Taner Koc hilft ehrenamtlich: Zwischen Roth und Saõ Paulo - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 23.12.2017 um 13:00 Uhr
Taner Koc hilft ehrenamtlich: Zwischen Roth und Saõ Paulo
Zwischen dem mittelfränkischen Roth und der brasilianischen Metropole Saõ Paulo liegen nicht nur gute 10.000 Kilometer, sondern werden beim Vergleich der beiden Städte auch soziale und kulturelle Unterschiede deutlich. Roths Trainer Taner Koc besuchte mit einem Hilfsprojekt  die Favelas von Saõ Paulo und sprach mit anpfiff.info über die Erlebnisse, die Menschen und wie man helfen kann.
Von Florian Fraunholz
Herr Koc, Sie besuchten vor einigen Wochen im Rahmen eines Hilfsprojekts Saõ Paulo. Was genau war ihre Tätigkeit in Brasilien?
Taner Koc: Ich war mit einer Gruppe von Kollegen im Rahmen eines sozialen Projekts von Adidas in Saõ Paulo und habe dort Kinder betreut, um die örtlichen Professoren ein wenig zu entlasten und um die Kinder ein wenig von ihrer Situation abzulenken. Wir haben mit den Kindern verschiedene Sportprogramme erstellt, aber auch Dinge wie Hygiene wurde ihnen näher gebracht, da auch dies teilweise ein Problem in den Favelas ist. Aktuell bietet unsere Organisation einen Rückzugsort für die Kinder, aber auch erwachsenen wird dort geholfen und haben dort verschiedene Sportmöglichkeiten. Insgesamt ist die Situation in unserem "Rückzugsort" besser als erwartet.

Wie würden Sie die allgemeine Situation in den Favelas beschreiben?
Taner Koc: Erschreckend. Die Kinder spielen häufig mit löchrigen Schuhen auf heißem Kunstrasen und jeder der schonmal barfuß auf so einem Kunstrasen gelaufen ist weiß wie unangenehm das ist. Generell merkt man, dass es in Saõ Paulo an den einfachsten Dingen fehlt. 

War es schwer für Sie, die Bilder in Brasilien zu verarbeiten?
Taner Koc: Teilweise schon ja. Die allgemeine Situation in den Favelas macht einen wirklich betroffen und traurig. Die Eltern haben oft keine Arbeit und auch kein Geld ihre Familie angemessen zu ernähren, die Armut ist ein vorherrschendes Bild in diesen Gebieten. Die Kinder haben oft nichts zu essen, umso wichtiger ist das wir diesen Menschen helfen. 

Taner Koc (mi.) war von den Verhältnissen in Saõ Paulo erschüttert.
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Ist unter diesem Umständen Fußball auf höherem Niveau möglich, oder geht es einzig und allein um den Spaß am Spiel?
Taner Koc: Ich hatte eigentlich ein besseres Niveau erwartet, aber es waren einige, vor allem technisch, sehr gute Spieler mit dabei. Man merkt einfach das es in diesen Gebieten noch den richtigen Straßenfußball gibt, da die Spieler vor allem individuell stark sind. Den Fußball in den Favelas kann man aber überhaupt nicht mit dem in Deutschland vergleichen. Während man hier immer im Kollektiv trainiert, spielt in den Favelas jeder Spieler erstmal für sich selbst. Man merkt das für manche Jungs der Fußball der einzige Ausweg aus dieser Situation sein kann.

Woran mangelt es in den Favelas von Saõ Paulo am meisten?
 
Taner Koc: An Freiheit. Die korrupte Politik Brasiliens ist in diesen Favelas allgegenwärtig und man merkt dies auch zu jeder Zeit. Die Kriminalität ist in diesen Gebieten Fluch und Segen zugleich. Einerseits haben einzelne Kartelle die Kontrolle über die Viertel, anderseits wären die meisten Leute in den Favelas ohne die Drogenkartelle bereits gestorben, da sie für viele Familien der letzte Weg zu einem Einkommen sind. Das ganze System in Brasilien krankt und solange sich das nicht ändert wird es dort auch keine gravierende Verbesserung geben.

Ist eine Rückkehr nach Brasilien geplant?
Taner Koc: Wir waren vorerst die dritte und letzte Gruppe, die ich Saõ Paulo gereist ist. Nächstes Jahr ist eine Reise definitiv nicht geplant, aber wir halten natürlich weiterhin Kontakt. Mit Hilfe von sozialen Netzwerken ist das ja mittlerweile recht einfach und wir werden ich weiterhin verschiedene Sachen nach Brasilien schicken, um diesen Menschen weiterhin aktiv zu helfen. 

Taner Koc (li.) möchte auch in Zukunft den Menschen in Saõ Paulo helfen.
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Sie verloren früh ihren Vater und mussten selbst in ihrer Kindheit kämpfen. Inwiefern identifiziert man sich da umso mehr mit den Kindern in den Favelas?
Taner Koc: Es war natürlich manchmal schon extrem für mich. Aber ich hatte sechs Brüder, die immer an meiner Seite waren und für die ich mehr als dankbar bin. Ich denke schon das das Reinversetzen ein wenig "leichter" ist, wenn man schon einiges in seinem Leben erlebt hat. Ich werde nun selbst bald Vater und da sieht man viele Dinge sowieso anders, vor allem wenn man dann die Bedingung für die Kinder in Saõ Paulo mitbekommt. Wir sollten uns glücklich schätzen was wir in Deutschland haben und dafür dankbar sein. Die Brasilianer haben uns soviel Liebe und Gastfreundschaft geschenkt und ich hoffe das mein Kind eines Tages den selben Willen und die selbe Lebensfreude hat, wie diese Kinder in den Favelas. 

Gibt es eine spezielle Zielsetzung für ihr Projekt?
Taner Koc: Vorstellung und Ziele hat ja jede Person. Man wird nach so einer Reise schon nachdenklich und fragt sich was kann man nun auch persönlich besser machen. Ich möchte zum Beispiel nachhaltiger sein. Unsere Organisation will generell den Menschen in den Favelas weiterhelfen und mit Materialien und Geld versuchen, ihnen das Leben dort zu erleichtern. Aktuell haben wir da noch ein paar Probleme mit dem Transport, bzw. mit dem Zoll, aber daran wird bereits gearbeitet. 

Wie können unsere Leser ihr Projekt unterstützen?
Taner Koc: Auf meiner Homepage (www.taner-koc.de, Anm. d. Red.) wird im Laufe der nächsten Monate viel Informationsmaterial, sowie einige Bilder und Videos von der Reise hochgeladen. Bis dahin werden wir auch neue Infos bezüglich der Probleme mit dem Zoll haben. Spenden in Form von Sportmaterial, Hygieneartikeln und/oder Geld helfen uns natürlich immer sehr weiter!

Vielen Dank für das Gespräch!

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