Ugur Cankaya würde sich selbst nie den Titel "Mr. Eyüp Sultan" verleihen. Doch jeder, der sich auch nur eine wenig mit dem Verein von der Steinplatte befasst hat, weiß welchen Stellenwert der langjährige Trainer und Funktionär für den Klub hat. Am vergangenen Wochenende befand sich Cankaya plötzlich in einer äußerst prekären Lage, die den Verein in dieser Form völlig unerwartet getroffen hatte.
41 Sultane plus der Ex-Kapitän im Trainingslager
Es ist mittlerweile eines der großen Highlights im Jahreskalender beim SV Eyüp Sultan: bereits zum achten Mal ging es für die Herren-Teams ins Trainingslager nach Belek. Wie schon in den Jahren zuvor flogen die Sultane erst spät im März, um dann die Vorarbeit aus der Trainingswoche in den Ligaalltag mitzunehmen. 41 Mann reisten von Nürnberg nach Antalya und wie jedes Jahr kam der mittlerweile in die Türkei gezogene frühere Eyüp-Torjäger Davut Sari ebenfalls hinzu. Es hatte alle gepasst. Sogar ein Upgrade gab es ins Hotel "Titanic Deluxe Belex", wo zwei Wochen vorher noch der Tabellenführer der Regionalliga Bayern Türk Gücü München residierte.
Davut Sari (hier links bei seinem Abschied samt Gewinn der Kreisklassen-Meisterschaft 2012) wohnt seit vielen Jahren in der Türkei, kommt aber immer zum Trainingslager des SV Eyüp Sultan.
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Eine Meldung mit Folgen
Die Wochentage waren gut gefüllt. "Es waren wirklich super Verhältnisse im Hotel und zum Trainieren. Die Trainer hatten ein volles Programm ausgearbeitet, es wurde fleißig trainiert, an der Taktik gearbeitet, aber auch Freizeit, oder ein Ausflug zum Paintball spielen, gehörte dazu. Die Neuzugänge konnten super integriert werden. Es war rundum bombastisch - bis zum Freitagabend", schränkt Cankaya die Woche in Belek rückwirkend ein.
Denn nachdem der Trainingstag und das zweite Testspiel gegen eine Mannschaft aus der Schweiz absolviert war, ging die Vorstandschaft am Abend in die Stadt. Währenddessen sickerte die Eilmeldung vom türkischen Ministerium im Hotel durch, wonach alle Flüge ab Samstag 8 Uhr gecancelt werden sollten. "Unter den Jungs ist Panik ausgebrochen, etliche haben sofort gepackt und wollten zurück. Da wurden dann sämtliche Flüge gecheckt, über andere deutsche Flughäfen, Polen oder die Schweiz, wobei da ja schon die Quarantäne-Bestimmung galt", erklärt Cankaya.
Für die Vorstandschaft des Vereins war es "eine verdammt schwierige Situation. Einerseits waren wir uns sicher, dass es nicht so kommen würde, dass man uns mit Wohnsitz in Deutschland nicht mehr ausfliegen lässt. Aber andererseits hatten wir ja nicht nur die Verantwortung für die eigene Familie, sondern für eine ganze Gruppe Erwachsener. Insofern haben wir auch keinen aufgehalten", beschreibt Cankaya "stressige Stunden" am Freitagabend. "Kurioserweise war in unserem Team die größte Panik, während die Schweizer Fußballteams und der eine oder andere Golfurlauber ganz entspannt geblieben sind", muss der 39-Jährige schmunzeln, wenn er sich mit etwas Abstand zurückerinnert.
18 flogen vorzeitig nach Hause
Im Laufe des Abends klärte sich dann nach und nach schon auf, dass die Aussage des Ministeriums im ersten Moment einfach zu ungenau war. Auch der Kontakt zur Fluglinie SunExpress ("Dort wurde uns wirklich in der schwierigen Situation super geholfen.") versicherte, dass der Rückflug planmäßig am Sonntagvormittag nach Nürnberg stattfinden würde. Und so kam es dann auch. Zuvor waren aus der Eyüp-Gruppe aber schon drei via Köln und 15 über München vorzeitig nach Hause geflogen. "Die haben sich im Nachhinein natürlich geärgert, weil sie den - eigentlich schönsten - freien letzten Tag im Hotel bei 24 Grad verpasst haben. Aber letztlich kann man das keinem verdenken und vor allem sind wir allesamt froh, wieder in Nürnberg zu sein", so Cankaya.
Dass das Trainingslager "sportlich nun wohl für die Katz'" gewesen ist, bennent der langjährige Macher von Eyüp Sultan nur als einen Aspekt und sieht im Moment - wie so viele - kaum eine realistische Chance auf die Fortsetzung der Saison. "Aktuell gibt es ohnehin wichtigere Dinge..."