Amelie Striegel im Porträt: Die Lebensretterin mit dem Torinstinkt - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 15.10.2018 um 10:30 Uhr
Amelie Striegel im Porträt: Die Lebensretterin mit dem Torinstinkt
MAGAZIN Beim SV Frensdorf hat sie seit Beginn dieser Spielzeit ihre fußballerische Heimat gefunden. Dass ihr Team nicht nur ihre Tore vorbereiten, sondern sie auch von akutem Gehirnfrost befreien kann, erzählt sie im anpfiff.info-Porträt der Woche. Darüber hinaus gewährt die 23-Jährige tiefe Einblicke in die Zeit, in der sie mit einer Knochenmarkspende ein Leben rettete. Vivere militare est!
Von Bernd Riemke

Aller guten Dinge sind drei! Als drittes von vier Geschwistern wurde Amelie Striegel in eine Fußballerfamilie förmlich hineingeboren. Auch wenn Mama Diana – ihres Zeichens umtriebige Ortsvorsitzende der CSU – ohne zu zögern feststellt: „Das Sportliche hat sie von mir!“ - so tummelte sich Klein-Amy schon von Kindesbeinen an auf dem Fußballplatz herum. Onkel Georg Striegel schnürte ein Jahr lang für TSV 1860 München die Stiefel, Papa Peter kickte nach einem Stelldichein beim Club später für den TSV Ebermannstadt in der Landesliga und wie selbstverständlich knippst auch ihr älterer Bruder Julian für den SV Moggast in der Kreisliga bzw. -klasse. Tore schießen können die Striegels und da steht Amelie ihren männlichen Familienmitgliedern in Nichts nach. „Acht Pokale als Torschützenkönigin zieren meine Regale“, verkündet die gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin nicht ohne Stolz.

Tore am Fließband

Ihre Jugend verbrachte sie beim TSV Ebermannstadt. Obgleich der Fußball immer an erster Stelle stand, jagte sie auch der kleinen gelben Filzkugel auf dem Tenniscourt hinterher. „Die kurzen Sprints während der Ballwechsel helfen mir auch beim Fußball“, so die 23-Jährige, die in der heimlichen Hauptstadt der Fränkischen Schweiz eine behütete Kindheit verbrachte. „Sportentzug war das einzige, womit meine Eltern mich bestrafen konnten“, schmunzelt sie heute in Erinnerung an erfolgreiche Jahre, in denen sie nicht selten etwa vierzig Tore für die Ebs‘er Mädchen erzielte. Die hatte Papa Peter 2005 aus der Taufe gehoben und mit seiner schnellen und ballgewandten Tochter auch ein treffsicheres Zugpferd, doch rückblickend bezeichnet es die Angreiferin, die sich im Zentrum am wohlsten fühlt, als einzigen Fehler ihrer Laufbahn, nicht länger in Jungs-Mannschaften gespielt zu haben, was ihrer sportlichen Entwicklung womöglich förderlich gewesen wäre. Diese Entwicklung führte sie dennoch in die U17 der SpVgg Hausen, wo die Gegner in der Bayernliga plötzlich nicht mehr SpVgg Eggolsheim, sondern FC Bayern München hießen. Der zeitliche Aufwand war jedoch enorm und so zog es die heimatverbundene Fränkin zurück nach Ärmerschtoodt, wo sie die TSV-Damen mit ihren Toren regelmäßig zum Klassenerhalt in der Kreisliga schoss.

Ausdauerndes Spiel, enge Ballführung: Amelie Striegel (re.) ist für ihre Gegenspielerinnen nur schwer zu kontrollieren.
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Vom Kleeblatt an den Failsberg

Im zarten Alter von 13 Jahren scheiterte ein Wechsel ins Internat des 1. FC Nürnberg noch, weil das Heimweh der damaligen Schülerin zu groß war. Doch der Ansporn, es noch einmal höherklassig zu versuchen, verschwand nie aus ihrem Kopf. „Vielleicht ist es wirklich noch einmal an der Zeit Gas zu geben“, dachte sich der Blondschopf als das Angebot der SpVgg Greuther Fürth ins Haus flatterte. Wegen der Doppelbelastung durch ihre berufliche Ausbildung war sie im Ronhof für die U23 eingeplant und tat dort in der BOL Mittelfranken das, was sie am besten kann: Tore schießen. Mit 16 Treffern in 17 Einsätzen sicherte sie sich im dritten Jahr beim Kleeblatt ligaweit wieder einmal die Torjägerkanone, doch das sportliche Glück fand sie so richtig erst nach ihrem Wechsel zum SV Frensdorf im Sommer 2018. Angelockt von ihrer ehemaligen Mitspielerin Katharina Sturm, fühlte sich die ehrgeizige Angreiferin auf Anhieb pudelwohl in der großen SVF-Familie und berichtet mit strahlend grau-blauen Augen von wahren Gänsehautmomenten in der Kabine, wenn sich die Bayernliga-Damen gegenseitig vor dem Betreten des Rasens motivieren.

Teamarbeit unter der Dusche

Das funktioniert bislang prächtig, denn die Aufsteigerinnen siegen sich auch im bayerischen Oberhaus in die obere Tabellenhälfte und Amelie Striegel selbst steuerte bereits vier wichtige Treffer bei. „Natürlich ist es mein Ziel, die sich bietenden Chancen zu verwerten, aber mein größter Wunsch ist, dass wir als Mannschaft erfolgreich sind“, findet die hängende Spitze, die auch auf der Außenbahn zum Einsatz kommt Worte, die Musik in den Ohren von Trainer Hubert Richter sein dürften. Dem 61-jährigen Fußballlehrer attestiert sie im Übrigen, sie taktisch und spielerisch enorm weiter zu entwickeln. „Er erreicht mich!“, bringt es der 172cm große Rechtsfuß, der paradoxerweise häufig mit dem linken Schlappen trifft, auf den Punkt. Bis zur angestrebten Perfektion ist es freilich noch ein weiter Weg, doch in Sachen Teamwork sind die Frensdorfer Damen jetzt schon unerreichbare Spitze. Der Tatsache geschuldet, dass es im Sportheim des SV Frensdorf lediglich einen Wassertank gibt, tritt beim Duschen nach dem Training gelegentlich akute Knappheit des reinigenden Nasses auf. „Ich brauch immer am längsten. Als das Wasser einmal zur Neige ging und ich mit eingeschäumten Haaren einen Kopf wie ein Eiswürfel bekam, haben mir meine Mädels einfach das Wasser aus ihren Trinkflaschen drüber geschüttet“, schmunzelt die lebensfrohe Strahlefrau über den Fakt, dass ihr neues Team einfach für jedes Problem eine Lösung findet – und sei es beim Gehirnfrost unter der Dusche.

KMS rettet Leben

Genau dieser Zusammenhalt ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg auf dem grünen Rasen. „Keine andere Mannschaft hat das, was wir haben. Der Wechsel nach Frensdorf war jetzt schon die beste Entscheidung meines Lebens“, blickt Amelie Striegel auf neu gewonnene Freundschaften, die weit über das gemeinsame Hobby Fußball hinaus gehen. Dass Fußball zwar die viel zitierte schönste Nebensache der Welt, aber eben auch nur eine Nebensache ist, erlebte die gebürtige Bambergerin während eines Praktikums an der Kinderklinik. Ihre täglichen Erlebnisse brachten die reflektierte junge Frau zum Nachdenken und schließlich aus voller Überzeugung dazu, sich als mögliche Knochenmarkspenderin typisieren zu lassen. Wohl wissend, dass die Wahrscheinlichkeit, einen genetischen Abdruck zu hinterlassen, der tatsächlich einem hoffenden Patienten hilft, ungefähr so groß ist wie die eines Sechsers im Lotto, ließ sie sich den nötigen Speichel entnehmen und erhielt wahrhaftig zu Beginn des Jahres 2018 die Nachricht, sich zur genaueren Blutentnahme zu melden. Ein Patient war gefunden, dessen körperlicher Zustand es erforderte, innerhalb weniger Wochen eine Transfusion zu erhalten.

Mit Beschützer Kuschel-Toni vom Patenkind im Arm, ist die Knochenmarkspende nur noch halb so schlimm.
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Eine Spende für den Sinn des Lebens

Für Amelie Striegel begann eine Prozedur, die sie selbst körperlich an den Erschöpfungszustand brachte. Zweimal täglich erhielt sie Infusionen, damit sich die Zahl der eigenen Stammzellen verdoppelt. Knochenschmerzen und hohes Fieber waren die Folge, doch „ich wusste, wofür ich all das mache“, gibt die 23-Jährige zu Protokoll, die sich nach erfolgreicher Vorbereitung schließlich in der Uni-Klinik in Köln einfand, um ihre Knochenmarkspende zu tätigen. Während der knapp vierstündigen Prozedur zirkulierte nahezu ihr gesamter Bluthaushalt einmal aus und wieder in den Körper zurück, damit ausreichend Stammzellen entnommen werden konnten. „Wenn ich einmal alt bin, möchte ich die Gewissheit haben, dass es einen Sinn gehabt hat, warum ich auf der Welt war. Wenn ich also die Möglichkeit habe, einem Menschen zu helfen, dann muss ich das auch machen“, so die gläubige Christin im Brustton der Überzeugung. Wichtig sei ihr, dass es dem Empfänger gesundheitlich gut gehe, doch hier hat der Gesetzgeber eine zweijährige Wartefrist vorgeschoben. Eine Wartefrist, die gewährleistet, dass sich beim Empfänger kein Infekt einstellt und die neuen Stammzellen wirklich zur Genesung des Patienten führen. „Ich weiß nur, dass es ein 40-jähriger Mann aus Italien ist, zu dem ich später anonym Briefkontakt aufnehmen kann.“ Ihr großes Herz gepaart mit einer gehörigen Portion sozialer Verantwortung ließen sie schließlich auch den Beruf der Krankenpflegerin erlernen, in dem sie sich um psychisch kranke Kinder und Jugendliche nicht nur medizinisch, sondern dank ihrer warmherzigen Art sicher auch seelsorgerisch kümmert.

Vivere militare est

„Zu leben heißt zu kämpfen“, heißt es auf einem ihrer beiden Tattoos, das einen starken Löwen auf einem zarten Beet aus Blumen zeigt. Ein Gegensatz aus hart und weich, der Amelie Striegel sehr gut charakterisiert. Schon in jungen Jahren hat sie gelernt zu kämpfen, sich durchzusetzen und sich dabei dennoch ein sonniges und lebensfrohes Gemüt bewahrt. „Ich glaube, dass alles, was man gibt, auf irgendeine Weise wieder zurückkommt“, so ihre weisen Worte. Entscheidend geprägt wurde sie dabei von einem liebevollen Elternhaus, weshalb sie auch die beiden Namen ihrer Eltern auf ihrem Fuß hat verewigen lassen. „Sie sind meine größten Vorbilder. Ich liebe sie über alles“, bewundert Amelie Striegel den vertrauten Zusammenhalt, mit dem ihre Eltern alle Klippen des Lebens gemeinsam gemeistert haben. Die 23-jährige Frohnatur ist auf dem besten Wege, es ihnen gleich zu tun. Egal, ob auf dem Fußballplatz oder den immer wiederkehrenden Höhen und Tiefen des Alltags, Amelie Striegel ist eben das, was ihre Initialen unmissverständlich zum Ausdruck bringen: ein AS!

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Leser-Kommentare

Steckbrief A. Striegel

Amelie Striegel
Spitzname
Amy
Alter
29
Geburtsort
Bamberg
Wohnort
Erlangen
Familie
ledig
Nation
Deutschland
Größe
172 cm
Beruf
Gesundheits- und Krankenpflegerin
Hobbies
Tennis
Starker Fuß
Rechtsfuß
Lieb.-Position
Sturm


Entweder...oder

FCB oder FCN
Ich bin von klein auf schon mit meiner Oma Heike, die heute noch bei jedem Spiel von mir zuschaut, ins Stadion zum FC Bayern gefahren. Früher fand ich den Oliver Kahn ganz gut. Grundsätzlich gefällt mir einfach die Spielweise und bei den Bayern hat eh immer die ganze Familie mitgefiebert.
Fisch oder Schwein
(Anm. der Red.: Laut dem chinesischen Horoskop ist die Schwein-Frau liebenswert, harmoniebedürftig und hat einen Hang zu sozialem Engagement) Ich lese zwar hin und wieder mein Fische-Horoskop, glaube aber nicht wirklich daran. Im Übrigen finde ich Fische eklig. Sie sind glitschig und stinken (lacht).
Schokobons oder Erdbeereis
Ich liebe Schokobons. Wenn ich eine Packung alleine esse, hält sie maximal einen Tag. Die Werbung sagt ja schließlich auch - Mit einem Happ sind sie weg. In Ebermannstadt esse ich immer eine Kugel Nutella und eine Kugel Cookies. Immer. Also vielleicht wäre Schokobonseins am besten für mich...
Mascara oder Lipgloss
Auf jeden Fall Mascara, damit die Augen schön betont sind. Im Alltag schminke ich mich allerdings eher selten.
Nudeln oder Kartoffeln
Ich liebe essen, also alles außer Fisch. Vor dem Spiel habe ich bislang nie etwas gegessen. Inzwischen mache ich mir mit Lisa Schreiber zusammen häufig Nudeln wegen der Kohlenhydrate.

Auf ein Wort...

Wenn ich ein Tier wäre, wäre ich ein Löwe. Ich kam zwei Monate zu früh auf die Welt und lag zunächst im Brutkasten. Meine Mama sagt nicht nur deshalb, dass ich eine Kämpferin bin seit ich auf der Welt bin. Ich würde nie aufgeben.

Das letzte Mal geweint habe ich tatsächlich nach einem Fußballspiel, weil ich unzufrieden mit mir selbst war und das Gefühl hatte, die Mannschaft nicht so unterstützen zu können, wie ich es gern gewollt hätte. Ich weine aber eigentlich eher selten. Ich bin eher ein Harmoniemensch, der andere pusht.

Wenn ich in einem Kinofilm mitspielen dürfte
, wäre es Magic Mike! Da spielt Channing Tatum einen Stripper und ich wäre gerne die, die am Ende des Films auf dem Stuhl sitzt und von ihm angetanzt wird (lacht).

Ein perfekter Tag ist es für mich, wenn ich ihn mit meiner Familie verbringe. Seit dreißig Jahren machen wir jeden Samstag gemeinsam Frühstück bei Oma Heike. Sie backt einen leckeren Kuchen und ich esse da am liebsten Eier mit Speck.

Das letzte Mal richtig viel Geld ausgegeben habe ich für meinen Audi. Ich bin eine richtige Auto-Närrin. Als Kind hatte ich ein Elektroauto und saß schon immer bei Oma auf dem Fahrersitz und habe so getan, als könnte ich Auto fahren.

Saisonbilanz A. Striegel

 
21/22
13
4
0
6
5
0
0
21/22
2
2
0
0
R
0
0
21/22
1
5
0
0
R
0
0
19/21
7
0
0
4
3
0
0
19/21
4
2
0
0
R
0
0
18/19
24
6
0
0
15
0
0
17/18
17
16
0
2
3
0
0
16/17
16
3
0
6
6
0
0
15/16
12
3
0
2
5
0
0
14/15
1
0
0
0
R
0
0
13/14
2
0
0
0
R
0
0
Gesamt
99
41
0
20
37
0
0

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