Ein Käfig voller Narren?: ...oder wie man Hampelmänner beruhigt! - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 08.07.2009 um 14:33 Uhr
Ein Käfig voller Narren?: ...oder wie man Hampelmänner beruhigt!
Seit dem 1.7.2009 ist sie bis hinunter zur A-Klasse da. Die so genannte Technische Zone, die sich um die Auswechselbank der Mannschaften erstreckt und den Bewegungsradius der Beteiligten insofern einschränkt, dass sie diese nur in Ausnahmefällen verlassen dürfen. anpfiff sprach mit denen, die auf Bezirksebene schon ein Jahr lang mit der „Trainerbox“ konfrontiert waren und sammelte Meinungen.
Von Bernd Riemke
Die Palette der spontanen Meinungsäußerungen war groß. Von „völliger Unsinn“ bis hin zu „Endlich wird für Ordnung gesorgt“, war beinahe alles vertreten, als im Juli 2008 auch im Amateurbereich auf Bezirksebene die so genannte Technische Zone eingeführt wurde. Eine Spielzeit ohne größeres Klagen ist inzwischen vergangen und die Befürworter sowie Initiatoren dieser Neuerung sehen sich in ihren Bemühungen bestätigt. Nicht zuletzt der meist reibungslose Ablauf im Premierenjahr führte dazu, dass die „Trainerbox“ seit dem 1. Juli 2009 auch bis hinunter zur A-Klasse eingeführt wurde. Doch nicht alle Beteiligten sind restlos begeistert…

Kann der Technischen Zone nicht wirklich viel abgewinnen: Rolf Radeck.
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Rolf Radeck (Neu-Trainer des FC Strullendorf): "Ich halte davon im Amateurbereich überhaupt nichts. Ich selbst bin ein Typ Trainer, der von außen relativ viel Anweisungen gibt und nah an die Spieler herankommen muss. In der Zone bin ich wie in einem Käfig gebunden. Eigentlich darf man nur zum Zwecke einer Anweisung aufstehen und ich frage mich, warum die Trainer förmlich zum Sitzen gezwungen werden. Damit werden wir in unserer Handlungsfähigkeit beschränkt, denn wenn man beim Spiel mitfiebert, passiert es zwangsläufig, dass man auch mal außerhalb der Zone steht. Damit überfordert man wiederum die Schiedsrichter, die nun eine zusätzliche Aufgabe haben. Ich habe festgestellt, dass mancher Unparteiische mehr Augenmerk auf die Trainer als auf das Spiel richtet. Auch der ein oder andere Assistent ist da sehr penibel. Während ein Trainer zurecht gewiesen wird, sieht der Linienrichter im nächsten Moment eine Abseitsstellung nicht. Außerdem gibt es viele Vereine, die so eine Zone aufgrund der örtlichen Gegebenheiten gar nicht einzeichnen können. Ich finde es insgesamt eine schlechte Lösung. Man will alles professionalisieren und schießt sich letztlich ein Eigentor. Warum muss man etwas reparieren, wenn gar nichts kaputt ist? Über Jahre hinweg lief es doch auch ohne Zone sehr gut. Es gäbe meiner Meinung nach andere Sachen, die man beim Fußball überdenken könnte. Anstelle eines Einwurfes wäre z.B. der Einschuss denkbar, dann wäre das Spiel viel dynamischer und interessanter."

Stellt die Technische Zone tatsächlich eine Überforderung der Schiedsrichter dar? Sind die Unparteiischen zunehmend abgelenkt? anpfiff fragte bei einem der besten „Pfeifenmänner“ des Spielkreises nach.


Pflegt einen guten Draht zu den Akteuren - auch MIT Zone: Berthold Kestel.
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Berthold Kestel
: "Ich persönlich habe überhaupt kein Problem mit den Trainer, da ich meist – egal ob als Schiedsrichter oder an der Linie – einen guten Draht zu den Leuten pflege. Das Hauptaugenmerk eines Unparteiischen sollte sich natürlich innerhalb des Spielfeldes abspielen. Sollte ein Trainer seine Zone für kurze Zeit einmal verlassen, um einen verletzten Spieler zu behandeln oder bei einer Auswechslung Anweisungen zu geben, kriege ich das ja gar nicht mit. Letztlich muss man sich da nicht verrückt machen. In Zukunft wird es so sein, dass es die Trainer, die sich immer ordentlich verhalten, sowieso nicht juckt. Den „Räubern“ wird das ein oder andere vielleicht aufstoßen, aber in zwei Jahren spricht über diese „Regeländerung“ sowieso keiner mehr."

Um das Hauptaugenmerk aufs Spielfeld zu richten, hat der Unparteiische in den höheren Ligen seine Assistenten zur Seite gestellt bekommen, doch wie schaut es in den untersten Spielklasse aus, wenn der Schiedsrichter die alleinige Verantwortung trägt? Ein Aspekt, den einer aus der Trainergilde aufwirft, der sich selbst in der Vergangenheit wohl noch zu jenen „Räubern“ gezählt hätte.


Die Zone in der Bezirksliga? Ok! Aber in den unteren Klassen? Heinrich Föhrweiser hat so seine Zweifel...
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Heinrich Föhrweiser (Trainer des TSV Steinberg): "Selbst in der Bezirksliga bräuchte man eine solche Zone eigentlich nicht, weil man vom Schiedsrichter sowieso darauf hingewiesen wird, wenn man zu viel gestikuliert oder den Unparteiischen gar verbal attackiert. Dann wird man ohnehin hinter die Bande verwiesen. Dennoch war die Einführung so verkehrt nicht. Ich war früher auch immer ein Hampelmann an der Seitenlinie und die Begrenzung hat mir gut getan. Ob es in den unteren Klassen machbar ist, bezweifle ich jedoch. Da ist der Schiedsrichter auf sich alleine gestellt. Muss er auch noch auf die Zone aufpassen, bedeutet das natürlich zusätzliche Arbeit für ihn. Wenn dann auf dem Spielfeld Hektik aufkommt und der Unparteiische auch noch auf die Trainer aufpassen muss, sehe ich Probleme. Meiner Meinung nach müsste man die Technische Zone in den unteren Klassen eigentlich nicht einführen."

Ob für oder Wider, die Trainer scheinen es zumindest akzeptiert zu haben, dass es diese Zone gibt. Zahlreiche Kollegen betreten jedoch völliges Neuland. Welche Erwartungen hegen sie an die „Beschränkung ihrer Handlungsfähigkeit“?


Markus Kleinlein ist gerne nahe am Geschehen dran...
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Markus Kleinlein
(Trainer des VfB Einberg): "Ob das wirklich Sinn macht, ist wirklich schwer zu sagen. Auf jeden Fall stellt es für den Schiedsrichter einen Mehraufwand dar. Mir erscheint es auf den ersten Blick zu viel, denn die Unparteiischen sollten sich auf das Spiel konzentrieren. Ich persönlich stehe gern am Spielfeldrand und versuche Einfluss zu nehmen, dennoch glaube ich, dass mir die Umstellung keine Probleme bereiten wird. Es ist wohl eine Gewohnheitssache, obwohl ich es schöner finde, näher an die Mannschaft heranzurücken. Wir werden sehen, wie ich in einem halben Jahr reagiere. Letztlich habe ich von den Kollegen, die damit bereits Erfahrung gesammelt haben noch nichts Schlechtes gehört, aber ob und warum so eine Zone unbedingt notwendig sein muss, gibt mir schon Rätsel auf. Es gäbe wahrscheinlich sinnvollere Lösungen…"

Wie immer sind die Meinungen ganz unterschiedlich und eine Neuerung wird zunächst kritisch beäugt. Ruft man sich das weit verbreitete Credo des „fairen Miteinanders“ in Erinnerung, so dürfte es letztlich belanglos sein, ob ein Trainer sich in einer Technischen Zone aufzuhalten hat und ob ein Schiedsrichter jeden Verstoß dagegen umgehend ahnden muss. Die kommenden Wochen und Monate werden zeigen, inwieweit sich die Beteiligten damit arrangieren werden, eines wird aber wohl hoffentlich auch mit Trainerbox bestehen bleiben: Couragiertes Eingreifen der Übungsleiter und gelebte Emotionen am Spielfeldrand, die den Fußball nun einmal ausmachen und ihm die besondere Würze verleihen. Alles natürlich in einem fairen Rahmen.

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