnlich. Aber wenn Jason Watts mit seinem britischen Akzent erzählt, dass er wegen eines Schlucks Rauchbier von der Insel nach Franken gezogen ist, dann wird man natürlich hellhörig. Die unglaubliche Story des Mr. Watts.
Von Christian Fiedler

Es war eine Begegnung der dritten Art, die sein Leben für immer entscheidend verändern sollte: Als der Brite Jason Watts auf einem Bierfestival nahe London erstmals einen Schluck Bamberger Rauchbier trank, war es um ihn geschehen. Zwar hatte er sich schon viele Jahre für Biere und verschiedene Bierstile interessiert, aber das Schlenkerla Märzen aus dem Holzfass übertraf alles, was ihm bislang durch seine Kehle geflossen war. Noch heute kann sich Jason Watts sehr gut an jenen Tag erinnern. „Das war 2004 beim Reading Beer Festival westlich von London. Am letzten Abend des Fests war ich neugierig und wollte dieses geräucherte Bier probieren. Und ich habe mich sofort in das Bier verliebt!“

Liebe auf den ersten Schluck

Und so nahm das Schicksal seinen Lauf. Jason, der auf der Kanalinsel Jersey geboren und aufgewachsen war, wollte die Region kennenlernen, in der dieses besondere Bier gebraut wird. Im Jahr 2007 reiste er zum ersten Mal nach Bamberg, und war fasziniert von der Schönheit der Stadt und ihrer Umgebung. Von nun an kam er jedes Jahr und besuchte die Brauereien und die Bierkeller. „Ich bin viel durch Europa und um die Welt gereist, um Kultur, Geschichte und gutes Bier kennenzulernen. Aber Deutschland und Franken waren immer mein Favorit. Das Bier hier hat mich einfach umgehauen“, erzählt der 35-Jährige lachend. Wobei er die Vielfalt meint, nicht unbedingt den Alkoholgehalt. Zu seinen Lieblingsbrauereien gehören das Spezial in Bamberg, die Brauerei Eichhorn in Dörfleins, der Zehendner in Mönchsambach, die Sonne in Mürsbach und Bayer in Theinheim.  Und er könnte noch viel mehr aufzählen. „Wenn mich jemand fragt, was mein Lieblingsbier ist, antworte ich immer: ‚Das nächste‘. Jedes Bier ist kostbar.“

Jason Watts da, wo er außerhalb einer Brauerei am liebsten ist: Auf dem Sportplatz.
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Starke Ideen beim Starkbier


Im November 2014 kam dann die entscheidende Wendung in seinem Leben. Er war wieder mal in Bamberg und testete sich im „Pelikan“ beim 'Best of Bock'- Fest durch die Starkbiere der Region. Vielleicht war es der Bock, aber als er unsicheren Schrittes zu seiner Unterkunft in der Brauerei Spezial ging, fasste er den Beschluss, nach Bamberg zu ziehen. „Dieser Gedanke fühlte sich richtig gut an“, erzählt er heute. „Und was noch wichtiger ist: es fühlte sich am nächsten Tag immer noch richtig an.“ So beschloss er, die traumhafte Insel Jersey zu verlassen und ins Paradies der Biertrinker überzusiedeln. Heute weiß Jason: „Auf Jersey war ich einfach nicht ich. Ich war gelangweilt und fühlte, dass die Welt viel größer war.“ So arbeitete er zunächst im Finanzbereich weiter und sparte 18 Monate lang sein Geld, um dann im Januar 2016 den Sprung ins gelobte Bierland zu wagen.

Fußball für die Integration

Die ersten fünf Monate verbrachte er zunächst in einer Sprachschule und lernte eifrig Deutsch. Aber er tat sich schwer mit der fremden Sprache und der komplexen Grammatik. Rückblickend weiß er, dass dies ein langer, steiniger Weg war: „Deutsch ist eine schwere Sprache, und selbst wenn man sehr gut Deutsch spricht und in die Dörfer rund um Bamberg geht, dann hat man das Gefühl, dass man der Sprachschule Geld geschenkt hat.“ Heute meint er, dies wäre sein größter Test im Leben gewesen. Und schnell erkannte er, dass er sich in die Gesellschaft integrieren musste, um voranzukommen. Der Fußball erschien ihm ein probates Mittel, schließlich hatte er auf Jersey 22 Jahre lang für den FC St. Lawrence gekickt – erst als Stürmer, dann als Torwart. Ein Mitbewohner empfahl ihm den FC Strullendorf. Dort gab es mit Markus Herderich bereits einen guten Keeper, so dass Jason Watts das Tor in der Reserve bei der SG Roßdorf hütete. Auch wenn es sportlich nicht ideal lief, so gaben ihm der Sport und die Kameradschaft in dieser schweren Zeit viel Unterstützung.

Über Pettstadt nach Gunzendorf

In der Saison 2017/18 wechselte er zum SV Pettstadt. Obwohl ihm der Platz zwischen den Pfosten der ersten Mannschaft zugesichert worden war, erhielt er in den kommenden Wochen und Monaten keine Rückendeckung mehr. Aber auch beim SV Pettstadt traf er Leute, die ihn mental unterstützten, wofür er heute noch dankbar ist: „Das ist so wichtig für einen ‚Ausländer‘, der versucht, sich in einem neuen Land zurechtzufinden. Ich war sehr frustriert und fragte mich, was ich tun könnte, um Fußball für eine 1. Mannschaft zu spielen“. Im Mai 2018 schließlich kam der Kontakt zu Bernd Audenrieth von der FSG Gunzendorf zustande. Und die Chemie stimmte auf Anhieb. Bei der FSG fand er nicht nur eine großartige Truppe von Spielern und Menschen, sondern auch eine Mannschaft und einen Trainer, die ihm vertrauten. Ihm wurde klar, wie viel Vertrauen er während seiner Zeit beim FCS und dem SVP verloren hatte – was gerade für einen Torhüter katastrophal sein kann. Und das band ihn umso stärker an den Club: „Ich werde bei der FGS bleiben, bis ich meine Handschuhe an den Nagel hänge, um das entgegengebrachte Vertrauen zurückzuzahlen. Ich mag den Verein, die Fans und die Gegend sehr.“ Einziger Wermutstropfen in Gunzendorf: Die ansässige Brauerei Sauer hat seit 2011 geschlossen. Eine Brauerei in dem Dorfverein, für den er spielte? „Es wäre eine himmlische Ehre gewesen!“

Unvergesslicher Junggesellenabschied seines Freundes Ben (vorne liegend mit Rudi Völler-Gedächtnis-Perücke) mit einem Spiel gegen Germania Forchheim. England siegte 6:2. Danach ging's zum Annafest.
privat

Hoffnung auf Aufstieg vertagt


Ungewiss ist bislang, wie die laufende Saison weitergeht. In Gunzendorf war die Hoffnung groß, in dieser Spielzeit um den Aufstieg spielen zu können. Aber wie in der Saison davor ließ die FSG zu viele Punkte liegen. Für die nächste Saison fordert der Keeper deshalb, dass sich das Team in vielen Bereichen verbessern müsse: „Wir haben eine großartige Defensivbilanz, nur 13 Gegentore in 19 Spielen. Aber wir haben vorne nicht genug getroffen, und das war unser Problem.“ Mit Blick auf Corona sieht er es als richtige Entscheidung an, die Saison zu unterbrechen, und er warnt davor, zu schnell zum Alltag zurückzukehren. Dennoch fände er es schade wenn die Saison 2019/20 nicht zu Ende gespielt werden könnte: „Mir täte das sehr leid für die DJK Teuchatz. Die Jungs haben sich in dieser Saison auf die nächste Stufe gebracht und hätten den Aufstieg verdient. Das ist eine sehr gute Mannschaft mit dem wohl besten Teamgeist der Liga – davon können wir alle lernen.“

Auch beruflich und privat das Glück gefunden

Neben seiner sportlichen Heimat bei der FSG Gunzendorf hat Jason Watts mittlerweile auch beruflich und privat sein Glück gefunden. Im Job hat er bei einem echten fränkischen Unternehmen Fuß gefasst - nein, Brauer wurde er zwar nicht, aber bei adidas ist er seit September 2016 als Projekt Manager im Finanzbereich angestellt. Und seit eineinhalb Jahren ist er mit seiner Freundin Bethany zusammen, die er über einen Freund in Hirschaid bei einer Silvesterparty kennengelernt hat. Sie ist Engländerin, die seit einigen Jahren in Ulm als Hebamme arbeitet. Im April wird sie nun nach Bamberg kommen und mit Jason zusammenziehen. „Ich hatte bisher viel Glück in meiner Zeit hier, aber das größte Glück war, meine Freundin zu treffen.“

Jason Watts mit seiner Freundin Bethany, die aus Liverpool stammt.
privat

„Es kommt auf die Menschen an“

Nun freut er sich auf die gemeinsame Zeit mit seiner Bethany in Bamberg. Dass er jemals nach Jersey oder Großbritannien zum Leben zurückkehren wird, hält er für ausgeschlossen. „Dieser Teil meines Lebens hat seinen Lauf genommen. Und ich werde so bald wie möglich die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen.“ In Jersey wird seiner Meinung nach zu viel Wert auf Äußerlichkeiten gelegt. Jason schätzt an seiner neuen Heimat, dass „der Franke“ die kleinen und normalen Sachen im Leben wertschätzt – so wie eine Brotzeit und ein Bier mit guten Freunden auf dem Bierkeller: „Das sind die großen Freuden des Lebens“.
So ist sein persönlicher Traum wahr geworden. Sein Leben in ein neues Land zu verlegen sieht er als die lohnendste und herausforderndste Sache, die er je gemacht hat. „Am Ende kommt es auf die Menschen an. Auf die Freunde, die ich gefunden habe, und die viel Geduld mit meinem Deutsch hatten und mir halfen, es zu verstehen. Und das Bier schmeckt immer noch fantastisch!“

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Leser-Kommentare


GEFRAGT - GESAGT

Was bedeutet es Dir, der beste britische Torwart der Kreisklassen 2 zu sein?
Haha - der beste Torhüter zu sein würde mir mehr bedeuten. Aber natürlich nur, wenn die FSG den Meistertitel gewinnt.

Manchester City oder Bayern München?
Weder noch. Meine Mutter kommt zwar aus Manchester, aber als Kind war ich immer für United.

Ale oder Lager?
Puh... Ist die Welt nicht groß genug für beide?

Fish and chips oder Karpfen gebacken?
Fish and chips. Auf Jeden Fall.

Deine drei Lieblingsworte auf fränkisch:
Doldi, Gschmarri, Noch aans


Steckbrief J. Watts

Jason Watts
Alter
40
Wohnort
Bamberg
Familie
ledig
Nation
England
Beruf
Projekt Manager bei adidas
Hobbies
Bier, Brauereien, Bierkeller
Lieb.-Position
Torwart

Auf dem Annafest 2013

Eine besondere Geschichte in Jasons Leben spielte das Forchheimer Annafest. Für seinen Freund Ben organisiert er im Jahr 2013 den Junggesellenabschied. Der Plan: Mit der Fußballmannschaft sollte es nach Franken gehen. In Forchheim gab es zunächst ein Spiel gegen den FC Germania Forchheim, den die Engländer gegen die Krauts mit 6:2 gewannen. „Es war großartig“, erinnert sich Jason Watts heute noch gerne an den Kick. Anschließend ging es gemeinsam auf den Forchheimer Kellerwald. Und die Stimmung war natürlich fantastisch. „Viele der Jungs haben sich auch a weng in Franken verliebt.“

Spielerstationen J. Watts


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