Berkan Caglar im Interview: Von Tuchel bis Dinc für den Trainerjob gelernt - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 17.07.2024 um 07:00 Uhr
Berkan Caglar im Interview: Von Tuchel bis Dinc für den Trainerjob gelernt
INTERVIEW Für Berkan Caglar war es diesmal eine besondere Sommervorbereitung, denn der 36-Jährige hat seine bemerkenswerte Laufbahn als Kicker beendet und startet beim SC Germania Nürnberg zugleich seine Karriere als Cheftrainer im Herrenbereich. Im fussballn.de-Interview der Woche blickt er auf seine Zeit als Spieler zurück, spricht über die neue Rolle und mit welchen Ambitionen und Ideen er dabei ans Werk geht.
Von Marco Galuska
Berkan Caglar hat den Posten als Cheftrainer beim SC Germania Nürnberg übernommen und zugleich seine aktive Karriere als Fußballer beendet.
fussballn.de
Hallo Berkan, wie fühlt es sich an, die Vorbereitung auf die neue Saison nicht mehr als Spieler, sondern als Trainer zu absolvieren?

Berkan Caglar (36):
Es fühlt sich ganz anders an, obwohl ich mich lange darauf vorbereiten konnte und wir ja schon im Dezember die ersten Gespräche hatten. Bei meiner ersten Rede vor der Mannschaft habe ich mich noch etwas schwergetan, wenn dann alle Blicke plötzlich auf einen sind, war das schon ungewohnt. Aber das hat sich schnell auch wieder gegeben und es macht absolut Spaß! Es ist ja auch eine Aufgabe, die ich mir zutraue, weil ich mir recht früh sicher war, dass das etwas für mich ist.

Seit wann war der Gedanke in deinem Kopf, dass du die Trainerlaufbahn einschlagen möchtest?

Caglar:
Ich hatte das Glück, dass ich in der Jugend und bei den Herren mit den besten Trainern zusammenarbeiten durfte. Ich war meist ein Führungsspieler und habe oft auch nachgefragt, was wir warum machen. Das hat mich schon immer als Spieler interessiert. In den letzten Jahren habe ich mich dann schon etwas genauer mit der Taktik von bekannten Trainern beschäftigt. Seit zwei Jahren trainiere ich ja eine Jugend-Mannschaft bei Germania, so wie es ausschaut auch weiterhin noch die C1 hier. Viele haben mich belächelt, als ich mit der Taktiktafel angefangen habe, aber es war eine gute Vorbereitung für mich als Trainer. An der Taktiktafel bin ich kein Amateur mehr, auch wenn mir die Erfahrung als Trainer freilich noch fehlt. 

Bei der 1. Mannschaft hast du das Erbe von Serdar Dinc angetreten. Wie lief die Vorbereitung?

Caglar:
Der große Vorteil war, dass wir frühzeitig die Gespräche geführt haben. Ich konnte mich lange Zeit darauf vorbereiten, den Vorbereitungsplan hatte ich im Februar schon fertig, die Transfers im Prinzip im März. Das macht es deutlich leichter. Ich finde es als großes Glück, dass Serdar noch weiter im Hintergrund dabei ist. Die Zusammenarbeit mit meinem Co-Trainer Ercin Cavus und Fitnesstrainer Dimitrios Nakou harmoniert super. Ich bin dem Verein sehr dankbar, dass sie mir das Vertrauen geschenkt haben und diese Konstellation ermöglicht haben.

Neue Rolle beim SC Germania Nürnberg: Berkan Caglar ist sehr glücklich über die Aufgabe, die er gemeinsam mit seinem Trainerteam in Angriff nimmt.
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Welche Veränderungen gab es aus deiner Sicht mit dem Trainerwechsel?

Caglar:
Die Messlatte liegt hoch! Serdar hat hier etwas sehr erfolgreich aufgebaut. Nichtsdestotrotz hat jeder Trainer seine eigene Spielidee. Das ist gerade für die Spieler, die schon zuvor dabei waren, nicht leicht, weil es eine Umstellung bedeutet. Wir haben gute Jungs dazu bekommen, die auch die Philosophie erst verstehen mussten, aber ich muss sagen, dass allesamt die Vorgaben gut verinnerlicht haben und unserer Idee vom Fußball vertrauen.

In euren Testspielen ging es meist eng zu. Ihr konntet mit Weißenburg einen Landesligisten besiegen und gegen Großschwarzenlohe, der sicher zu den Favoriten der Landesliga Nordost zählt, ein Remis holen. Wie zufrieden bist du mit den Auftritten vor dem Ligastart?

Caglar:
 Grundsätzlich sind alle sehr engagiert und fit! Ich habe vor dem ersten Test gegen Wendelstein gesagt, dass wir an unserem Stil festhalten wollen, egal gegen wen wir spielen. Das ist angekommen, wir bleiben geduldig, wollen den Ballbesitz und das hat sich in den Spielen bewährt, auch wenn nicht immer alles so klappt, wie man sich es wünscht.

Lass uns an dieser Stelle mal einen Blick zurück in die Vergangenheit werfen, auf deine Karriere, die ja eine Weile recht nah am Profifußball verlaufen ist - und in der du bekannte Trainer hattest. Du hast beim Club in der Junioren-Bundesliga gespielt und bist bei den Herren zur 2. Mannschaft des FC Augsburg gewechselt. Wie kam es damals dazu?

Caglar:
Thomas Tuchel wollte mich eigentlich schon in der U19 nach Augsburg holen, weil ich ihm aufgefallen bin, als er damals einen Mitspieler vom Club beobachtet hat. Ich bin dann aber erst nach der Jugend nach Augsburg in die 2. Mannschaft. Wir hatten da eine Bombentruppe und herausragende Trainer: Thomas Tuchel war Chefcoach und Julian Nagelsmann wurde nach seiner Verletzung vom Mitspieler zum Co-Trainer.

War damals die Karriere deines Trainers schon abzusehen?

Caglar:
 Thomas Tuchel als ersten Trainer im Herren-Bereich zu haben, das war schon noch einmal ein ganz anderes Kaliber! Die Trainingsmethoden waren eine komplette Umstellung, vor allem haben wir ja beim Club immer Viererkette in der Jugend gespielt. Und als Außenverteidiger - ja, ich bin erst später ins Zentrum gerückt (lacht) - war es auch eine große Systemumstellung im Vergleich zum 3-5-2 in Augsburg. Tuchel war zwar ein bisschen verrückt und schwierig nach Niederlagen, aber man hat unheimlich viel bei ihm gelernt. Dass er später einmal Bayern-Trainer werden würde, hätte ich damals noch nicht gedacht, auch wenn es schon Gespräche gab, dass er in Augsburg die Profis übernehmen könnte.

Klingt für dich als jungen Spieler nach einem idealen Einstieg, um selbst Profi zu werden...

Caglar:
Diesen Wunsch hast du natürlich als Jugendlicher! Schon wenn du beim Club spielst, verändert sich einiges, wenn man das Wappen auf der Brust trägt. In Augsburg habe ich allein gewohnt, wir haben jeden Tag trainiert, das war insgesamt eine große Umstellung für mich. Ich durfte auch bei den Profis unter Trainer Holger Fach mittrainieren und reinschnuppern, nachdem es dort einige Verletzte gab. Spielerisch konnte ich gut mithalten, leider habe ich mir dann beim Abschlusstraining aber einen Bänderriss zugezogen und war einige Wochen raus. 

Wie ging es dann für dich weiter?

Caglar:
Thomas Tuchel ging nach Mainz, hätte er sich für Ingolstadt entschieden, wäre ich wohl mitgegangen. Ich habe stattdessen einen Profivertrag in der 2. Liga in der Türkei unterschrieben. Aber da habe ich ganz schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist. Ein Spielerberater hat mich vermittelt, hat sich dann aber nicht mehr um mich gekümmert. Das ist dort ein anderes Business als in Deutschland und war mir schnell eine Lehre. Janos Radoki kannte mich von den Spielen gegen Augsburg und holte mich zum TSV Rain/Lech in die Bayernliga.

Absprung vom Profibereich: Mit dem Wechsel zum FC Hersbruck entschied sich Berkan Caglar für eine berufliche Laufbahn abseits des Fußballs. 
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Wie kam es, dass du schon im Winter aus der vierthöchsten Liga nach Hersbruck in die BOL gewechselt bist?

Caglar:
Ich war im Winter in der Heimat in der Halle mit Freunden kicken und wir haben da gegen Thomas Ziemer, der damals in Hersbruck gespielt hat, gekickt. Er hat mich direkt angesprochen und letztlich nach Hersbruck gelotst, wo man mir auch beruflich geholfen hat. Denn ich musste mich entscheiden, ob ich weiter voll auf die Karte Fußball setze oder mich vor allem auf die Arbeit konzentriere.

Nach der Zeit in Hersbruck hast du bei Dergahspor in der Landesliga gespielt, später in Kornburg, über Türkspor und der Turnerschaft Fürth bist du schließlich zum Abschluss bei Germania gelandet. Was bleibt dir dabei besonders in Erinnerung aus deiner Karriere?

Caglar:
 Das erste Jahr bei Dergah war unbeschreiblich! Wir hatten eine super Mannschaft, alles war sehr familiär, wir haben vor 4000 Zuschauern gegen Amberg um den Aufstieg in die Bayernliga gespielt. Leider wurde es über die Jahre zum Ende hin im Verein chaotisch. Die Zeit in Kornburg war fußballerisch auch ein echtes Highlight, ein Top-Team mit Top-Typen und mit dem leider schon verstorbenen Achim Kokott hatten wir einen lieben und ehrlichen Trainer. Die letzten Jahre bei Germania waren aber auch richtig schön. Eigentlich wollte ich in der Corona-Zeit mit dem Fußball schon komplett aufhören. Ich bin aber froh, dass ich die Aufstiege erleben durfte, gemeinsam mit Freunden. Da blickt man wirklich gerne darauf zurück!

Relegationsspiel zur Bayernliga im Juni 2012: Dergahspor um Berkan Caglar musste sich am Ende vor großer Kulisse dem FC Amberg geschlagen geben.
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Was hättest du im Nachhinein anders gemacht, wenn du auf deine Laufbahn zurückschaust?

Caglar:
Vielleicht hätte ich damals in der Zeit bei Rain/Lech die Einladung nicht annehmen sollen und es noch ein, zwei Jahre mit dem Fußball so richtig probieren müssen. Ich sage aber immer, dass es für alles einen Grund "von oben" gibt. Ich bin heute extrem glücklich, bin gesund, hab eine tolle Familie, da gibt es absolut keine Entscheidung zu bereuen!

Welche Rolle in der Bezirksliga Nord würde den Germania-Trainer glücklich machen?

Caglar:
An oberster Stelle steht, dass wir auch im nächsten Jahr wieder Bezirksliga spielen wollen. Wir haben eine sehr junge Mannschaft mit ein paar erfahrenen Spielern. Die Tabelle ist eigentlich unwichtig, solange wir die Klasse halten und eine Entwicklung zu sehen ist - beim Team und uns Trainern.

Was erwartest du von der neuen Bezirksliga Nord?

Caglar:
Es wird bestimmt eine sehr ausgeglichene Liga! Da wird sich keiner mehr abschießen lassen. Ich glaube, dass da jeder jeden schlagen kann. Mit Zirndorf und Wendelstein ist Qualität aus dem Süden hinzugekommen. Ich sehe auch die Aufsteiger stark, Altenberg wird beispielsweise in meinen Augen unterschätzt. Die sind auch richtig gut, das haben wir schon im Winter im Testspiel gesehen!

Euer Auftakt steigt am Sonntag in Diepersdorf bei einem anderen Aufsteiger...

Caglar:
Das wird ebenfalls nicht einfach! Gerade die Aufsteiger bringen die Euphorie mit. Freilich ist das alles am Anfang noch schwer einzuschätzen, aber wir freuen uns auf das Spiel und einige Zuschauer.

Mit breiter Burst in der Bezirksliga auftreten: Zwar wird das Berkan Caglar nicht mehr selbst auf dem Feld vormachen, seinen Spielern beim SC Germania aber künftig als Trainer mit auf den Weg geben.
Detlef Knispel

Nach dem Spiel gegen Diepersdorf und Lauf folgen mit Kalchreuth, Zirndorf, Vach und Herzogenaurach gleich einige Brocken...

Caglar:
Ja, ich erwarte diese Mannschaften auch ganz oben. Herzogenaurach habe ich in der Relegation gesehen, eine ganz starke Truppe! Vach hat sich sehr gut entwickelt, Zirndorf und Kalchreuth haben das letzte Saison schon bewiesen. Aber für uns gilt auch: Wir haben Respekt, aber keine Angst vor den Gegnern! Wir glauben an unsere Stärken und können jeden schlagen. Wir wollen jedes Spiel gewinnen, aber wir wollen nicht aufsteigen! (lacht) 

Worauf freust du dich in deiner Premierensaison als Trainer besonders?

Caglar:
Die Liga ist generell von einer richtig guten Qualität, da ist jede Woche eine Überraschung möglich, weil alle Mannschaften sehr gut aufgestellt sind. Es wird darauf ankommen, dass man sich etwas ausdenkt und es auch gut umsetzt. Darauf freue ich mich!

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Steckbrief Berkan Caglar

Berkan Caglar
Spitzname
Beko
Alter
36
Geburtsort
Nürnberg
Wohnort
Nürnberg
Familie
verheiratet, 1 Kind
Nation
Türkei
Beruf
Angestellter
Hobbies
Fußball
Starker Fuß
Rechtsfuß
Lieb.-Position
defensives Mittelfeld ("6er")


Spielerstationen Berkan Caglar


1. Spieltag Bezirksliga Nord


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