Der legendäre Hans Maringer, Teil 1: Ein Gläubiger auf dem Weg in die Bundesliga - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 03.07.2019 um 12:00 Uhr
Der legendäre Hans Maringer, Teil 1: Ein Gläubiger auf dem Weg in die Bundesliga
Union Berlin ist der fünfte Verein der Hauptstadt, der es in die Bundesliga geschafft hat. Beim Aufstieg des vierten Berliner Bundesligisten Blau-Weiß 90 Berlin hatte ein waschechter Nürnberger entscheidend mitgewirkt, der als Legende des hiesigen Amateurfußballs gilt: Hans Maringer war nicht nur Vorstand des TSV Südwest, sondern auch zeitweise der Macher beim Berliner Bundesligisten. Wir blicken in 3 Teilen zurück.
Von Marco Galuska

Er war ein durchaus talentierter Kicker, der Hans Maringer (Jahrgang 1928), der einst im Alter von sechs Jahren beim SV 08 Eibach mit dem Fußball spielen begann. Noch als Aktiver hatte der bekennende "Fußballverrückte", der selbst in der zweithöchsten Amateurklasse spielte, einen ersten Herzinfarkt erlitten. Seinem mittlerweile zum TSV Südwest fusionierten Verein blieb er dafür in anderer Funktion treu - wobei diese Aussage von starkem Understatement geprägt wäre.

Indes jenes Understatement war es auch, das die Person Hans Maringer ausmachte, wie einige Zeitzeugen berichten. Anders als viele schillernde Figuren im Amateur- und Profifußball ging es dem waschechten Nürnberger nicht um Profilierung, er musste wahrlich nicht im Mittelpunkt stehen. Jene Bescheidenheit entspricht auch Jürgen Maringer, dem jüngsten Nachkommen Hans Maringers, wenn man mit ihm über jene Zeit spricht, die gut 30 Jahre später kaum mehr greifbar erscheint und doch das wohl spektakulärste Kapitel aus dem hiesigen Amateurfußball offenbart. Doch dazu mehr im zweiten Teil unserer Geschichte zu Hans Maringer.

1970 wurde Maringer vom aktiven Spieler zum Vereinsoberhaupt beim TSV Südwest. 19 Jahre lang führte der Sanitär-Großhändler als Mäzen und Fußballfachmann mit Herz und Hirn den Klub von der Jägerstraße. In der damaligen Landesliga, der vierthöchsten Liga, kratzten die Südwester am Aufstieg in die Bayernliga, waren die Nummer 2 der Stadt hinter dem 1. FC Nürnberg. 1977 spielte Südwest gar in der 1. Runde des DFB-Pokal und unterlag dem SV Darmstadt 98 mit 1:3. Die Heimspiele waren absolute Highlights für die Freunde des Amateurfußballs.

"der fußballer" - eine wöchentliche Amateurfußball-Zeitung lange vor den Online-Portalen

Mitte der 1980er-Jahre brachte Hans Maringer die kostenlos verteilte Zeitung "der fußballer" heraus, die auf Papier gedruckt wöchentlich über den Amateurfußball in Nürnberg/Fürth berichtete.
fussballn.de

Maringer und der TSV Südwest, das gehörte zusammen, wie der Hut auf seinem Kopf. Im Amateurfußball war der Macher aus Nürnberg-Eibach bestens bekannt und vernetzt. Lange bevor überhaupt an Internet und Online-Portale zu denken war, hatte Maringer Anfang der 1980er-Jahre mit einer eigens eingerichteten Redaktion in Wolkersdorf das Magazin "der fußballer" herausgebracht. Während der Saison erschien das Blatt wöchentlich und wurde gratis an die Haushalte verteilt.

Die Liebe zum Fußball, speziell zu seinem TSV Südwest, lässt sich auch in einer Anekdote beschreiben, die sich nach Maringers zweiten Herzinfarkt ereignete. So lotste er den Krankenwagen auf dem Heimweg aus dem Krankenhaus zunächst noch an die Jägerstraße, wo Trainer und Mannschaft in Hinblick auf das kommende Punktspiel beim frisch entlassenen Patienten zum Rapport anzutreten hatten.

Das Berliner Modell - ein Faß ohne Boden?


Anfang der 80er-Jahre bahnte sich dann ein jener Coup an, der Maringer sukzessive weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt machen und bis in die Bundesliga führen sollte. Konrad Kropatschek, ein schwäbischer Kaffee-Vertreter, versprach Blau-Weiß 90 Berlin um Vorstand Manfred Kursawa Geld über die Nürnberger Agentur seiner Freundin Cornelia Härtfelder zu verschaffen - für Spieler, die den Verein weiter nach oben bringen sollten. Als Gegenleistung wollte Kropatschek als Manager das Sagen haben und verfügte - ähnlich einem Warentermingeschäft - über die Vollmacht der Transferrechte an den Spielern.

Sportlich ließ der Erfolg mit den Neuverpflichtungen bei den Mariendorfern nicht lange auf sich warten. 1984 gelang der Aufstieg in die 2. Bundesliga. Damit stiegen aber auch die Ausgaben für die Agentur, die dadurch in finanzielle Schieflage geriet und einige Fragezeichen, aber vor allem Gläubiger, hinterließ. Denn wie sich herausstellte, kam jenes Geld, das die Agentur vor allem im Nürnberger Raum eingesammelt hatte, nicht in jenem Maße in Berlin an. Ende 1985 kündigte der Verein schließlich die Verträge mit der Agentur Härtfelder fristlos.

Kropatschek selbst, der 1976 schon bei Aktenzeichen XY wegen Betrugs zur Fahndung ausgeschrieben war, und in der heißen Phase rund um die immer zwielichtiger wirkenden, weil oft gar mehrfach verkauften Transferrechte ins Fadenkreuz der Kripo geriet, konnte zur Aufklärung des Falls nicht mehr viel beitragen. Er verstarb recht früh an den Folgen eines erlittenen Schlaganfalls. 

Ohne Krämpf und Lumperei!


Hans Maringer in seinem Sanitär-Großhandel in Nürnberg-Eibach.
privat / Repro: fussballn.de

Unter den rund 20 Gläubigern war vor allem auch Hans Maringer, der "das Berliner Modell prinzipiell für gut" empfand, jedoch dafür stand, dass er seine Geschäfte stets "ohne Krämpf und Lumperei" machte. Nun hatte Maringer die Wahl, entweder die geleisteten Zahlungen an die insolvente Agentur abzuschreiben oder "den ganzen Krempel" gleich selbst zu machen.

Letztlich kaufte Maringer zusätzlich die Forderungen anderer Gläubiger auf, erstattete Blau-Weiß 90 die an die Agentur beanspruchte Summe und rettete so einerseits den Verein, hatte andererseits aber nun auch selbst das Sagen in Berlin - genauer gesagt von der Jägerstraße aus in Richtung Berlin. Dem Südwester Präsidenten gehörte fortan praktisch die Mannschaft Blau-Weiß 90 Berlin, die in der 2. Liga weiter für Furore sorgen sollte.

Kritiker, die dem Fußballverrückten gar das "Fußball" aus jener Bezeichnung zusätzlich streichen wollten, entgegnete Maringer klar und stets freundlich: "Ich bin kein Wohltäter in Sachen Berlin-Hilfe, ich bin Geschäftsmann und habe kein Geld zu verschenken. Das Projekt reizt mich", sagte er 1986 gegenüber der FAZ und betonte: "Alles, was ich habe, habe ich mir selbst erarbeitet, also kann ich es auch wieder selbst kaputt machen. Was ich mit meinem Geld mache, ist letztlich meine Sache!"

Lesen Sie im zweiten Teil, wie Hans Maringer mit Blau-Weiß 90 Berlin auf der großen Bühne in der Bundesliga landete und was der Entdecker von Karlheinz Riedle mit Willi Lemke aushandelte.


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