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Artikel veröffentlicht am 13.09.2023 um 07:00 Uhr

Tobias Grätz im Interview: "Das Glas ist immer halbleer und nicht halbvoll!"

INTERVIEW Tobias Grätz hat im Amateurfußball schon einiges erlebt. Für den SC Großschwarzenlohe kickte er in der Landesliga, ehe er im vergangenen Winter zurück zur SpVgg Mögeldorf in die Bezirksliga wechselte. Mit Beginn der neuen Spielzeit übernahm der Angreifer nun das Amt des Spielertrainers bei der U23 der Fusionself. Im fussballn.de-Interview der Woche spricht Grätz über sein neues Amt, seine Art des Fußballs und mehr.

Von Daniel Karnbaum

Tobias Grätz möchte mit der Mögeldorfer U23 guten Fußball spielen lassen und möglichst nichts mit dem Abstieg zu tun haben.

fussballn.de / Karnbaum

Hallo Tobias, seit der Winterpause vergangener Saison bist du zurück in Mögeldorf und hast zu dieser Saison die U23 der Mögeldorfer übernommen. Wie kam es dazu?

Tobias Grätz (31): Nach der vergangenen Bezirksligasaison wollte ich eigentlich den Verein verlassen beziehungsweise habe ich darüber nachgedacht, mal eine Pause einzulegen. Dann ist allerdings unser Vorstand Lothar Meisinger auf mich zugekommen, ob ich mir nicht vorstellen könne, die U23 als Spielertrainer zu übernehmen. Dieses Gespräch hat dann den Stein ins Rollen gebracht und so habe ich mich dann auch relativ schnell für die neue Aufgabe entschieden. Da ich allerdings aus beruflichen Gründen nicht bei jedem Training selbst anwesend sein kann, wollte ich unbedingt einen Co-Trainer an meiner Seite haben, der mich unterstützt. Mit Michael Talaska hab ich nun einen guten Mann an meiner Seite.

War es schon immer dein Plan, mal Trainer oder Spielertrainer zu werden?

Grätz: Ja, das war schon immer ein Gedanke in meinem Kopf! Je älter man wurde, desto mehr hat man im Fußball auch selbst schon erlebt und an Erfahrungen gesammelt. Zudem hat man auch bei vielen Vereinen gesehen, dass die Variante mit einem Spielertrainer gut funktionierten kann, wie man auch bei meinem Ex-Verein in Großschwarzenlohe sieht. Dort machen Fabian Schäll und Florian Bauer einen super Job und feiern aktuell auch wahnsinnig tolle Erfolge. Sie, aber auch mein Vater, der mich lange Jahre trainiert hat, sind für mich da schon kleine Vorbilder, was das Trainergeschäft angeht.

Was hat sich dann an der Aufgabe in Mögeldorf besonders gereizt?

Grätz: Na ja, ich wollte dann schon wissen, ob ich die Erfahrungen, die ich über lange Jahre im Fußball gesammelt habe, auch an die Jungs vermitteln kann. Man sagt ja auch, dass nicht jeder Spieler automatisch auch ein guter Trainer ist. Das macht für mich den besonderen Reiz aus, die eigenen Erfahrungen auch anderen zu vermitteln und dann idealerweise auch die Erfolge dafür, einzufahren.

Mit Michael Talaska hat Tobias Grätz einen jungen Co-Trainer an seiner Seite, mit dem er sich sehr gut ergänzt.

fussballn.de / Gitzing

Wie hat man sich den Spielertrainer Tobias Grätz denn vorzustellen? Bist du eher der emotionale oder sachliche Trainertyp?

Grätz: Ich bin definitiv der emotionale Typ und mein Co-Trainer Michi der sachliche. Da ich als Spielertrainer selbst auf dem Platz und somit mittendrin bin, ist es manchmal gar nicht so einfach, gewisse Anweisungen sachlich rüberzubringen. (lacht) Diesen Part übernimmt dann Michi. Aber insgesamt ergänzen wir uns da als Trainerteam auch ganz gut.

Welchen fußballerischen Ansatz willst du in der neuen Saison wählen?

Grätz: Mir ist wichtig zu betonen, dass wir auf jeden Fall Fußball spielen wollen. Es gibt einige Mannschaften, die sich mittlerweile über Kick-and-Rush definieren, vorne einen guten Stürmer haben und so zum Erfolg kommen möchten. Wir hingegen sind ein Team, das die Kugel laufen lassen und hinten rausspielen möchte. Auch wenn das zu Beginn der Saison bisher noch nicht so funktioniert hat, arbeiten wir weiter hart daran und ich merke auch, dass sich die Mannschaft in diesem Punkt weiterentwickelt. Dass sich einen neue Spielidee nicht von heute auf morgen in einer jungen Mannschaft etablieren lässt, versteht sich, denke ich, von selbst. Mit der nötigen Geduld und Zeit wird man aber dann auch die Erfolge sehen.

Du sprichst es gerade selbst an, ihr habt eine relativ junge Mannschaft. Denkst du, das könnte in einer ausgeglichenen Kreisklasse zum Problem werden, dass ihr das ein oder andere Mal Lehrgeld bezahlt?

Grätz: Ich denke, es ist gar nicht mal so schlecht, dass man auch mal Lehrgeld bezahlt, denn nur dann lernt man auch daraus. Wir haben sicherlich den ein oder anderen Spieler, der da vielleicht vom Herrenbereich auch noch etwas mehr Respekt hat, auf der anderen Seite aber auch Spieler, die das komplett ausblenden und einfach direkt gut dagegen halten und sich schnell etabliert haben. Wir haben da eine gute Mischung und sollten uns einfach auf unsere Stärken besinnen.

Besonders im Auftaktmatch beim FC Bosna (in weiß) kam die Mögeldorfer U23 um Solomon Abraha gehörig unter die Räder und verlor mit 1:5. Trotzdem sind die Trainer von der Mannschaft und dem fußballerischen Ansatz weiter überzeugt.

fussballn.de / Gitzing

Blicken wir auf euren Saisonstart, dieser verlief zunächst eher durchwachsen. Wo siehst du aktuell noch Baustellen, wo ihr auf jeden Fall noch dran arbeiten müsst?

Grätz: Ich bin grundsätzlich ein Typ, bei dem das Glas immer halbleer und nicht halbvoll ist! Es gibt immer Dinge, die man verbessern kann. Wir hatten zu Beginn mit Bosna direkt einen starken und abgezockten Gegner, gegen den wir auch in der Höhe absolut verdient mit 1:5 verloren haben. Wir haben an diesem Tag nicht unsere Leistung gebracht und entsprechend eine Klatsche kassiert. Im zweiten Spiel gegen den SV Eyüp Sultan waren wir hingegen über weite Strecken des Spiels die bessere Mannschaft, haben es aber verpasst, aus unseren guten Chancen Tore zu machen und spielen am Ende "nur" 1:1-Unentschieden. Und auch das Spiel gegen Rangierbahnhof verlief eigentlich ziemlich ähnlich. Wir machen kein schlechtes Spiel, nutzen unsere Chancen aber nicht und kriegen die Dinger dann hinten. Trotzdem sind wir von unserem Weg überzeugt und werden weitermachen.

Vergangenes Wochenende ist der Knoten bei euch geplatzt und ihr habt den ASC Boxdorf deutlich mit 6:3 geschlagen. Du selbst hast in sage und schreibe fünf Minuten einen Hattrick geschnürt. Wie hast du das Ganze erlebt ?

Grätz: Mein Co-Trainer Michi und ich hatten vor dem Spiel schon große Bauchschmerzen, da wir wirklich mit dem letzten Aufgebot angetreten sind. Zum Glück haben wir sowohl aus der Ersten, als auch aus der Dritten einen Spieler bekommen, um zumindest etwas besser nachlegen zu können. Wir wollten Boxdorf das Spiel machen lassen und auf unsere Chance lauern. Die drei Tore in fünf Minuten waren dann natürlich schon etwas Besonderes. Ich habe früher mal in Regensburg vier Buden in 15 Minuten erzielt, aber einen Hattrick in so kurzer Zeit konnte ich noch nicht vorweisen. Mir ist aber auch sehr wichtig zu betonen, dass ich zwar die Tore gemacht habe, es aber ohne die gesamte Mannschaft nicht möglich gewesen wäre. Jeder hat sich für den anderen eingesetzt und letztlich haben wir uns den Sieg dann auch einfach redlich verdient. Das war wirklich eine beeindruckende Leistung und man hat gesehen, dass wir in dieser Liga mehr als konkurrenzfähig sind! Das Ergebnis gibt uns jetzt natürlich für die kommenden Aufgaben Selbstvertrauen.

Was habt ihr euch für Ziele gesetzt?

Grätz: In erster Linie hat die Umstrukturierung und Entwicklung der Mannschaft oberste Priorität. Wir hatten im Sommer einen großen Umbruch zu verzeichnen, sodass es nun darum geht, zunächst als Mannschaft wieder zusammenzuwachsen und diese dann weiterzuentwickeln.

Tobias Grätz (in blau) legt zwar den vollen Fokus auf die U23 der Mögeldorfer, die er als Spielertrainer verantwortet. Sollte allerdings Norbert Frey in der Bezirksliga mal Not am Mann haben, würde er jederzeit aushelfen.

fussballn.de / Strauch

Und sportlich? Kann es ein anderes Ziel als den Klassenerhalt überhaupt geben?

Grätz: Ich bin ein Typ, der grundsätzliches jedes Spiel gewinnen will. (lacht) Allerdings muss man auch realistisch bleiben. Wir wollen guten Fußball spielen und mit dem Abstieg möglichst nichts zu tun haben. Wir peilen einen Mittelfeldplatz in der Tabelle an und ich bin auch davon überzeugt, dass wir die Qualität dazu haben, dieses Ziel auch zu erreichen.

Hast du dir auch persönliche Ziele für die Saison gesteckt?

Grätz: Nein, persönliche Ziele oder irgendeine bestimmte Toremarke habe ich mir nicht gesetzt. Als Spieler hat man sich da vielleicht eher auf so etwas konzentriert. In meiner Position als Spielertrainer habe ich jetzt eher das große Ganze im Blick und mir ist völlig egal, wer am Ende die Tore macht. Sollte ich am Ende einige Buden machen und der Mannschaft damit helfen, freut mich das natürlich, aber ich setze mir da keine Ziele.

Am Sonntag steht nun das Derby gegen die DJK Falke auf dem Programm. Kribbelt es da besonders?

Grätz: Derby ist Derby, da gibt es nichts anderes! Ich habe in der Vergangenheit schon das ein oder andere Mal mit unserer Ersten gegen die DJK Falke gespielt und es waren immer heiße und umkämpfte Spiele. Auch am Sonntag erwarte ich eine solche Partie, in der man einfach doppelt und dreifach motiviert ist. Wir werden auch dort versuchen, unser Spiel auf den Platz zu bringen und das Derby für uns zu entscheiden. An Motivation wird es in diesem Spiel sicherlich nicht mangeln.

Die Erfolge seines Ex-Verein SC Großschwarzenlohe, für den Tobias Grätz (rechts) noch im vergangenen Jahr das Trikot trug, verfolgt er noch regelmäßig. Zudem hat er noch einige gute Freunde dort.

fussballn.de

Seit kurzem ist auch dein ehemaliger Trainer Norbert Frey wieder zurück in Mögeldorf. Kann es also sein, dass man Tobias Grätz in Zukunft auch auf den Bezirksligaplätzen wieder sieht?

Grätz: Ich habe ein super Verhältnis zu Norbert, trotzdem denke ich, wenn man sich den Kader der 1. Mannschaft ansieht, dass sie sehr gut aufgestellt sind. Mein Fokus liegt da voll und ganz auf der U23. Sollte allerdings mal Not am Mann sein und meine Unterstützung gefragt sein, stehe ich natürlich jederzeit zur Verfügung und helfe gerne aus.

Lass uns zum Abschluss einen Blick auf deinen Ex-Verein, den SC Großschwarzenlohe werfen. Die SCG entwickelt sich in den vergangenen Wochen und Monaten immer mehr zum Pokalschreck und warf zuletzt die SpVgg Ansbach aus dem BFV-Pokal. Verfolgst du deine alte Mannschaft noch?

Grätz: Ja, selbstverständlich verfolge ich den SC Großschwarzenlohe noch! Ich verfolge jedes Wochenende die Ergebnisse und habe auch noch einige gute Freunde dort, mit denen ich regelmäßig in Kontakt stehe oder sie auch treffe. Leider hat es jetzt schon längere Zeit nicht mehr geklappt, dass ich mal vor Ort am Sportplatz vorbeischaue. Das ist aber demnächst auf jeden Fall einmal fest eingeplant. Nach dem Pokalerfolg über Ansbach habe ich Fabian Schäll auch zum Sieg gratuliert. Dort wird wirklich tolle Arbeit geleistet. Wir haben auch heute noch ein sehr gutes Verhältnis zueinander und man hat sich, als ich im Winter zurück nach Mögeldorf gewechselt bin, auch im Guten getrennt.