Ein weißer Fleck in Oberfranken: Spielkreis KC - mittelfristig keine Chance? - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 08.08.2016 um 06:00 Uhr
Ein weißer Fleck in Oberfranken: Spielkreis KC - mittelfristig keine Chance?
Mit dem Abstieg des SV Friesen aus der Landesliga am Ende der letzten Saison erreichte ein schleichender Prozess seinen vorläufigen Höhepunkt. Der Landkreis Kronach ist auf Verbandsebene von der oberfränkischen Fußballlandkarte verschwunden. anpfiff.info begab sich bei den Großen Drei auf Spurensuche…
Von Bernd Riemke
In den späten 1980er Jahren pilgerten durchschnittlich mehr als 2000 Zuschauer zu den Heimspielen des FC 08 Kronach in der Bayernliga. Karl-Heinz Riedle gab mit dem FC Augsburg seine Visitenkarte an der Hammermühle ab und Werner Lorant schmiss seine Glimmstengel als Trainer des SV Heidingsfeld auf den heiligen Rasen des Frankenwaldes. In knapp 100 Partien in Deutschlands höchster Amateurliga feierten die Rothosen 18 Siege, ehe im Sommer 1989 der endgültige Abstieg in die Landesliga folgte. Dort kickte der SV Friesen seit der Jahrtausendwende insgesamt zwölf Spielzeiten lang und avancierte zum neuen Aushängeschild des Landkreises Kronach. Zu Zeiten der Bezirksoberliga spielten sich der SV Steinwiesen und der VfR Johannsithal ebenso ins überregionale Rampenlicht wie der SV Neuses und der SV Rothenkirchen. Letzterer spielte zehn Jahre in Oberfrankens Eliteliga –  und tritt inzwischen in einer Spielgemeinschaft mit dem FC Pressig an.

Heinrich Föhrweiser ist ein Mann der klaren Worte.
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Verbandsfußball ohne Kronacher Vertreter

Nach dem Abstieg des SV Friesen aus der Landesliga schickt der Landkreis Kronach erstmals seit einem halben Jahrhundert seine klassenhöchste Mannschaft lediglich in der Bezirksliga ins Rennen. Mit jenem SV Friesen, FC Mitwitz und ASV Kleintettau sind drei tapfere Musketiere übrig geblieben, die die Fahne des Frankenwald-Kreises hochhalten. Die Bezirksliga scheint indes bereits das Maß aller Dinge für die Kronacher Vereine zu sein. Die Meister der vergangenen Jahre in der Kreisliga konnten sich selten langfristig halten: SV Wolfers-/Neuengrün, TSV Ludwigsstadt, TSV Weißenbrunn – sie alle konnten sich genauso wenig etablieren wie auch die Renaissance des FC Kronach nur von kurzer Dauer sein sollte. Der TSV Steinberg brachte es immerhin auf die verflixten sieben Jahre, doch der weiße Fleck, den der Landkreis Kronach auf der oberfränkischen Verbandsfußballkarte darstellt, er scheint auf Jahre hinaus Bestand zu haben…

Wegfall des Stützpunktes als Anfang vom Ende

Harald Weißbrodt: "Vor zehn Jahren hatten wir noch vier eigene Jugendmannschaften in Mitwitz."
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Zehn Jahre lang trainierten vielversprechende Talente in Hummendorf bis der einzige Stützpunkt des Landkreises Kronach im Sommer 2012 seine Pforten schließen musste. „Nun werden die Jugendlichen nach Hof, Bayreuth oder Coburg gefahren und die Eltern nehmen diese zusätzliche Belastung auf sich, damit ihre Kinder eine adäquate fußballerische Ausbildung bekommen.“ Alexander Graf, Vorsitzender des SV Friesen, sieht in dieser Abwanderungswelle der großen Talente im Nachwuchsbereich einen der Hauptgründe für die fehlende Konkurrenzfähigkeit der Kronacher Mannschaften auf Verbandsebene . Ein Blick auf die Juniorenabteilungen der drei verbliebenen Bezirksligisten bestätigt ihn. Während der ASV Kleintettau bereits seit vier Jahren keine Nachwuchsmannschaft mehr gemeldet hat, gründete der SV Friesen vor zwei Spielzeiten eine JFG mit dem FC Stockheim und auch der FC Mitwitz agiert im B- und A-Juniorenbereich in einer SG mit TSF Theisenort und TSV Küps. Heinrich Föhrweiser, Trainerurgestein und in der Saison 1987/88 für den FCK in der Bayernliga aktiv, nimmt in dieser Hinsicht jedoch auch die Vereine in die Pflicht. „Es gibt viele Konkurrenzsportarten. Da kommen die Kinder heute nicht mehr alleine zum Fußball. Die Verantwortlichen müssten mehr hausieren gehen – aber ich denke, es ist schon fünf nach zwölf“, schildert Föhrweiser die Besorgnis erregende Entwicklung, an deren Ende der Fußball in Kronach zu Grabe getragen werden könnte.

Strukturschwäche als Standortnachteil

Alexander Graf und der SV Friesen waren die letzten Mohikaner des Landkreises - bis zum Sommer 2016.
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Aufgrund der demografischen Entwicklung fehlt es schließlich nicht nur an Kindern für die Jugendmannschaften, der Mangel an Fußballern setzt sich in den Herrenmannschaften fort und wird durch dürftige berufliche Perspektiven verstärkt.  „Die Strukturschwäche des Landkreises Kronach bedingt, dass junge Leute in den Großraum Bamberg/‘Erlangen/Nürnberg ziehen und sich dort natürlich auch einen Verein suchen“, beschreibt Harald Weißbrodt, Sportlicher Leiter des FC Mitwitz, einen weiteren der so genannten Push-Faktoren, der sowohl für den Arbeitsmarkt wie auch für das Hochschulangebot zutrifft. Die räumliche Nähe nach Thüringen scheint sich indes ebenso wenig positiv auszuwirken. „Wir halten die Augen schon offen, tun das aber vielleicht noch zu wenig“, schlagen Alexander Graf und Harald Weißbrodt in die gleiche Kerbe. Einzig der ASV Kleintettau nutzt seine grenznahe Lage und verpflichtet regelmäßig ambitionierte Kicker aus dem Nachbarbundesland. „Wir erhöhen unseren Ausländeranteil mit Spielern aus Lichtenfels, Coburg oder Mönchröden und hoffen, dass von deren guter Jugendarbeit ab und zu ein Spieler für uns abfällt“, versucht Harald Weißbrodt der Nachwuchsbrache in Kronach entgegenzuwirken.

Ohne Moos nix los?

In Ermangelung einer klaren sportlichen Nummer 1 im Landkreis Kronach scheinen sich – aus historisch gewachsenen Gründen – manche Vereine auf dem Weg zum neuen Aushängeschild selbst im Wege zu stehen. „Wir bekämpfen uns selber, weil einer auf den anderen neidisch ist“, beklagt Föhrweiser die Haltung manch Verantwortlicher, vielversprechende Talente zwingend im eigenen Verein halten zu wollen, anstatt ihnen nicht nur die Möglichkeit zu geben, in einen höherklassigen Verein zu wechseln, sondern sie darin sogar zu ermutigen. So wechseln sich unterschiedliche Vereine, die kurzfristige Höhenflüge feiern und genießen, in regelmäßigen Abständen ab. An fehlenden finanziellen Möglichkeiten machen die befragten Vereinsvertreter die ausbleibende Konstanz der Kronacher Spitzenvereine jedoch nicht fest. Der TSV Ebensfeld, der es vorwiegend mit eigenem Nachwuchs und Talenten aus der Region bis in die Landesliga geschafft hat ohne seine Identität des „kleinen Dorfvereins“ aufzugeben, sei hierzu ein nachahmenswertes Beispiel.

Neben zwei Regionalligisten (rot) und zwei Bayernligisten (gelb) beherbergt der Bezirk Oberfranken elf Landesligisten (blau) - der Kreis Kronach geht dabei leer aus.
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Die Kreisklasse als neue Kreisliga?

Dass der Landkreis Kronach überhaupt mindestens einen Vertreter jährlich in die Bezirksliga schickt, ist seit der Spielkreisreform längst nicht mehr gesichert. „Die Kreisliga Kronach stirbt einen langsamen Tod“, verweist Harald Weißbrodt jetzt schon auf sechs Exil-Coburg/Lichtenfelser, die die Kreisliga Kronach sportlich zwar bereichern, die Teams aus der Frankenwald-Region jedoch sukzessive verdrängen. In den letzten drei Spielzeiten nahmen an der Relegation zur Bezirksliga mit SG Roth-Main, SCW Obermain sowie jüngst dem TSV Marktzeuln bereits drei Nicht-Kronacher Vereine teil. Nicht nur Heinrich Föhrweiser fürchtet, dass „in fünf bis sechs Jahren die Kreisklasse unsere Kreisliga ist“. Mit dem TSV Ludwigsstadt spielt dort schon jetzt nur ein noch ein klassischer Vertreter des oberen Frankenwaldes. „Die Stärke der Kreisligen nimmt insgesamt von Nord nach Süd zu“, wirft Alexander Graf einen Blick über den Tellerrand hinaus und erfährt Bestätigung durch Heinrich Föhrweiser, der den Landkreis Kronach lediglich in einer Vorreiterrolle sieht. Den angrenzenden Land- und Spielkreisen aus Coburg und Lichtenfels steht nach Ansicht des 52-jährigen Übungsleiters eine ähnliche, zeitlich verzögerte, Entwicklung bevor.

Christian Ruß (ASV Kleintettau) hält Fusionen im großen Stil für wenig zielführend.
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FC Kronachtal (k)eine echte Lösung

In der Vestestadt Coburg schickten sich einst der VfB und die konkurrierende DJK/Viktoria an, durch eine Fusion längst vergangene fußballerische Blütezeiten wiederzubeleben. „Dazu braucht es Vereine, die zusammenpassen. Nur, um auf Teufel komm raus Landesliga zu spielen, halte ich das für wenig sinnvoll“, hält Christian Ruß, Vorsitzender des ASV Kleintettau, ein solches Konstrukt für keine gangbare Alternative. Die räumliche Lage würde einen FC Kronachtal, in dem der FC Kronach, der SV Friesen und der TSV Steinberg aufgehen könnten, zwar durchaus plausibel erscheinen lassen, doch die Aussicht, gewachsene Strukturen zugunsten einer Fusion – die einen künftigen Erfolg keinesfalls garantiert – aufzubrechen, dürfte die Verantwortlichen solcher Traditionsvereine wohl kaum in ernsthafte Überlegungen stürzen. Zumal es sich im Landkreis Kronach – anders als bei innerstädtischen Partnern in Coburg oder Bamberg – auch um gemeindeübergreifende Fusionen handeln würde, wie Alexander Graf zu Bedenken gibt. Fusionen beziehungsweise Spielgemeinschaften wird es in Zukunft wohl vor allem in den Vereinen geben, die aufgrund von Spielermangel förmlich dazu gezwungen werden. Sinnbildlich dafür steht Gehülz. Obwohl der Fahrstuhl des ATSV in den vergangenen Jahren nie über die Kreisklasse hinausfuhr, ging der benachbarte FC zur Saison 2015/16 in einer SG mit dem FC Kronach 2 auf. Trotz bestem Einvernehmen untereinander, scheint selbst eine Fusion in den eigenen Ortsgrenzen unmöglich. „Die Entwicklung wird sich eher verschlechtern als verbessern“, orakelt Harald Weißbrodt, der am ehesten dem SV Friesen die Rückkehr in die Landesliga zutraut, darin aber auch das Ende der Fahnenstange sieht.“Bayernliga im Landkreis Kronach? Die Zeiten sind vorbei!“

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Daten SV Friesen

SV Friesen 1920 e.V.
Gründung: 1920
Mitglieder: 560
Farben: grün-weiß
Abteilungen: Fußball, Tennis, Tischtennis


Daten FC Mitwitz

FC Mitwitz 1921 e.V.
Gründung: 29.04.1921
Mitglieder: 350
Farben: blau-weiß
Abteilungen: Fußball

Daten ASV Kleintettau

ASV Kleintettau
Gründung: 1948
Mitglieder: 201
Farben: orange-weiß
Abteilungen: Fußball, Tischtennis

Bilanz SV Friesen

Saison
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2024/25
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2. 
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2010/11
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5. 
Landesliga Nord
 
2007/08
3. 
Landesliga Nord
2006/07
10. 
Landesliga Nord
 
Zwölf Spielzeiten lang spielte der SV Friesen seit der Jahrtausendwende in der Landesliga.

Bilanz FC Mitwitz

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16. 
Bezirksoberliga Oberfranken
2010/11
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Bezirksoberliga Oberfranken
2009/10
2. 
Bezirksliga Oberfranken West
2002/03 begann der rasante Aufstieg des FC Mitwitz, der die Steinachtaler bis in die Bezirksoberliga führte.

Bilanz ASV Kleintettau

Saison
Pl. 
Liga
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Kreisklasse 4 Coburg-Kronach-Lichtenfels
 
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Bezirksliga Oberfranken West
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Bezirksliga Oberfranken West
2015/16
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18. 
Bezirksliga Oberfranken West
2012/13
14. 
Bezirksliga Oberfranken 2
 
Der ASV unternimmt seinen zweiten Anlauf, sich in der Bezirksliga zu etablieren.

Bilanz FC Kronach

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2004/05
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2003/04
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Kreisliga Kronach
 
2002/03
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Kreisliga Kronach
 
2001/02
17. 
Bezirksliga Oberfranken West
2000/01
17. 
Bezirksoberliga Oberfranken
1999/00
8. 
Bezirksoberliga Oberfranken
 
1998/99
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Bezirksoberliga Oberfranken
 
1997/98
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Landesliga Nord
1996/97
10. 
Landesliga Nord
 
1995/96
12. 
Landesliga Nord
 
1994/95
1. 
Bezirksoberliga Oberfranken
1993/94
18. 
Landesliga Nord
1992/93
9. 
Landesliga Nord
 
Nach einem einjährigen Gastspiel 1970/71 kehrte der FC Kronach Ende der 1980er Jahre noch einmal in die Bayernliga zurück. Seit der Jahrtausendwende spielen die Rothosen überwiegend auf Kreisebene.

Bilanz SV Rothenkirchen

Saison
Pl. 
Liga
2024/25
3. 
Kreisklasse 4 Coburg-Kronach-Lichtenfels
 
2012/13
8. 
Kreisliga Kronach
 
2012/13
1. 
A-Klasse 3 Kronach
2011/12
5. 
Kreisliga Kronach
 
2010/11
4. 
Kreisliga Kronach
 
2009/10
4. 
Kreisliga Kronach
 
2008/09
3. 
Kreisliga Kronach
 
2007/08
2. 
Kreisliga Kronach
1998 endete für den SV Rothenkirchen nach zehn Jahren Bezirksoberliga eine Ära. Es folgte der direkte Durchmarsch in die Kreisliga und 2015 der Gang in die SG mit dem FC Pressig.

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