Den Namen Friedrich Polster verbindet man wie kaum einen Zweiten mit dem SC Uttenreuth. Das ist der Verein, von dem er nur drei Häuser entfernt wohnt, wo seine Söhne mit dem Fußballspielen begannen und in dem er sich über Jahre hinweg ehrenamtlich engagierte. Die Geschichte hinter dem Mann, der später über mehrere Jahrzehnte als Funktionär den Jugendfußball gestaltete, begann jedoch ganz woanders. Geboren in Urspring und aufgewachsen im Eckentaler Gemeindeteil Unterschöllenbach begann Friedrich Polster, den alle nur Fritz nennen, mit dem Fußballspielen beim FC Eschenau. Ganz unscheinbar zog er dort seine Kreise und hatte Spaß dabei. Im Erwachsenenbereich wechselte er zum EPSV Erlangen, dem Eisenbahn und Postsportverein, wo damals viele Polizisten ihre Stiefel schürten. Fritz Polster gehörte beruflich ebenfalls zu den Ordnungshütern und schloss sich dem Verein an. Auf die Polizisten folgten die Griechen. "Als es beim EPSV nicht mehr weiterging, trat Olympias Erlangen an dessen Stelle. Die haben meinen Spielerpass dann einfach übernommen und von da an war ich nur noch der 'Polsterlopoulos'", lacht Fritz Polster. Erst in der Alt-Herren-Mannschaft wechselte er zu seinen späteren Heimat- und Herzensverein, dem SC Uttenreuth.
Erst über einen kleinen Umweg fand Fritz Polster den Weg zu seinem Heimat- und Herzensverein, den SC Uttenreuth.
anpfiff.info
Über die Söhne in die Jugendarbeit
Der Weg in die Jugendarbeit ging bei Fritz Polster genauso wie bei den meisten Trainern und Betreuern über den eigenen Nachwuchs. Seine Söhne Thomas und Jochen wollten Fußballer werden und hatten stets ihren Vater Fritz als Betreuer zur Unterstützung der gesamten Uttenreuther Mannschaft dabei. Das war noch die Zeit, in der es für junge Leute gar keine Frage war, ob sie Fußballer werden möchten, oder nicht. Es war ein Automatismus. Über das Engagement beim SC Uttenreuth lernte Fritz Polster viele andere Funktionäre kennen. Dass sich beim SCU ein fleißiger Mann herumtreibt, blieb auch der Kreisjugendleitung nicht verborgen. So kam eines zum anderen und Fritz Polster stieg in die Gruppenspielleitung des Kreises ein. In seiner neuen Aufgabe und in der Kommunikation mit den Vereinen lebte er auf und fand Gefallen daran. Nach etwa zehn Jahren als Gruppenspielleiter wurde er von Erich Schmitt, der das Amt bis dato innehatte, überredet, in den Posten des Kreisjugendleiters aufzusteigen. Das war im Jahr 1990. "Keiner wollte es machen und wie es nunmal so ist im Leben, trifft es am Ende immer die, die nicht schnell genug weglaufen konnten", schmunzelt Fritz Polster.
Fritz Polster (re.) war als Trainer/ Betreuer immer bei seinen Söhnen dabei und engagierte sich früh in der Jugendarbeit des SC Uttenreuth.
anpfiff.info
100 Seiten Spielpläne per Schreibmaschine
Fritz Polster war zuvor bereits im Organisationsteam der Jugendleitung involviert, doch die Arbeit stieg nochmals an. Die Einteilung der Spielgruppen und die Erstellung der Spielpläne lagen jetzt ausschließlich in seinen Händen. Das ist der passende Zeitpunkt, um zu beschreiben, wie in den 90er Jahren ohne das 'World Wide Web' gearbeitet wurde.
Wie so oft verbrachte Fritz Polster seinen Sommerurlaub in Italien am Campingplatz, nahm nun jedoch seine Schreibmaschine mit und tippte auf seinem Liegestuhl die Spielpläne für die damals noch zahlreichen Jugendmannschaften im Spielkreis Erlangen/ Forchheim. Stündlich klingelte selbst im Urlaub das Telefon, weil Mannschaften ihre Spielzeiten anpassen wollten, bis es Fritz Polster, und wahrscheinlich auch seiner Frau Helga, zu bunt wurde. Es wurden feste Anrufzeiten ausgemacht, zu denen Fritz erreichbar war. "Damit noch ein bisschen vom Urlaub übrig blieb." Die zirka hundert Seiten Spielpläne, alle händisch im Urlaub abgetippt, mussten zuhause vervielfältigt und später verteilt werden. "Damals kostete ein Anruf noch etwa 20 Pfennig", erinnert sich Fritz Polster, der jede Briefmarke, zum Beispiel für das Versenden der Spielberichtsbögen, und jeden Stapel Papier für den Bayerischen Fußballverband dokumentieren musste, um seine Auslagen erstattet zu bekommen. Dass da die eine oder andere Mark auf Kosten des Funktionärs ging, war keine Seltenheit. Die Spielberichtsbögen aus Papier gab es noch bis ins Jahr 2013/14, weil es beim BFV eben immer ein wenig länger dauert.
Wie es beim Kreisjugendleiter im analogen Zeitalter zuhause aussah, beschreibt am besten eine Anekdote des damaligen Jugend-Gruppenspielleiters Reinhard Staab, die bereits in der Festschrift zu Fritz Polsters 60. Geburtstag stand: "Beim ersten Mal, als ich Fritz im Urlaub vertrat und die Verfügungsgewalt über sein Wohnhaus bekam, wollte ich nach den Telefaxen schauen. Beim Öffnen der Tür zu seinem Arbeitszimmer traf mich fast der Schlag. Das totale Chaos, alles lag durcheinander und verstreut im Zimmer. Hier kann es sich nur um einen Einbruch handeln, dachte ich mir. Vor Verständigung der Spurensicherung habe ich Fritz in Italien angerufen, um ihm von dem Einbruch zu berichten. Dabei klärte sich auf, dass Fritz lediglich vor seinem Urlaubsantritt seine Unterlagen zur Einteilung der neuen Saison 'sortiert' hatte." In den darauffolgenden Jahren gewöhnte sich Reinhard Staab an die polstersche Ordnung.
Es war auch die Zeit, als der Jugendfußball noch den Stellenwert hatte, um wichtig genug zu sein, dass Ergebnisse und Tabellen in der Zeitung abgedruckt wurden. Dieser Part fiel dann meist an die Ehefrau. "Der Fritz ist sonntags zum Pfeifen gefahren. Ich saß daheim am Telefon, habe die Ergebnisse der Mannschaften notiert und sie dann an die Zeitungen durchgegeben, die bei uns angerufen haben", erinnert sich Helga Polster. "Ohne meine verständnisvolle Frau", honoriert Fritz Polster noch heute, "hätte ich meine ganzen Ämter gar nicht ausüben können." Auch wenn der Fußball viel Zeit in Anspruch genommen hat, habe man sehr viele nette Leute durch den Sport kennengelernt, Freundschaften geschlossen und unzählige schöne Momente erlebt.
Fritz Polster und sein Team aus der Kreisjugendleitung im Jahr 2007.
anpfiff.info
Schiedsrichter bis ins hohe Alter
Als hätte er sonst nicht genug zu tun, war Fritz Polster nebenbei auch noch als Schiedsrichter aktiv. Vom 1. Juli 1976 bis ins hohe Alter, Ende des Jahres 2016, pfiff Fritz Polster Fußballspiele. Sogar mit über 70 Jahren half er noch auf dem Platz aus. Zu seinen Glanzzeiten pfiff er bis in die Bezirksliga. "Ich kann mich noch an ein Spiel in Schwabach erinnern. Da bin ich wohl bei einer Mannschaft während der Begegnung ein wenig angeeckt. Als ich abgepfiffen habe, bin ich schnell zu meinem Leichtkraftrad gesprintet und abgezischt", lacht Fritz Polster. Er spricht davon, dass man früher als Schiedsrichter ein wenig vorsichtig sein musste, damit man nicht verprügelt wurde. Er habe schon vorher gewusst, bei welchen Vereinen er sein Fahrzeug in Sichtweite und am besten schon in Fahrtrichtung abstellen müsse.
Wie viele Begegnungen er in den 40 Jahren als Schiedsrichter pfiff, kann er heute nicht mehr sagen. Seine Söhne benötigten ihren Schiedsrichterschein damals zur Sportnote fürs Abitur. Wenn die beiden mal nicht konnten, was nicht selten vorkam, reiste stattdessen der Vater an und pfiff ihre Spiele. "Wir haben damals als Schiedsrichter nie ein Spiel zurückgegeben. Wenn ein anderer nicht konnte, dann bin meistens ich hingefahren und habe gepfiffen", erinnert sich Fritz Polster.
Fritz Polster als Kreisjugendleiter in der Tageszeitung. Keine Seltenheit, als der Jugendfußball noch einen höheren Stellenwert in der Gesellschaft hatte. Allein die Hallenrunden für hunderte Jugendmannschaften waren eine Mammutaufgabe in der Organisation. Dazu kam noch der Spielbetrieb auf dem Feld.
anpfiff.info
Die Zeit bei der Polizei
Dass Fritz Polster so viele ehrenamtliche Tätigkeiten ausüben konnte, hängt mit seinem Job als Polizist zusammen, wie er erklärt. "Mein Vorgesetzter sagte immer: Sie bringen durch ihre Tätigkeit mehr Jugendliche von der Straße weg und auf den richtigen Weg, wie es uns gar nicht möglich wäre. Deswegen wurde es geduldet, dass ich in der Nachtschicht, wenn weniger los war, auch etwas für den Fußball erledigen durfte", so der spätere leitende Hauptkommisar.
Eine Geschichte aus seiner aktiven Zeit schaffte es sogar in die Tageszeitung: In der Nähe des Siemens-Stadions gab es einen Taschendiebstahl. Fritz Polster war als Zivilstreife mit dem Auto unterwegs, als er am Straßenrand eine Person sah, die zur Beschreibung des Täters passte und die zufällig eine Mitfahrgelegenheit suchte. "Er riss meine Tür auf und meinte nur: Fahren Sie mich in die Innenstadt. Ich erwiderte: Na rein da!", lacht Fritz Polster. Der Taschenräuber stieg zu ihm ins Auto, aber statt in die Innenstadt ging es direkt in die nächste Dienststelle, wo der Dieb festgenommen wurde. "Das war dann natürlich Gesprächsthema Nummer 1 und die Kollegen sagten neidvoll: Zu dir setzen sich die Gangster sogar schon ins Auto." 42 Jahre war Fritz Polster bei der Polizei und lange Jahre davon bei der Luftbeobachtung, also mit dem Hubschrauber unterwegs. Dass er mit Selbigem hin und wieder zum Dienstbeginn vom Sportplatz abgeholt wurde, wenn die Zeit drängte, blieb jedoch die Ausnahme.
Fritz Polster war 42 Jahre lang bei der Polizei. Eine Geschichte schaffte es sogar in die Tageszeitung.
anpfiff.info
Vorstand des SC Uttenreuth
Fritz Polster verlor in all der Zeit nie seinen Verein, den SC Uttenreuth, aus den Augen. Schon alleine deswegen, weil seine Söhne zu den Glanzzeiten des SCU dort kickten, als die Fußballer die heimischen Ränge füllten. In der Saison 1988/89 durften sich die Uttenreuther sogar in der Bezirksoberliga mit den anderen großen Vereinen Mittelfrankens messen. Von 1989 bis 1998 verblieb der SCU in der Bezirksliga. Erst danach ging es wieder zurück auf Kreisebene. Fritz Polster übernahm im Jahr 1989 den Vorstandsposten von Günter Scholz und blieb 15 Jahre lang in dieser Funktion tätig. Auch in dieses Ehrenamt ist er hineingerutscht, wie in jedes andere: es wollte niemand machen und der Fritz konnte nicht 'nein' sagen. So salopp kann man es aber dann doch nicht beschreiben, denn es war auch immer der Gedanke an das Gemeinwohl und die vielen Leute, denen seine Arbeit von Nutzen war, der ihn antrieb.
Und weil irgendjemand aus dem Sportverein natürlich im Gemeinderat vertreten sein musste, ließ sich Fritz Polster zusätzlich bei der Kommunalwahl aufstellen - und wurde gewählt. Und das nicht nur einmal. "Beim zweiten Mal habe ich mich gar nicht getraut, meiner Frau zu sagen, dass ich wieder aufgestellt bin. Als sie es rausgekriegt hat, habe ich ihr gesagt, dass ich ganz unten in die Liste stehe. Da habe ich keine Chance", erinnert sich Fritz Polster. Das Ende vom Lied war freilich, dass der Mann, der allseits bekannt war wie ein bunter Hund, erneut in den Gemeinderat einzog und den SC Uttenreuth dort vertrat.
Von seinem Verein, dem SC Uttenreuth, wurde Fritz Polster mit der Ehrenurkunde für sein Lebenswerk bedacht.
anpfiff.info
Danke Fritz!
Im Jahr 2010 gab Fritz Polster sein letztes Ehrenamt ab und übertrug die große Verantwortung der Kreisjugendleitung an seinen Nachfolger Tobias Körner, der diesen Posten noch heute ausfüllt. "Als Fritz den Posten innehatte, war das ein völlig andere Welt", erinnert sich Tobias Körner, der keine hundert Seiten Spielpläne mehr auf der Schreibmaschine abtippen muss. Der größte Erfolg sei in Fritz Polsters Anfangsjahren gewesen, die starren Terminierungen der Anstoßzeiten in der Jugend aufzuweichen und den Vereinen entgegen zu kommen. Bereits im Jahr 1990 nannte Fritz Polster das gestiegene Freizeitangebot für Jugendliche als große Konkurrenz für den Fußball. Rabauken wurden schon damals benannt und insgesamt habe es in Fritz Polsters letzter Saison als Kreisjugendleiter noch 300 Jugendmannschaften mehr gegeben als heute. Der Trend, vor allem in den älteren Altersklassen, zeigte jedoch schon damals nach unten.
Fritz Polster wird heute 80 Jahre alt. In den Jahren nach seinen Ehrenämtern war der fünffache Großvater für seine Familie und Enkelkinder da. Er reiste immer mal wieder zu einem seiner Söhne nach Australien oder schaute dem jüngsten Enkel zu, wie er den Namen Polster aktuell beim SC Uttenreuth vertritt. In seinem Wohnzimmer im Meisenweg, in Hörweite zum Sportgelände, hängt eine Auszeichnung seines Vereins für sein Lebenswerk. Es ist nicht die einzige Urkunde, die Fritz Polster in all den Jahren überreicht wurde. Dennoch hat sie einen Ehrenplatz.
All die Zeit, die Fritz Polster für seinen Verein und vor allem die vielen Jugendlichen im Spielkreis aufgewendet hat, kann man in Gold nicht aufwiegen. Für den Jubilanten war das Ehrenamt ein Full-Time-Job. Seine Arbeit für so viele junge Menschen kann man nicht genug wertschätzen. Deswegen im Namen aller Fußballer, die zu seiner Zeit groß geworden sind, ein abschließendes: "Danke Fritz, alles Gute und viel Gesundheit zum 80. Geburtstag!"
Fritz Polster blickt auf lange Jahre im Ehrenamt zurück. Heute wird er 80 Jahre alt. Alles Gute!
anpfiff.info