Ein Leserbrief von Peter Müller: Die neue Abstiegsregelung der Bayernliga - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 01.07.2014 um 06:00 Uhr
Ein Leserbrief von Peter Müller: Die neue Abstiegsregelung der Bayernliga
In einem Leserbrief hat sich der langjährige Funktionär Peter Müller an die Presse gewandt, indem er seinen Ärger über den neuen Relegationsmodus des BFV für die Bayernliga kund tut. anpfiff.info kommt der Bitte nach Veröffentlichung gerne nach und hat auch den BFV - in Person von Pressesprecher Thomas Müther - um eine Stellungnahme gebeten.
Von Sebastian Baumann
Peter Müller war lange Jahre einer der Köpfe hinter dem Erfolg des 1. FC Burk, der einst wie Phönix aus der Asche von der C-Klasse bis in die BOL durchstartete. Der langjährige Funktionär beschäftigt sich immer wieder mit dem lokalen Amateurfußball und hat schon einmal mit einem Leserbrief für einige Aufmerksamkeit gesorgt. Jetzt macht sich Peter Müller Gedanken zu dem neuen Relegationsmodus des BFV in der Bayernliga und auch zur Relegation im Allgemeinen.

Peter Müllers Leserbrief

Peter Müller
anpfiff.info
"Manchmal kann man über Entscheidungen des Bayerischen Fußball-Verbandes nur noch den Kopf schütteln! Als neuester „Geistesblitz“ aus der scheinbar unerschöpflichen Ideenschmiede in München wurde jetzt eine neue Variante der Abstiegsrelegation für die Bayernliga beschlossen. Es soll nur noch einen Direktabsteiger geben und jeweils vier (!) Vereine der Bayernliga Nord und Süd gehen in die Relegation mit den Landesligazweiten. Laut Pressebericht der Nordbayerischen Nachrichten vom 23.06.2014 über die Bayernliga-Tagung in Eltersdorf sollen diese zwölf Mannschaften in drei Gruppen mit jeweils vier Vereinen drei freie Bayernliga Plätze ausspielen. War schon die letztjährige Entscheidung des BFV mit Vor- und Rückspiel ab der Landesliga aufwärts unverständlich, so wird den Ausscheidungsspielen durch die Gruppenspiele nun endgültig der besondere Reiz genommen. Für neutrale Zuschauer waren diese Spiele früher doch gerade deshalb interessant, weil auf jeden Fall eine Entscheidung gefallen ist.

Außerdem wird auch der sportliche Aspekt, dass die Leistung einer ganzen Saison über den Abstieg entscheidet, aus meiner Sicht durch so einen absurden Modus komplett ausgehebelt. So könnte beispielsweise in der Bayernliga ein Verein zehn Punkte mehr auf dem Konto haben als der drei Ränge hinter ihm platzierte Tabellenvorletzte und muss dann eventuell doch absteigen, weil er vielleicht auf Grund von Verletzungen oder Urlaub einiger Spieler personell geschwächt in die Relegation gehen muss.

Es stellt sich die Frage, warum die Verantwortlichen des Bayerischen Fußball-Verbandes ständig an dem über Jahrzehnte bewährtem Spielsystem herumexperimentieren und Jahr für Jahr die Zahl der Ausscheidungsspiele erhöhen. Meiner Meinung nach will der BFV unter dem Vorwand, den Vereinen etwas Gutes zu tun, mit solchen Entscheidungen seine ohnehin schon gute Einnahmequelle noch stärker sprudeln zu lassen. Denn bekanntlich kassiert der Verband ja bei jedem Relegationsspiel von der B-Klasse bis zur Bayerliga stattliche 15 % der Einnahmen. Dass dabei aber der Reiz und langfristig sicher auch das Interesse auf der Strecke bleiben, interessiert die Verantwortlichen in München scheinbar wenig.
Mit Sicherheit nicht optimal war heuer auch der Modus der Bezirksliga-Relegation im Bezirk Mittelfranken. Aus sportlicher Sicht ist es doch ein Unding, dass der SC Adelsdorf sein Ausscheidungsspiel gegen den FC/DJK Weißenburg gewinnt, aber eine Woche später gegen den gleichen Verein noch einmal antreten muss und dann nach einer Niederlage ausscheidet. Bei sechs Teams und nur einem Aufsteiger ist es eigentlich nicht nachvollziehbar, dass selbst der Verlierer noch eine Chance hat und sich am Ende dann sogar durchsetzt.

Ein weiteres Problem ist zweifellos auch, dass der Punktspielstart zwischen den höheren Ligen und auf Kreisebene inzwischen fast schon vier Wochen auseinanderdriftet. Dadurch entsteht für manche Relegationsteilnehmer teilweise eine unzumutbare Terminsituation. Einige Vereine müssen praktisch übergangslos vom letzten Saisonspiel in die Vorbereitung für die neue Spielzeit durchstarten. Wie sollen sich die Spieler dieser Teams nach einer langen Saison und kräfteraubenden Ausscheidungsspielen in den Knochen ohne längere Pause vernünftig und mit der notwendigen Lust auf Fußball für die neue Saison vorbereiten? Oft ist eher das Gegenteil der Fall, denn die betreffenden Vereine müssen dann ausgebrannt und mit einem erheblichen Handicap in die neue Spielzeit gehen. Über diese Problematik sollte sich der BFV vielleicht einmal Gedanken machen, anstatt ständig neue Variationen der Relegation aus dem Hut zu zaubern.

Für alle Fußball-Anhänger in der Region gehörten die Relegationsspiele um den Auf- und Abstieg früher zu den absoluten Highlights und waren oft der krönende Abschluss einer Saison. Leider ist bis auf wenige Ausnahmen davon nicht mehr viel übrig geblieben. Der lokale Charakter in den unteren Ligen, der den eigentlichen Reiz dieser Begegnungen ausmachte, ist durch die Zusammenlegung der Spielkreise weitgehend verloren gegangen. Wie positiv sich die örtliche Nähe der Gegner auf das Interesse auswirkt, zeigen die hohen Zuschauerzahlen der Spiele ASV Weisendorf – SV Poxdorf und DJK Kersbach – SV Poxdorf mit jeweils 1200 Zuschauern.

Auch wenn dem Kreisspielleiter durch die Vorgaben des BFV wahrscheinlich die Hände gebunden sind, wäre es vielleicht doch einmal eine Überlegung wert, die Paarungen nicht im gesamten Spielkreis auszulosen, sondern auf zwei Regionen unter lokalen Gesichtspunkten aufzuteilen. Dadurch könnte man solche Spiele wie z.B. DJK Kersbach – TV Leinburg (Kreisliga-Relegation) und in der Kreisklassen-Qualifikation SpVgg. Heßdorf II - SK Heuchling vermeiden. In beiden Fällen liegen die beiden Orte ca. 45 Kilometer auseinander und dadurch müssen natürlich auch die Zuschauer beider Vereine relativ weit zum neutralen Spielort fahren."

Thomas Müther
anpfiff.info

Die Antwort des Verbandes zum Relegationsmodus

Für anpfiff.info hat sich BFV-Pressesprecher Thomas Müther Zeit genommen und ist auf den Leserbrief eingegangen.

"Entgegen der Darstellung von Herrn Müller gilt für die Relegation zwischen der Bayernliga und der Landesliga folgender Modus: In der Bayernliga Süd (19 Mannschaften) gibt es zwei Direktabsteiger (nicht einen), in der Bayernliga Nord (18 Mannschaften) einen Direktabsteiger. Aus beiden Bayernligen nehmen die Mannschaften auf den Plätzen 15-17 an der Relegation teil, hinzu kommen der schlechter platzierte Tabellenvierzehnte der beiden Bayernligen sowie die fünf Landesligazweiten (insgesamt  zwölf Mannschaften). Diese Vereine werden auf drei Vierergruppen aufgeteilt. Die Einteilung erfolgt auf Wunsch der überragenden Mehrheit der Bayernliga-Klubs nach regionalen Gesichtspunkten (32 Vereine dafür) und nicht per bayernweiter Gruppenauslosung (5 Vereine dafür), auch wenn dadurch ggf. mehrere Bayernligisten keinen Landesligisten zugelost bekommen.

Entgegen dem im Leserbrief suggerierten Eindruck, es fänden Gruppenspiele nach dem Modus „jeder-gegen-jeden“ statt, wird in den Gruppen in zwei Runden mit Hin- und Rückspiel nach Europapokal-Modus gespielt. Die Sieger der beiden Duelle der 1. Runde spielen in der zweiten Runde je Gruppe einen Bayernliga-Platz aus (ebenfalls Hin- und Rückspiel).

Die Austragung der Relegationsspiele im Europapokal-Modus mit Hin- und Rückspiel wird von vielen Vereinen ausdrücklich begrüßt und hat sich in den letzten Jahren als attraktive Relegationsvariante bewährt. Eindeutiger Beleg dafür sind die konstant hohen Zuschauerzahlen bei den Relegationsspielen. "

Der Verband zum "absurden Modus"

"Aus Sicht des deutlich besser platzierten Vereins ist diese Argumentationslinie durchaus nachvollziehbar. Insgesamt sorgen aber drei Relegationsplätze pro Bayernliga (plus ein Platz für den besseren 14.) bis zum Schluss für einen deutlich spannenderen Saisonverlauf als bei einer Alternative mit analog drei Festabsteigern, weil die Vereine am Tabellenende statt eines ggf. schon besiegelten Abstiegs noch die Möglichkeit haben, die Relegation zu erreichen."

Der Verband zum Vorwurf des "Herumexperimentierens"

"Die BFV-Spitze, der Verbands-Spielausschuss und die zuständigen BFV-Funktionäre auf Kreis- und Bezirksebene machen sich im Austausch mit den Vereinen kontinuierlich Gedanken über das Spielsystem und den Relegationsmodus. Oberstes Ziel ist es, den Amateurfußball so attraktiv wie möglich zu gestalten und darzustellen. Die Relegations-/Entscheidungsspiele zählen ohne Zweifel zu den attraktivsten und spannendsten Partien, die der Amateurfußball überhaupt zu bieten hat. Das belegen Jahr für Jahr insbesondere die eindrucksvollen Zuschauerzahlen, egal, ob es um die Relegation zur Regionalliga Bayern oder die Relegation auf Kreisebene geht.

Für die an der Relegation teilnehmenden Klubs oder die Ausrichtervereine sind diese Partien auch wirtschaftlich von besonderer Bedeutung, jeder Verein kann diese Zusatzeinnahmen sehr gut in seiner Kasse gebrauchen. Mit der 15 Prozent Abgabe an den BFV deckt der Verband zunächst einmal seine Kosten für die Organisation der Relegation. Niemand steckt sich beim BFV mit diesen Einnahmen die Taschen voll, sondern die Gelder kommen über die vielfältigen Dienstleistungen und Serviceangebote des BFV (z.B. kostenlose Schulungen in Theorie und Praxis für Vereinsmitarbeiter, EDV-Angebote wie der Elektronische Spielbericht oder "Pass Online") letztlich wieder den Vereinen und damit dem Amateurfußball zugute.

Dass der Reiz der Relegationsspiele und das Interesse - wie im Leserbrief dargestellt - auf der Strecke bleiben, ist aktuell schlichtweg falsch. Auch das zeigen die bayernweiten Zuschauerzahlen. Gerade die Relegationsspiele bieten in der bundesligafreien Zeit, wenn der Profifußball ruht, den Vereinen die Chance, echte Amateurfußball-Events zu gestalten, Zuschauer zu akquirieren und Werbung für den Verein zu machen. Das ist während der normalen Saison ungleich schwieriger. Zugleich erfährt der Amateurfußball auch medial mehr Aufmerksamkeit - viele Zeitungen/Online-Plattformen berichten ausführlich über die Relegation."

Die unterschiedliche Spielplangestaltung im Kreis und Bezirk

"Dass bei einer unterschiedlichen Spielplangestaltung auf Bezirks- und Kreisebene einige Vereine, die über die Relegation den Sprung nach oben schaffen, über eine sehr kurze Regenerations- und Vorbereitungsphase klagen ist nachvollziehbar. Mehrere Kreise/Ligen nutz(t)en heuer die Möglichkeit, bis zu drei Wochen länger im Mai/Juni zu spielen, um u.a. das zu dieser Jahreszeit bessere Wetter für den Fußball zu nutzen. Diesem Vorteil steht als Konsequenz aber an der Schnittstelle zwischen Kreis und Bezirk (sofern auf Bezirksebene der Spielplan anders ist) bei einer daran anschließenden Relegation auch der oben genannte Nachteil gegenüber.

Fakt ist: Der Wunsch nach einer langen Sommerpause zur Regeneration und Saisonvorbereitung auf der einen Seite ist praktisch nicht mit dem ebenfalls häufig geäußerten Wunsch vereinbar, möglichst viele Spiele in der schönen Jahreszeit auszutragen. Im Sommer lange pausieren, auf englische Wochen verzichten und keine Spiele in der kalten unbeständigeren Jahreszeit austragen, ist nahezu unmöglich.

Die Spielpangestaltung ist also zweifelsohne ein komplexes Thema, das der BFV auf allen Ebenen in den kommenden Monaten intensiv mit den Vereinen besprechen wird. Dabei müssen die bisherigen Lösungen diskutiert und auf den Prüfstand gestellt, aber auch völlig neue Ansätze der Spielplangestaltung (z.B. Regeneration generell im Winter?) ergebnisoffen diskutiert werden."

Der Verband zu der Relegation im Kreis

Die Relegations-/Entscheidungsspiele zählen – wie bereits ausgeführt – nach wie vor zu den „absolut Highlights“ und sind auch weiterhin „der krönende Abschluss einer Saison“. Für Ideen und Ansätze, wie die Attraktivität noch weiter gesteigert werden könnte, haben die zuständigen BFV-Mitarbeiter im Kreis jederzeit ein offenes Ohr. Noch einmal: Für die Auf-und Abstiegsregelungen und den Relegationsmodus in den Bezirken und Kreisen sind die Bezirke und Kreise des BFV eigenverantwortlich zuständig.

anpfiff.info bedankt sich bei Peter Müller über den Gedankenanstoß und bei Thomas Müther über seine ausfürhliche Antwort.

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