Michael Bischoff im Portrait: Trainer mit Leib und Seele - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 29.06.2010 um 04:18 Uhr
Michael Bischoff im Portrait: Trainer mit Leib und Seele
"Trainer", "SG 83" – diese beiden Stichworte dürften in Fußballerkreisen immer noch auf eine Person schließen lassen, die sich über Jahre viel Anerkennung im Trainergeschäft verdient hat. Und bis zum Sommer 2009 wäre die Trefferquote sicher noch höher gewesen, denn damals beendete Michael Bischoff sein Engagement auf der Trainerbank und wurde Sportlicher Leiter des Fusionsklubs.
Von Marco Galuska

Nach über 30 Jahren verlässt der ehrgeizige Coach nun die Regelsbacher Straße. fussballn.de portraitiert den zukünftigen Junioren-Coach des 1. FC Nürnberg.


Im Juni 1967 beginnt die Geschichte von Michael Bischoff, der in Bad Windsheim das Licht der Welt erblickte. Mit der Einschulung folgte der Umzug nach Nürnberg in den Stadtteil Muggenhof. Gemeinsam mit den Klassenkameraden der Wandererschule versuchte sich Bischoff am runden Leder. „Damals wurde der Kleinfeldfußball noch auf der Straße gelernt“, erklärt der gelernte KfZ-Mechaniker seinen für heutige Verhältnisse recht späten Eintritt als Zwölfjähriger in den Fußballverein. Ende 1979 war es dann schließlich soweit, die Verbindung zum Vereinsfußball begann – eine Verbindung, die ihn nicht mehr loslassen sollte. Die eine Hälfte der Schulkameraden spielte beim FSV Gostenhof, die andere Hälfte beim ESV West. Der Sportplatz der Wester an der Regelsbacher Straße sollte in den kommenden drei Jahrzehnten die sportliche Heimat von Michael Bischoff werden. In der B-Jugend gelang der Aufstieg in die Kreisliga, ansonsten verliefen die Jugendzeiten als Spieler eher unspektakulär.


1992 als SpielerMichael Bischoff am Ball für den ESV West im November 1992 bei der Partie gegen die DJK Eintracht Süd.
Foto: Privat

Doch Mitte der 1980er-Jahre, Bischoff spielte noch in der A-Jugend seines ESV West, sollte es ein einschneidendes Ereignis geben. Der C-Jugend-Trainer der Wester, Heiko Henzold, suchte einen Co-Trainer, der ihn ein wenig unterstützen sollte. Aus dem Reinschnuppern sollte sich schnell eine Leidenschaft für das Trainerwesen entwickeln, die Bischoff bis zum heutigen Tage in ihren Bann zieht. Ein Motocross-Unfall, bei dem er sich die Kniescheibe zertrümmerte, lieferte ein weiteres Argument dafür, die eigene fußballerische Laufbahn, die zumeist im rechten Mittelfeld ablief, dem Trainerdasein hinten anzustellen.


Nicht allein die Tatsache, dass er durch den Unfall seine Schnelligkeit, eine wesentliche Stärke in seinem Spiel, einbüßte, ließ aus dem Kicker Bischoff mehr und mehr einen Trainer werden. „Ich habe recht schnell erkannt, dass es mir viel Spaß macht, junge Spieler aus- und weiterzubilden – sowohl sportlich als auch menschlich. Denn es gibt ja auch ein Leben neben und nach dem Fußball“, schildert Bischoff den besonderen Reiz als Übungsleiter mit lernbereiten und ehrgeizigen Spielern zusammenzuarbeiten: „Im Zweifel hätte ich mich immer für den Trainerposten anstelle des eigenen Spielens entschieden!"


Michael Bischoff ESV WestDie Anfänge als Jugendtrainer der E-Jugend in der Saison 1989/90. Michael Bischoff (l.) entwickelte schnell eine Leidenschaft für das Coaching. Neben dem Trainer sind die späteren BOL-Spieler der SG 83 Cem Hür und Bastian Schachtner zu sehen.
Foto: Privat

So dauerte Bischoffs aktive Fußballkarriere im Herrenbereich nicht recht lange an. Nach zwei Jahren in der Reserve, schaffte er den Sprung in die 1. Mannschaft, die damals in der A-Klasse (heutige Kreisliga) spielte. Dabei sammelte der lerneifrige Jugendtrainer auch Trainingsmethoden von seinen Trainern Horst König („er hat uns taktisch sehr viel vermitteln können“) oder Raimund Thunich („menschlich ein ganz hervorragender Trainer“). Ein Highlight als Spieler durfte er 1991 miterleben, als der ESV West in einem Vorbereitungsspiel gegen die Bundesligatruppe des 1. FC Nürnberg antrat. Mit 0:10 unterlagen die Wester gegen die Elf von Willi Entenmann, bei der auch die Club-Legenden Sergio Zarate, Andreas Köpke und Dieter Eckstein aufliefen.


1991: ESV West - 1. FCN 0:10Ein tolles Erlebnis: Michael Bischoff spielte mit dem ESV West in der Vorbereitung 1991 gegen den 1. FC Nürnberg.
Foto: Privat

Anfang der 1990er Jahre spielten allerdings andere Dinge für Bischoff eine wesentliche Rolle, die ihn dazu bewegten, als Spieler etwas kürzer zu treten. „Ich machte 1992 meine Meisterschule, habe meine Frau Claudia geheiratet und ein Jahr später kam unsere Tochter Kim Laura zur Welt, da habe ich das Fußballspielen natürlich zurückgestellt. Außerdem war ich recht verletzungsanfällig und hatte immer wieder mit dem Knie zu kämpfen“, erinnert sich Bischoff an bewegende Jahre in seinem Privatleben. Dennoch, der Jugendtrainer Bischoff machte beim ESV West weiter – ohne Unterbrechung. Und von seiner Passion seine Jugendteams zu coachen, hielt dem ehrgeizigen Trainer nichts so schnell ab: „Ich war auch mit Krücken auf dem Platz“.


Die Redewendung, dass jeder einmal klein anfängt, galt auch für den inzwischen als Kundenberater bei der AOK tätigen Bischoff bei seinem Einstieg im Trainerbereich. Von 1987 bis 1992 coachte er sehr erfolgreich die E-Junioren-Teams des ESV West auf dem Kleinfeld und hatte damals schon mit Jungs wie Cem Hür, Petar Lucic, Bastian Schachtner oder Patrick Lohrer zu tun, die auch in späteren Jahren noch bei der SG 83 erfolgreich spielen sollten. In der Saison 1992/93 kam für den Nachwuchstrainer der Wechsel zu den B-Junioren. Im zweiten Jahr gelang der Aufstieg in die Kreisliga. Da anschließend nur noch drei A-Jugendliche im Verein waren, musste Bischoff mit seiner B-Jugend vorzeitig als A-Jugend antreten. Eine „Vor-Fusion“ zur späteren SG 83 gab es dabei schon Mitte der 90er Jahre, als Gostenhofs Jugendleiter Hartmut Ühlein mit einem kompletten Jahrgang zum ESV West wechselte und dort dann die B-Jugend stellte.


Aufstieg mit dem ESV WestAufstieg mit den A-Junioren des ESV West. "Wegen dem Gelände kam damals keiner zu uns."
Foto: Privat

Für Bischoff, der ab 1996 auch als Jugendleiter fungierte, sollten von 1994 bis 2001 sieben Spieljahre als A-Jugend-Coach folgen. Besonders erfolgreich waren die Wester Nachwuchskicker in der Saison 1996/97, als man ohne eine Niederlage in die Kreisliga aufstieg. Bischoff konnte viele Nachwuchstalente, wie z.B. Hür, Lucic oder Keblawi, auch von den großen Klubs der Region, zurückholen. „Wenn man als Trainer gute Arbeit macht, kommen auch Spieler. So etwas spricht sich herum, dass sie etwas bei mir lernen können. Wegen dem Gelände kam damals sicher keiner zum ESV West“, erinnert sich der erfolgreiche Jugendtrainer an die Saison 1997/98, als seine A-Jugend auch in der Kreisliga an der Spitze abschloss und in den Aufstiegsspielen auf den SC Feucht (mit Cemil Aydogmus) traf.


In Feucht waren die Wester mit 3:6 noch auf verlorenem Posten. Das Rückspiel fand auf dem Gostenhofer Sportgelände (beim ESV West wurde schon umgebaut) vor rund 500 Zuschauern statt. Unter der Leitung des aktuellen Bundesliga-Referees Deniz Aytekin, der frühere Bundesliga-Schiedsrichter Manfred Dölfel assistierte an der Linie, führten die Schützlinge von Michael Bischoff mit 3:2 nach regulärer Spielzeit und auch nach der Verlängerung. Im anschließenden Elfmeterschießen behielten die Nürnberger die Nerven und durften den Bezirksliga-Aufstieg feiern. So sorgte der ESV West mit seiner A-Jugend für den Aufstieg der neuen SG 83, während die 1. Mannschaft des FSV Gostenhof mit ihrem Aufstieg den Start des Fusionsklubs in der Kreisliga ermöglichte und so den gleichzeitigen Abstieg der Wester Ersten ausbügeln konnte.


Aufstieg in die BezirksligaDer Aufstieg mit der A-Jugend des ESV West in die Bezirksliga.
Foto: Privat

Aber nicht nur sportlich machte die Verschmelzung der beiden Lokalrivalen im Jahr 1998 Sinn. „Ich war von Anfang an ein absoluter Fürsprecher der Fusion. Sportlich stand der ESV West zwar ordentlich da, aber das Gelände war ziemlich verrottet. Der FSV Gostenhof hatte auch gute Spieler, aber aus wirtschaftlicher Sicht musste sich ebenfalls dort etwas tun“, blickt Bischoff auf die Vereinigung der beiden Traditionsvereine zur SG Nürnberg Fürth 1883 zurück. Die Vorstände Heinz Wenzl (FSV Gostenhof) – er wurde auch der 1. Vorstand der neu gegründeten SG 83 – und sein Kollege Harald Stricker hatten in Bischoffs Augen auch maßgeblichen Anteil daran, dass die Fusion doch recht reibungslos verlief. „Für Gostenhof war es freilich schwerer, da sie umziehen mussten. Aber wenn man sieht, dass letztlich mehr FSVler sich ehrenamtlich bei der SG beteiligten, kann man sagen, dass der Umzug in jedem Fall gelungen ist“, zieht Bischoff auch aus Sicht des ehemaligen Rivalen ein positives Resümee. Auch weil Vorstand Wenzl, der 2001 tragischerweise verstarb, sehr viel Wert auf den Nachwuchs legte und nicht etwa im Sinn hatte, Spieler für den Fusionsklub einzukaufen. Das war auch die Voraussetzung, die Bischoff zum Weitermachen bei der SG 83 bewegte.


Aufstieg in die BayernligaDer größte Erfolg mit den SG-A-Junioren: Aufstieg in die Bayernliga 2001.
Foto: SG83

Und die Erfolgsgeschichte des A-Jugend-Coaches ging auch unter dem neuen Vereinsnamen auf dem schmucken Gelände an der Regelsbacher Straße weiter. Mit Platz drei gelang die Qualifikation für die Bezirksoberliga. Nach einem vierten Rang im ersten Jahr sollte in der Saison 2000/01 den SG-A-Junioren der ganz große Wurf gelingen. Sieben Punkte lag man drei Spieltage vor Schluss noch hinter dem Konkurrenten vom FSV Bruck, doch am Ende standen Bischoffs Kicker ganz oben und feierten am letzten Spieltag den Aufstieg in die Bayernliga Nord. Die Namen von damals (Pfarherr, Koch, Fisciano, Kunz, Lucic, Romio, Konrad) sind auch heute noch aktiv, inzwischen allerdings bei anderen Klubs der Region.


Doch im Jahr 2000/01 gelang Bischoff nicht nur der Erfolg mit der A-Jugend, sondern in Doppelfunktion auch die Meisterschaft mit der Zweiten Mannschaft, die dadurch in die Kreisklasse aufstieg. „Mein Ziel war es eigentlich, in der A-Jugend-Bayernliga zu trainieren. Doch den Jungs zuliebe bin ich schließlich doch mit in den Herrenbereich gegangen“, erklärt Bischoff seine Fortsetzung der Trainerlaufbahn bei den Erwachsenen. Und mit der „Reserve“ gelang im folgenden Jahr der Durchmarsch in die Kreisliga, nachdem man in der Relegation den FSV Stadeln von Coach Thomas Reiser, zu dem Bischoff nach wie vor ein sehr gutes Verhältnis pflegt, mit 4:0 bezwingen konnte.


Die erste Saison mit der BOL-TruppeDie erste Saison mit der BOL-Truppe. 2002/03 scheiterte die SG 83 nur knapp am Landesliga-Aufstieg. Foto: SG83

Nach all den Erfolgen im Nachwuchsbereich und mit dem Zweiten Anzug beerbte Bischoff 2002 schließlich Norbert Hütter auf dem Posten des Trainers der Ersten Mannschaft in der BOL. Und gleich die erste Saison sollte mit Platz zwei sehr erfolgreich verlaufen. Doch im Aufstiegsspiel gegen Kareth-Lappersdorf versagten der jungen Truppe im Elfmeterschießen die Nerven. „Wir hatten eine super Truppe. Eigentlich war sogar noch mehr drin. Wir haben die Viererkette erfolgreich eingeführt und auch im Pokal tolle Spiele geliefert, wie z.B. das 3:6 gegen die Amateure von Greuther Fürth (mit Stefan Reisinger)“, erinnert sich der Trainer gerne an die Truppe mit Kalender, Ziegler, Toksöz, Schachtner, Lohrer, Schönbrunn oder Lucic.


Danach folgte der totale Umbruch, einige Akteure verließen den Verein. Spieler aus den A-Junioren und der Zweiten Mannschaft rückten nach. Ein einschneidendes Erlebnis gab es in seiner siebenjährigen Amtszeit als Trainer der Ersten Mannschaft in der Saison 2005/06. „Es war eine ganz tolle Sache. Die Mannschaft hatte nicht die großen Namen, aber sehr viel Charakter und Disziplin. Noch heute kann ich es kaum glauben, dass wir damals auch die Greuther Amateure mit 1:0 aus dem Pokal geworfen haben“, reibt sich Bischoff noch heute die Augen, wenn er die Namen aus der damaligen Mannschaft liest, die sich eigentlich durchweg inzwischen in unteren Klassen wieder finden.


Mit Engagement bei der SacheImmer mit vollem Engagement bei der Sache: Michael Bischoff.
Foto: Zink

Schon während der Saison 2008/09 stand für Bischoff fest, dass sein siebtes Jahr als Trainer auch sein letztes bei der SG bleiben sollte. „Das Mannschaftsgefüge ließ sich nicht mit meinen Zielen vereinbaren“, begründet der 43-jährige seinen Wechsel von der Trainerbank in das Amt des Sportlichen Leiters. Mit Ablauf der Saison verlässt Bischoff die SG 83, um beim 1. FC Nürnberg im kommenden Jahr die B2-Junioren (U16) zu trainieren. Er freue sich auf die Zusammenarbeit im jahrgangsübergreifenden Trainerteam. Eine Aufgabe, in die er von Tag zu Tag mehr hineinwächst. Umso mehr nachdem seine Ära an der Regelsbacher Straße Mitte Juni nach über 30 Jahren endete und Thomas „Bulle“ Streng als sein Nachfolger installiert wurde.


Es war eine prägende Zeit, die mir sehr viel gegeben hat. Der Abschiedsschmerz ist nicht so groß, da ich mich mit einem langen Vorlauf darauf vorbereiten konnte.“ Die Verbindung zur SG 83 wird für das Wester Urgestein aus räumlicher Sicht bleiben, da er nur rund einen Kilometer vom Sportgelände entfernt mit seiner Familie wohnt. Frau Claudia bringt im Übrigen sehr viel Verständnis für die Leidenschaft ihres fußballbegeisterten Mannes auf – war sie sogar selbst schon als Spielerin, Betreuerin und G-Jugend-Trainerin im Verein tätig. Tochter Kim Laura dagegen hat den Ball lieber in der Hand als am Fuß und spielt bei den Handballerinnen des TSV Altenberg. Allzu häufig wird man Michael Bischoff bei der SG 83 aber wohl nicht mehr sehen, zum einen weil ihn der Trainerjob am Valznerweiher zeitlich bindet, zum einen, weil er „definitiv nicht als graue Eminenz oder Besserwisser am Sportplatz herumschleichen möchte“. Aber dennoch, die Verbundenheit zu seinem Heimatverein, das ist klar, wird weiter bestehen.


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