Ein Stimmungsbericht von der Afrika-Reise der Uni-Auswahlmannschaft
Seit Jahren reist die Fußballmannschaft um Otto J. Band aus dem Akademischen Auslandsamt zum Austausch mit Partner-Universitäten in ferne Länder. Dieses Mal ging es an die afrikanische Elfenbeinküste, nach Abidjan. Bis ins kleinste Detail durchgeplant sollten sie insgesamt 18 Tage unterwegs sein – ausgefüllt mit Fußball-Turnieren, hochschulpolitischen Events und kulturellen wie sozialen Aktionen.
Heute wäre für die Uni-Spieler der erste Tag nach ihrer Ankunft in Bamberg – doch das Corona-Virus hat auch hier alles verändert. Die Reise musste auf Empfehlung der Deutschen Botschaft bereits am 18. März abgebrochen werden. Andernfalls hätten alle auf unbestimmte Zeit in Afrika festgesessen.
Die BWL-Studenten Julian Glos und Philipp Maurer waren dabei und erzählen uns von ihren Eindrücken – nicht von ihren Erlebnissen an der Elfbeinküste, sondern auch von dem Abenteuer, in eine Corona-verändertes Deutschland zurückzukommen…
Wie war die Situation, als vor Ort die Reiseabbruchempfehlung ausgesprochen wurde? Wie ging es Dir und Euch damit – im ersten Moment und später?
Julian: Wir hatten die Situation in Deutschland natürlich stets gespannt mitverfolgt. Da die Thematik bei uns allerdings noch überhaupt nicht aktuell war, waren die Geschehnisse und Erzählungen aus der Heimat ziemlich surreal für uns, nicht wirklich greifbar. Über den Kontakt zur deutschen Botschaft in Abidjan wurde uns dann zugetragen, dass am Abend ein Meeting der Botschafter anstünde, um über unseren, aber auch über den Verbleib anderer Europäer im Land zu entscheiden. Das war am Montagmorgen. Man setzt sich dann natürlich schon mit dem Gedanken auseinander nach Hause zu müssen, allerdings hatten wir am Nachmittag unser zweites Spiel, worauf wir uns dann primär fokussierten. Mit dem Wissen, dass es vielleicht der letzte Auftritt in Afrika sein könnte, erspielten wir uns ein 0:0 gegen die Universität von Abidjan. Anschließend wurden wir dann von der Empfehlung der Deutschen Botschaft in Kenntnis gesetzt, dass wir innerhalb der nächsten 72 Stunden das Land verlassen sollten. Die Mannschaft war natürlich schwer enttäuscht. Zum einen hatten wir der Reise sehr lange entgegen gefiebert, waren sehr gut vorbereitet und hatten uns gerade so richtig akklimatisiert und die doch teilweise gewöhnungsbedürftigen Umstände angenommen, zum anderen konnten wir noch gar nicht abschätzen, was uns in Deutschland tatsächlich erwartet.
Direkt nach dem Spiel, als jeder erleichtert war und Lust hatte miteinander anzustoßen und zu feiern, so eine Nachricht zu bekommen war schon ein herber Dämpfer. Wir hatten uns für die Reise viel vorgenommen, wollten viele neue Eindrücke gewinnen und neue Bekanntschaften knüpfen. Dass die Reise dann ein so abruptes Ende nehmen würde, schockte uns zunächst schon. Wir waren enttäuscht, hatten aber relativ schnell noch am gleichen Abend eine Art Jetzt-erst-recht-Mentalität entwickelt. Da wir nicht wussten, wann genau wir abreisen würden, konnte das unter Umständen schon der letzte Abend sein. Und so haben wir diesen Abend nochmal in vollen Zügen genossen. Letztendlich sind wir einen Tag später geflogen und konnten vorher sogar noch einen Strandtag einlegen.
Angekommen im „Corona-Deutschland“ seid ihr alle in eine völlig unerwartete Ausnahme-Situation geworfen worden. Wie schwer ist es für Dich, sich in die aktuelle Lage einzufinden, wenn man die ganzen Entwicklungen gar nicht miterlebt hat?
Julian: Wir wussten bereits von unseren Familien und Freunden, was uns in etwa hier erwartet, trotzdem war die Umstellung riesig… Zunächst mal kamen wir in München ohne unser Gepäck an, das sollte uns erst zwei Tage später nachgesandt werden. Spätestens am Flughafen in Brüssel haben wir gemerkt, was Corona mit dem Alltag anstellt. So gut wie alle Flüge, unter anderem auch unser Anschlussflug nach München, wurden gestrichen. Wir wurden dann kurzfristig auf einen anderen Flug umgebucht, der allerdings schon mit dem Boarding begonnen hatte. Es war alles in allem ziemlich hektisch und chaotisch, aber unser Teammanager Otto J. Band hat in dem Bereich der Organisation, gerade was große Gruppen wie unsere betrifft, sowieso Erfahrung für vier. Nach so vielen Reisen, die er schon geplant und abgewickelt hat, bringt ihn sowas auch nicht mehr aus der Ruhe. Wir saßen schlussendlich alle im Flieger und kamen gut in München an. Zurück in Deutschland haben wir uns als Mannschaft sehr schnell darauf geeinigt, in freiwillige Quarantäne zu gehen. Einer unserer Mannschaftskollegen hat sich auf Corona testen lassen, um Gewissheit zu haben und niemanden in Gefahr zu bringen. Bis das Ergebnis da ist, bleiben alle zuhause. Da wir an der Elfenbeinküste für 10 Tage 24/7 aufeinandergesessen waren, kann man davon ausgehen, dass das Ergebnis unseres Kollegen gleichbedeutend für uns alle ist. Den ganzen Tag zuhause zu sitzen ist schon gewöhnungsbedürftig. Glücklicherweise haben wir eine große Wohnung, in der mein Mitbewohner Christoph, der übrigens auch mit an der Elfenbeinküste war, und ich nicht besonders eingeschränkt sind. Ich bin tagsüber im Homeoffice, treibe Sport, und am Abend spielt die Mannschaft zusammen online Schafkopf. Wir sitzen ja doch alle im selben Boot: jeder ist gerade zuhause. Und außerdem verstehen wir uns auch neben dem Platz ausgezeichnet. Der harte Kern des Teams kennt sich seit vielen Jahren, viele haben schon gegeneinander oder miteinander im Verein gespielt oder tun das immer noch. Da baut man sich auch in so einer Ausnahmesituation gegenseitig auf.
Ich denke die Ausgangsbeschränkungen sind sehr sinnvoll und werden sich auch noch einige Wochen hinziehen. Jeder sollte sich mittlerweile mit der Situation arrangiert haben. Wir haben eine Verantwortung für die Leute um uns herum, und dieser sollte sich jeder bewusst sein, denke ich.
Alle verstehen sich – hast Du, Philipp, das als Neuling im Team das genauso erlebt?
Philipp: Ja, ich wurde sofort als neues Teammitglied anerkannt und musste mich nicht erst sportlich beweisen. Die Geschlossenheit innerhalb der Mannschaft ist wirklich toll – gleichzeitig auch die Offenheit für jeden und alles.
Welche Erwartungen hattest Du vor Abreise?
Philipp: Ich hatte eigentlich keine großen Erwartungen an die Reise, da ich bis kurz vorher krass im Klausuren-Stress war und ich deshalb wenig an den Trip dachte. Trotzdem hab´ ich mich natürlich riesig gefreut. Und ich war auch ein bisschen aufgeregt, weil es mein erstes Mal in Afrika war.
Was hat Dich dann dort am meisten beeindruckt – und was nimmst Du aus den Erfahrungen für Dich mit, Philipp?
Philipp: Am meisten beeindruckt hat mich die unvorstellbare Dankbarkeit der Kinder und die Freude über aus unserer Sicht ganz einfache Dinge wie Stifte, T-Shirts oder Leibchen. Das ist schon extrem anders als bei uns. Toll war auch die Hingabe, mit der beispielsweise Tische, Stühle und sogar Besteck von den Straßenverkäuferinnen für uns zusammengesucht und von überall hergeholt wurde. Die Gastfreundlichkeit und die Freude, die uns entgegengebracht wurden, nehme ich auf jeden Fall als sehr positiv für mich mit. Und ich werde versuchen, das auch in meinen Alltag miteinfließen zu lassen.
Und was war Dein bestes Erlebnis auf der Reise, Julian?
Julian: Für mich persönlich war das Spiel gegen die Universität von Abidjan ein absolutes Highlight, da ich nach sechsmonatiger Verletzungspause mein Comeback geben durfte. Ich hatte mir im September eine schwerwiegende Knieverletzung zugezogen und musste zweimal operiert werden. Nach zahlreichen Komplikationen war ich heilfroh, wieder zurück auf dem Platz zu sein, auch wenn es nur für ein paar Minuten war. Allgemein, und da stimmen mir, denke ich, alle zu, war die ganze Reise ein Highlight. Was Otto hier seit Jahren für diese Institution auf die Beine stellt, ist schier unglaublich. Man kennt die Auswahl-Mannschaft dieser Universität auf der ganzen Erde, und das ist in aller erster Linie Otto zu verdanken.
Nach all den schönen Erlebnissen seid Ihr jetzt umso mehr gefordert mit dem Kontrast-Programm „Corona-Isolation“ klar zu kommen. Wie machst Du das Beste aus der Situation, Philipp?
Philipp: Die Zeit in der „Corona-Isolation“ verbringe ich zuhause bei meinen Eltern in Darmstadt. Es tut gut, einfach mal abschalten zu können und an nichts denken zu müssen. Ein bisschen Indoor-Fitness machen und Zeit mit der Family haben. Es ist auch entspannt, ausschlafen zu können und nicht unter Lernstress oder wegen Hitze mit rund 30 Grad wie in Abidjan aufzuwachen ;-) Ich spreche allerdings, denke ich, für alle von uns, dass wir die afrikanischen Temperaturen gerne noch länger ausgehalten und mehr Zeit an der Elfenbeinküste verbracht hätten. Aber trotzdem: Was wir dort erlebt haben, nimmt uns keiner mehr!“