Kristin Payne im Porträt: Das German Girl im Wilden Westen - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 27.08.2014 um 06:00 Uhr
Kristin Payne im Porträt: Das German Girl im Wilden Westen
MAGAZIN „Die Frau, die in die Wüste ging und mit der Schrotflinte schoss“ – so könnte ein Romantitel von Jonas Jonasson lauten und er würde perfekt auf die 20-Jährige Mittelfeldakteurin des SV Wernsdorf treffen, die mit acht Toren in einem Spiel einen sagenhaften Rekord aufstellte und zudem glaubhaft versichert, dass Fußball eben keine Kopfsache ist …
Von Bernd Riemke
„Ich bin ein Dickkopf und wollte einfach Abstand von meinem normalen Leben haben!“  Ende September 2011 packte Kristin Payne beinahe buchstäblich über Nacht ihre Koffer und flog kurzerhand in die Vereinigten Staaten von Amerika. Gerade 17 Jahre jung geworden trug sich die Gymnasiastin sogar kurzzeitig mit dem Gedanken die Schule abzubrechen, doch das gute Zureden der Sekretärin und der Lehrerschaft des Dientzenhofer-Gymnasiums in Bamberg sorgten dafür, dass Kristin Payne sich lediglich für ein Jahr vom Unterricht befreien ließ. Ein Ziel hatte sie klar vor Augen. Ihr Vater war als US-Soldat in Deutschland stationiert und zwischenzeitlich in die Heimat zurückgekehrt. So landete Kristin Payne in der Nähe von Phoenix im Bundesstaat Arizona und besuchte dort folgerichtig die Highschool. „Da geht es genauso zu wie in den Filmen. An einem Tisch sitzen die Cheerleader, an einem anderen die Football-Spieler. Ich hab mich in dem großen Speisesaal einfach dazugesetzt, denn am 1. Tag war ich als Neue sowieso das  Schulgespräch“, erinnert sich die Frau, die sowohl die deutsche, wie auch die amerikanische Staatsangehörigkeit besitzt an einen klischeehaften ersten Eindruck, der sich in den folgenden Wochen und Monaten zumindest stückweise bewahrheiten sollte. „Man muss schon aufpassen, mit wem man sich anfreundet“, kann das German Girl den gleichaltrigen amerikanischen Schulmädchen eine gewisse Oberflächlichkeit nicht absprechen. Im Laufe der Zeit fand sie jedoch die richtigen Freunde und möchte die Erfahrung rückblickend nicht missen. „Das Leben in den USA ist leichter, die Menschen sind offener und ich habe meine Freunde sehr lieb gewonnen“, sehnt sich Kristin Payne nicht nur nach dem Sonnenschein im Wüstenstaat Arizona manchmal zurück. Nach Reisen quer durch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten über New York, New Jersey, Washington, Oregon,  Utah, Wyoming, Colorado und New Mexico blieben unvergessliche Erlebnisse hängen. So auch die Erinnerung an blaue Schultern, die sie sich bei regelmäßigen Schießübungen mit einer 9mm Schrotflinte aufgrund des zu starken Rückstoßes zuzog oder die Tatsache, dass ihr Papa sich nach einem Deutschland-Trip aus dem nördlichen Canada zurückmeldete, Tochter Kristin aber bei ihren Freunden in den USA bleiben wollte. „So bin ich reifer, selbständiger und einfach schneller erwachsen geworden“, schildert die heute 20-Jährige die turbulenten Wochen, in denen sie neben der Schule plötzlich auch einen Haushalt alleine schmeißen und dabei nach einem Wochenende in absoluter Dunkelheit lernen musste, wie man  in den USA eine Stromrechnung bezahlt.

Typisch! Mit Tempo zieht Kristin Payne (li.) an ihren Gegenspielerinnen vorbei.
anpfiff.info

Von der 2nd Base zum Elfmeterpunkt

Nach elf Monaten war es dennoch an der Zeit, die Reise zurück über den großen Teich anzutreten. „Die Vernunft hat gesiegt. Ich wollte hier meine Ausbildung abschließen und somit eine gewisse berufliche Sicherheit gewinnen“, erklärt das Sprachtalent, das neben deutsch und englisch auch fließend italienisch spricht und in der Schule Latein gelernt hat, die Beweggründe, die im August 2012 zum Abschied aus der USA führten. Einem, der freilich nicht endgültig sein soll, denn nach dem Abitur strebt sie einen neuerlichen Trip in die Vereinigten Staaten an bevor sie sich mit dem Gedanken trägt, Zahnmedizin zu studieren. „Ich liebe es zum Zahnarzt zu gehen“, begründet die gebürtige Bambergerin ihre Berufswahl, die auf dem Fußballplatz eher den gegnerischen Verteidigerinnen mit ihren Tempodribblings den Zahn zieht. Über Ballett, Tennis, Leichtathletik oder Kickboxen hat die gebürtige Bambergerin schon  diverse Sportarten ausprobiert. Auch Baseball kam dabei nicht zu kurz. Bedingt durch die Tatsache, dass ihr Papa in der deutschen Nationalmannschaft gespielt hat, kam auch Klein-Kristin zum Sport der „Boys of Summer“ und überzeugte in Memmelsdorf aufgrund guter Fangtechnik und ihrer Schnelligkeit auf der 2nd Base. Inzwischen ist der Ball ein wenig größer und Handschuhe tragen nur noch die gegnerischen Torfrauen, die ihre Elfmeter aus dem Netz fischen. Im Fußball hat Kristin Payne auf jeden Fall ihre neue Leidenschaft gefunden. Schon nach ihren ersten Gehversuchen im Alter von zwölf Jahren wurde sie von den Mädels des SV Wernsdorf zum Bleiben überredet. „Weil ich es einfach konnte“, schmunzelt der wieselflinke Blondschopf und genießt inzwischen den kameradschaftlichen Zusammenhalt. „Aus Mitspielerinnen sind Freundinnen geworden“, schätzt die 20-Jährige das familiäre Umfeld und vor allem den Teamgeist bei ihren Blau-Weißen Damen.

Nicht nur mit dem Ball am Fuß macht die 20-Jährige eine gute Figur.
anpfiff.info

Fußball ist (k)eine Kopfsache

Dieser treibt sie auch auf dem Platz zu immer neuen Höchstleistungen an. Unvergessen sind ihre sage und schreibe acht Treffer in einer einzigen  Partie, die sie in der vergangenen Spielzeit beim 19:0-Kantersieg beim 1.FC Lichtenfels erzielte. In bislang vier Spielzeiten für den SV Wernsdorf gelangen ihr in 44 Partien 17 Treffer und kein einziges davon erzielte sie per Kopf. „Ich köpfe nicht. Davon kriege ich Kopfschmerzen“, schmunzelt die Flügelitzerin, die ohnehin weniger durch robuste Zweikampfhärte als vielmehr durch eine elegante Technik zu überzeugen weiß. Sie genießt den Freiraum im zentralen Mittelfeld, lässt sich gerne etwas zurückfallen, um sich die Bälle aus der eigenen  Defensive zu holen und dann mit Tempo nach vorne zu tragen. Dabei kommt es durchaus vor, dass sie nur durch ein Foulspiel gestoppt werden kann. Eine Tatsache, die sie klaglos hinnimmt, im Umkehrschluss aber nicht zu unfairen Mitteln greifen möchte. „Ich habe noch nie eine gelbe oder rote Karte bekommen“, versichert Kristin Payne glaubhaft, die Fußball spielt, um Spaß zu haben, sich auszutoben und so ganz nebenbei erfolgreich zu sein. Gescheitert ist sie freilich daran, ihren zwei besten Freunden Frauenfußball schmackhaft zu machen. „Sie schauen mir zwar hin und wieder zu, finden es aber schrecklich!“ Schrecklich sympathisch und voller Lebensfreude kommt indes Kristin Payne daher, die  mit  gerade einmal zwanzig Jahren auf eine durchaus bewegte Jugend zurückblicken kann und dem SV Wernsdorf sicher auch in Zukunft viel Freude bereiten wird!


Kommentar abgeben

Kommentare werden unter Deinem Nicknamen und erst nach Prüfung durch die Redaktion veröffentlicht.

Leser-Kommentare

Steckbrief K. Payne

Kristin Payne
Alter
30
Geburtsort
Bamberg
Wohnort
Bamberg
Familie
in Beziehung
Nation
Deutschland
Größe
160 cm
Beruf
Pflegewissenschaftlerin
Hobbies
mit Freunden treffen.
Starker Fuß
Rechtsfuß
Lieb.-Position
offensives Mittelfeld
Erfolge
Aufstieg in die Bezirksliga 2012.


Entweder...oder

Highheels oder Fußballschuh
Wenn ich abends ausgehe ziehe ich auf jeden Fall Highheels an, denn sonst bin ich entschieden zu klein.
Highschool oder Gymnasium
Obwohl das Niveau an einer Highschool nicht mit dem eines Gymnasiums zu vergleichen ist, ist das schwierig zu sagen. In den USA kommt es leider viel zu sehr darauf an, wie du dich kleidest und ob du im Sport eine gute Figur machst. In Deutschland ist es auch durch unser Vereinsleben viel leichter, Leute außerhalb der Schule kennenzulernen.
Englisch oder Deutsch
Englisch ist leichter und hört sich auch besser an. Die Amerikaner haben immer gesagt, dass ich mich böse angehört habe, wenn ich nach Deutschland telefoniert habe und deutsch gesprochen habe.
Wüste oder Bayerische Berge
Ich war schon auf der Zugspitze zum Skifahren und habe das echt genossen, aber die endlose Wüste und der Sonnenschein gefallen mir eindeutig besser.
Mc Donald's oder Mama
Ich bin Vegetarierin, esse aber ab und zu Putenfleisch. Am liebsten esse ich gebratenes Gemüse oder Tofuburger. In den USA war ich am liebsten bei Wendys, die hatten die besten Pommes weit und breit. Wenn ich selber koche, schaue ich einfach im Internet nach Rezepten und probiere diese dann aus.

Saisonbilanz K. Payne

 
24/25
2
2
0
1
R
0
0
23/24
12
7
0
0
R
0
0
22/23
4
1
0
2
R
0
0
21/22
13
5
0
1
R
0
0
19/21
9
3
3
0
R
0
0
18/19
15
6
0
0
2
0
0
17/18
5
5
0
0
1
0
0
16/17
14
4
1
1
R
0
0
15/16
16
4
0
0
R
0
0
14/15
12
3
0
1
R
0
0
13/14
12
9
0
0
2
0
0
12/13
16
2
0
0
4
0
0
11/12
7
5
0
0
R
0
0
10/11
9
1
0
2
R
0
0
Gesamt
146
57
4
8
9
0
0

Spielstenogramm

Tore: 0:1 Payne (3.), 0:2 Linsner (5.), 0:3 Payne (20.), 0:4 Linsner (22.), 0:5 Herbst (23.), 0:6 Eigentor (30.), 0:7 Linsner (35.), 0:8 Schardig (39.), 0:9 Herbst (42.), 0:10 Sauer M. (44.), 0:11 Payne (52.), 0:12 Payne (59.), 0:13 Essel F. (62.), 0:14 Payne (64.), 0:15 Arleth (69.), 0:16 Arleth (72.), 0:17 Payne (76.), 0:18 Payne (79.), 0:19 Payne (80.)
Zuschauer: 30 | Schiedsrichter: Patrick Lauer (SV Großgarnstadt)
Unglaubliche acht Treffer gelangen Kristin Payne in der letzten Saison beim Gastspiel in Lichtenfels. Für ihren Hattrick zum Endstand benötigte sie gerade einmal vier Minuten.

Bilder-Galerie



Diesen Artikel...