Viel mehr als "Mach et, Otze!": Erich Rutemöller zu Gast bei der GFT - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 16.03.2012 um 06:00 Uhr
Viel mehr als "Mach et, Otze!": Erich Rutemöller zu Gast bei der GFT
Normalerweise werden die Spieler des Kreisliga-Dritten SV Hallstadt von ihrem Trainer Ralf Schmitt zu Übungseinheiten gebeten. Diesmal stand für die Keilings, Jamesons, Martins oder Heichels eine Abwechslung der besonderen Art auf dem Programm: sie hörten am Montagabend für etwas mehr als eine Stunde auf das Kommando des Ex-Bundesliga-Trainers Erich Rutemöller und schlüpften damit  in Rollen, die bereits Stars wie Bodo Illgner, Pierre Littbarski oder Horst Heldt innehatten. (UPDATE: Bilderstrecke!)
Von Markus Schütz
Auf Einladung des Vorsitzenden der Gemeinschaft oberfränkischer Fußballtrainer (GFT), Heinz Eger, reiste der langjährige DFB-Coach und Chefausbilder Rutemöller zum Sportgelände des SV Hallstadt, wo er in einer Praxisvorführung mit anschließendem Theorieteil das ‚Umschalten von Abwehr auf Angriff und umgekehrt‘ und die ‚Motivation im Fußballsport‘ zu seinen Themen machte. Mehr als 200 interessierte Fußballtrainer aus ganz Oberfranken und quer durch alle Amateurligen ließen sich den Auftritt nicht entgehen und brauchten ihr Kommen nicht zu bereuen, wie auch Heinz Eger am Ende des Vortrags in der bis auf den letzten Platz gefüllten Hallstadter Sportgaststätte Maastümpfl zufrieden attestierte: „Erich Rutemöller wurde sowohl dem großen Anspruch an ihn, aber auch dem großen Zuspruch, den diese Veranstaltung fand, mehr als gerecht“. Wir hatten die Gelegenheit, vor und nach der Veranstaltung mit Erich Rutemöller zu sprechen.

Erich Rutemöller bei der Begrüßung seines "Leih-Teams", der 1. Mannschaft des Kreisligisten SV Hallstadt.
anpfiff.info

Aus Aserbaidschan über Hallstadt nach Brüssel

Vor allem drei Worte haben Erich Rutemöller in der deutschen Fußballszene berühmt gemacht: „Mach et, Otze!“ Im DFB-Pokalhalbfinale gegen den MSV Duisburg im Jahre 1991 sprach er sie als Coach des 1. FC Köln zu seinem damaligen Spieler Frank ‚Otze‘ Ordenewitz. Dieser wäre aufgrund seiner zweiten gelben Karte für das Endspiel gesperrt gewesen und wollte sich deshalb eine Rote Karte abholen, welche er nach den damaligen Regeln in einem Bundesligaspiel hätte absitzen können, um beim Pokalendspiel wieder dabei zu sein. Erich Rutemöller gab dem Spieler in der Halbzeit dafür grünes Licht, mit eben diesem, mittlerweile zum geflügelten Wort mutierten Satz. Den Fußballfachmann Erich Rutemöller freilich darauf zu reduzieren, ist mehr als ungerecht. Gerade nach seiner Bundesliga- und DFB-Zeit entwickelte er sich zum Weltenbummler und Handlungsreisenden in Sachen Fußball. „Aktuell komme ich aus Aserbaidschan, wo ich eine Woche einen Kurs zur Pro Trainer-Ausbildung geleitet habe. Dort sind sie ganz fixiert auf die deutsche Trainerausbildung!“, verdeutlicht er den Stellenwert und das hohe Ansehen deutscher Trainer im Ausland, zu dem nicht zuletzt auch er in den vergangenen Jahren entscheidend beigetragen hat. „Anschließend geht es für mich weiter zu einer UEFA-Tagung für Ausbilder in Brüssel!“, gewährt er einen Einblick in seinen dicht gedrängten Terminkalender. Natürlich kann auch ein ehemaliger Bundesliga- und DFB-Auswahltrainer das Rad nicht neu erfinden, aber eben nicht nur mit seiner angenehmen Art zog der mittlerweile 67-jährige Westfale die interessierten Zuhörer in seinen Bann, sondern auch mit seinem souverän demonstrierten Fachwissen. So werden einige der anwesenden Trainerkollegen vielleicht die Worte, die über den Kunstrasenplatz des SV Hallstadt schallten, an ihre eigenen Spieler weitergeben: „Jungs, wir jagen den Ball. Wir jagen nicht den Gegner, sondern immer den Ball!“ Oder, um ein Beispiel aus dem späteren Theorieteil zu verwenden: „Ich bin als Fußballer immer aktiv. Auch, wenn wir gerade nicht den Ball haben: wir handeln!“ Die beiden Themen des Abends „sind übergreifend und elementar wichtig, sowohl im Jugend-, als auch Erwachsenenbereich und für Profis ebenso, wie für Amateure!“ Das jeweilige Umschalten nach Ballgewinn beziehungsweise -verlust sei „eine ganz, ganz entscheidende Phase im Spiel. Die Übungen, die ich heute demonstrieren und im Theorieteil nachbearbeiten werde, sind in jedem dieser Bereiche anwendbar!“, so Rutemöller im Vorfeld.

Aufmerksam lauschten die lizensierten Trainer aus ganz Oberfranken den Worten des Ex-Bundesligatrainers Erich Rutemöller in der proppenvollen Sportgaststätte des SV Hallstadt.
anpfiff.info

Motivation ist „eine milde Form der Besessenheit!“

Eines seiner Steckenpferde ist die Motivation im Fußballsport. Anschaulich, auch mit eingespielten Filmen, demonstrierte er die enorme Bedeutung „dieser milden Form der Besessenheit“, wie er Motivation umschrieb. Fußball sei gelebte Emotion, erklärte er und  plauderte – wie so oft an diesem Abend - auch hier aus dem Nähkästchen: „Nach dem verlorenen Pokalendspiel mit Köln gegen Werder Bremen habe ich geweint, sogar noch im Hotelflur, gemeinsam mit dem Doc!“
Gerade die Ausbildung ist es, in der sich Erich Rutemöller wohlfühlt und der er sich mit ganzem Herzen verschrieben hat, wie er sagt. „Das Bundesligageschäft war nichts für mich! Der permanente Druck, das gebe ich ganz ehrlich zu, hat mich psychisch mitgenommen und die Gesundheit geht nun einmal vor. Dieses Haifischbecken war ganz sicher nicht meine Welt!“ Dafür ist er mittlerweile in der ganzen Welt unterwegs, um sein erworbenes Wissen weiterzuvermitteln. Aber ganz egal, wo auf dem Globus er sich gerade befindet: „Die Bundesliga verfolge ich noch immer mit großem Interesse und sehe mir die Spiele im Fernsehen an, das geht mittlerweile ja überall auf der Welt. Und wenn ich zuhause in Köln bin, dann besuche ich die Heimspiele des 1. FC Köln!“
Erich Rutemöller nimmt man ab, dass der Fußball für ihn nicht nur Beruf, sondern Berufung ist. Für einen wie ihn gibt es deshalb den gesetzlichen Ruhestand nicht. „So lange ich fit und auch noch gefragt bin, werde ich weitermachen. Die Liebe zum Fußball ist keine Frage des Alters!“, ist er noch immer voller Tatendrang. Und wird deshalb weiterhin auf allen Kontinenten im Auftrag von DFB, FIFA oder UEFA sein Wissen weitervermitteln, so, wie letzte Woche in Aserbaidschan, an diesem Montagabend in Hallstadt und kommende Woche in Brüssel. Unaufgeregt, sympathisch und gelegentlich auch mit der nötigen Portion Humor. So konnten die Zuhörer von Erich Rutemöller an diesem Montag nicht nur lauschen, sondern auch lachen.

Kommentar abgeben

Kommentare werden unter Deinem Nicknamen und erst nach Prüfung durch die Redaktion veröffentlicht.

Leser-Kommentare

Bilder-Galerie



Hintergründe & Fakten

Keine Daten vorhanden

Zum Thema


Meist gelesene Artikel


anpfiff-Ticker

08.01.2025 20:32 Uhr
Lukas Thoma
03.01.2025 19:19 Uhr
Marc Laub
18.12.2024 10:01 Uhr
Dietmar Goegel
11.12.2024 11:44 Uhr
Roland Göppner
11.11.2024 21:38 Uhr
Marcel Holstein
9059 Leser nutzen bereits mein-anpfiff-PLUS


Diesen Artikel...