Die Macher des SC Heuchelhof konnten aus den Händen von Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein den vom Tesloff-Verlag gestifteten und mit 5000 Euro dotierten "Bildungspreis" der Deutschen Akademie für Fußballkultur entgegennehmen. Die elf Jurymitglieder unter Vorsitz von Laudator Norbert Niclauss, Referent beim Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), wählten das Projekt "M4all - Migrantenmädchen machen mit im Alltagssport" aus 64 Projekten, die sich beworben hatten. Professor Dr. Heinz Reinders, federführend verantwortlich für das Projekt, durfte mit vier seiner im Projekt involvierten jungen Damen nun den nach Max Morlock benannten "Max" in Empfang nehmen. "Ein großartiger Lohn für unsere Mühen" empfand der Macher. Wesentlich lockerer nahmen nachvollziehbarerweise die Mädels den Preis. "Wir spielen auch gegen Jungs Fußball" ließ sich eine der Nachwuchskickerinnen entlocken "und einmal haben wir sogar gewonnen" grinste sie Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein - einmal mehr in supersymphatischer Moderatorenlaune und bestens unterstützt von Nürnbergs OB Dr. Ulrich Maly, längst auch ein Urgestein der Akademie. Die konnte wie alle Jahre hohe Prominenz in der Tafelhalle begrüssen. Und eben auch die, die normalerweise nicht im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Wie der SC Heuchelhof.
Das Moderatoren-Team Dr. Ulrich Maly und Katrin Müller-Hohenstein.
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Was hat es mit M4all auf sich?
Der SC Heuchelhof ist der sportliche Mittelpunkt und soziale Integrationsort im Herzen des Heuchelhofs, Stadtteil im fränkischen Würzburg. Der Verein stellte sich die Frage, wie man besser an die Bewohnerinnen und Bewohner eines Stadtteils herankommt, in dem viele Menschen mit Migrationshintergrund und viele Kinder aus sogenannten bildungsfernen Familien leben. Der Verein will sich und dem Umfeld eine Chance für interkulturellen Austausch eröffnen und dabei alle Kinder fördern. Mit M4all ist ein Projekt entstanden, das Mädchen unterschiedlicher Herkunft und Wurzeln als ganze Persönlichkeiten versteht, sie durch das Mitspielen in einen Verein einbindet und auch durch das Miteinander der Kulturen interkulturelle Kompetenzen aller Kinder stärkt. Der SC Heuchelhof verlässt den Verein, um die Kinder zu gewinnen und bringt sie aktiv in den Verein hinein. Dabei soll nicht nur Bewegung, Spiel und Motorik als Teil der ganzen Persönlichkeitsentwicklung gefördert werden. Den Mädchen werden auch weitere neue Lernmöglichkeiten geboten. Dabei hat man sich fachliche Hilfe von verschiedenen Partnern geholt, denn M4all ist ein Netzwerkprojekt. Zielgruppe sind Mädchen zwischen sechs und 14 Jahren mit Migrationshintergrund. Seit September 2011 haben mehr als 80 Mädchen an Fußball-AGs, dem Vereinsangebot und der Hausaufgaben- und Lernhilfe des Projekts teilgenommen. Die Kooperationspartner sind unter anderem die Universität Würzburg, zwei Kindertagesstätten und zwei Grundschulen. Im Jugendfußball werden die Kinder von einer FSJlerin sowie 16 ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuern gefördert, die aus unterschiedlichen Herkunftsländern stammen und so eine wichtige Brücke zu den Familien mit Migrationshintergrund bilden.
Prof. Dr. Heinz Reinders (links) an der Seite von Günter Netzer und Dr. Ulrich Maly.
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Mit vielen Bausteinen zum Erfolg
Das Projekt M4all besteht aus mehreren Bausteinen, die der SC Heuchelhof zur Förderung der Zielgruppe anbietet und dabei von den drei Partnern mit der entsprechenden Expertise angeboten werden. Dazu zählen wöchentliche Fußball-AGs von Sportstudentinnen der Universität Würzburg für Mädchen an den Kitas und Grundschulen des Bezirks. Außerdem gibt es ein Fußball-Vereinsangebot für Mädchen von den G-Juniorinnen bis D-Juniorinnen als komplette Mädchenteams, die im Spielbetrieb der Junioren als „Heuchelhof Dragons“ gemeldet sind. An zwei Wochentagen vor dem Training bietet der SC Heuchelhof im Vereinsheim eine Hausaufgaben- und Lernhilfe durch Pädagogik-Studentinnen der Universität Würzburg an. Zur Motivation hat sich der SC Heuchelhof überlegt, dass die kontinuierliche Teilnahme an der Hausaufgaben- und Lernhilfe eine kostenfreie Teilnahme am Sommerfußball-Camp der Galopp Fußballakademie garantiert. Die Pädagogik-Studentinnen helfen außerdem bei Sprach- und Lernförderungen der Kitas und Schulen. Zu der kostenlosen Fußball-Schuhbörse für Kinder und Jugendliche bietet der SC Heuchelhof auch eine kostenlose Vereinsmitgliedschaft für Kinder aus sozial schwachen Familien an. Das Projekt setzt darauf, Kinder bereits im Kindergartenalter durch niedrigschwellige Angebote in Kitas und Schulen für Fußball auf spielerische und altersgerechte Art zu begeistern. Mädchen mit Migrationshintergrund stehen im Fokus, weil die russisch-, türkisch- und arabisch-stämmigen Jungen im Stadtteil laut den Initiatoren selbst den Weg zum Fußball finden. Eine typische Woche in dem Projekt sieht wie folgt aus: Montags und mittwochs Training, Sprach-, Lern- und Hausaufgabenhilfen durch die Pädagogik-Studentinnen. Dienstags gibt es die Fußball-AGs und eine Einzelförderung für die Sprache und das Lernen. Donnerstags findet nur die Sprach- und Lernförderung statt und freitags gibt es wieder die Fußball-AGs, ein Verbandsspiel und die Schuhbörse.
Günter Netzer nach seiner selbstkritischen Dankesrede an der Seite des Max - was er da wohl gerade in Gedanken reflektiert?
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Prominenz gibt sich ein Stelldichein
Neben den Heuchelhofern gab es vier weitere Preisträger zu küren. Ronald Reng wurde der Buchpreis zuteil. Am Beispiel des ebenfalls anwesenden Trainerdenkmals Heinz Höher schildert er in "Die andere Geschichte der Bundesliga" die 50jährige Historie der Belle Etage des deutschen Fußballs. Mit einem imposanten und nachdenklichen Comic ("Niemandsland") - er beschreibt die Magie des Balles in Kriegszeiten kurz, prägnant und mit hervorragender Feder gezeichnet - gewann Ralf Marczinczik den Fußball-Comic-Preis 2013. Der vom Publikum gekrönte Fußballspruch des Jahres kommt aus Stuttgart. VfB-Profi Patrick Funk tätigte ihn noch in Diensten des FC St. Pauli. "Links ist ähnlich wie recht, nur auf der anderen Seite" beschrieb er seine verschiedenen Tätigkeitsbereiche auf dem Feld doch eher etwas anders. Und da war da noch Günter Netzer. Der erhielt aus den Händen von Kicker-Herausgeber Rainer Holzschuh den Bensemannpreis 2013. Er steht damit in einer Reihe mit Uwe Seeler, Franz Beckenbauer, Otto Rehhagel, dem leider kürzlich verstorbenen Bert Trautmann, Alfredo Di Stefano, Cesar Luis Menotti und Bobby Charlton. Die Zahl der anwesenden Prominenz ist damit aber nur unzureichend erzählt. Den wohl bleibendsten Eindruck hinterließen die einmal mehr bestens gelaunte Ex-Grünen Chefin Claudia Roth und Trainerikone Dettmar Cramer. Sie alle zeigten sich begeistert. Auch vom Projekt M4all der Heuchelhofer. Und deren Ideen sind noch längst nicht erschöpft: Ab dem Schuljahr 2013/14 will der SC Heuchelhof außerdem nachmittags und abends ein offenes Sportangebot im Fußball, Basketball und auf der Half-Pipe für die vereinslosen Jugendlichen im Kiez anbieten.
anpfiff.info gratuliert den Machern des Projektes ganz herzlich und wünscht ein weiterhin gutes Händchen in der Vereinsarbeit!