Alex Pinskij im Interview: Ich kann die Kritik der Vereine nachvollziehen! - anpfiff.info
Artikel veröffentlicht am 09.11.2022 um 07:00 Uhr
Alex Pinskij im Interview: Ich kann die Kritik der Vereine nachvollziehen!
Seit vergangenem Wochenende rollt der Ball auch wieder in der Futsal-Bayernliga. Mit einem spektakulären 7:7 in Geretsried ist Futsal Nürnberg gestartet. Der organisatorische Leiter und zugleich Torwart bei Nürnbergs Futsalern Alex Pinskij (35) spricht im fussballn.de-Interview der Woche über die Lage von Futsal Nürnberg, Bayern und der Koexistenz zum Fußball.
Von Marco Galuska
Alex Pinskij ist nicht nur Torwart, sondern auch der organisatorischer Leiter bei Futsal Nürnberg
fussballn.de
Hallo Alex, ein 7:7 gab es für Futsal Nürnberg zum Auftakt am vergangenen Sonntag. Erklär uns bitte das Spektakel in Geretsried!

Alex Pinskij:
Wir haben den Anfang verschlafen, lagen schnell 0:2 zurück, kamen dann richtig gut zurück und waren zur Pause 5:3 vorne. Nach der Halbzeit haben wir sogar auf 7:3 erhöhen können. Zwei individuelle Fehler haben den Gegner dann leider ins Spiel zurückgebracht. Geretsried hat im Powerplay und mit einem Strafstoß dann noch ausgeglichen. Die Halle hat getobt, am Ende blieb es aber beim 7:7.

Klingt spektakulär und nach Werbung für Futsal...

Pinskij:
Vier Tore Vorsprung heißt beim Futsal nicht viel, da kann immer noch was passieren. Wir sind natürlich nicht glücklich darüber, dass wir einen Sieg aus der Hand gegeben haben.

Erst kürzlich war ein Kamerateam von SAT.1-Bayern bei eurem Training zu Gast. Wie kam es zu dem Interesse?

Pinskij:
Das kam über das Sportbündnis Bundesliga im Großraum Nürnberg zustande, zu dem wir gehören. Das ist ein Zusammenschluss mehrere Vereine aus verschiedenen Sportarten. Und da kam das Interesse auf, dass SAT.1 Bayern, das regelmäßig Sportvereine vorstellt, mal etwas über Futsal berichtet, nachdem die dazu bisher noch nie etwas gemacht haben.

Ungewohnter Fokus: Ein TV-Team war zu Gast beim Training von Futsal Nürnberg.
fussballn.de

Euch gibt es immerhin schon seit fast zehn Jahren, aber irgendwie hat man nicht das Gefühl, dass Futsal derzeit gerade "in aller Munde" ist!

Pinskij:
 Einerseits haben natürlich die Hallenschließungen im Zuge von Corona Futsal schon extrem gebremst. Das muss man klar so festhalten und haben wir auch gespürt, dass es mit dem Saisonabbruch Anfang 2020 ganz schwierig wurde, wenn man dann 17 Monate einfach kein Pflichtspiel mehr hat. Andererseits hat die Professionalisierung von Futsal in Deutschland durch die Einführung der Bundesliga aber schon zugenommen. Auch die Nationalmannschaft hat erst wieder einen Achtungserfolg erzielt mit einem 1:1 gegen die Slowakei - da hätte man früher haushoch verloren.

...und dennoch läuft das zumeist unter dem Radar. Auch vom Start der Futsal-Bayernliga war im Prinzip nichts zu lesen oder gar etwas zu sehen. Ärgert das einen Futsal-Spieler?

Pinskij:
Futsal ist eine Randsportart, die das Fernsehen oder die Presse leider kaum interessiert. Wir sind aber überhaupt froh, dass wir wieder in einem Ligabetrieb spielen können: zum einen, dass es eine Liga gibt, zum anderen hatten wir auch bei uns einen gewaltigen Umbruch.

In der aktuellen Futsal-Bayernliga sind gerade einmal sieben Mannschaften am Start, darunter eine 2. Mannschaft und eine U19. Ein Armutszeugnis oder gar eine Liga vor dem Aussterben?

Pinskij:
Die Bedingungen sind derzeit nicht einfach! Zwei Mannschaften – Atletico Erlangen und Wackersdorf – haben keine Trainingshalle bekommen und deshalb für diese Saison nicht gemeldet. Dass die U19 von Jahn Regensburg dabei ist, finde ich positiv, denn es wird höchste Zeit, dass eine Struktur für die Jugend im Futsal geschaffen wird.

Kritik am Verband?

Pinskij:
Der BFV trägt als zuständiger Verband die Verantwortung. Jetzt könnte man sagen, dass wir in Bayern im Vergleich zu anderen Landesverbänden besser aufgestellt sind. Es gibt mehrere Regionalligisten und zwei Bundesligisten aus Bayern. Es wäre aber ein viel größeres Potential vorhanden, es könnte viel mehr Mannschaften geben. In meinen Augen wurde zu wenig für Futsal geworben. Und vor allem müsste man den Vereinen genauer erklären, was Futsal ist und es mehr als nur eine Überbrückung der Winterzeit bedeutet.

Aus den Fußballvereinen gibt es weiterhin Kritik an Futsal und wehmütige Erinnerungen an Hallenfußballmeisterschaften…

Pinskji:
Ich kann das nachvollziehen! Viele Vereine haben sich überrumpelt gefühlt, weil sie nicht mitgenommen wurden. Und das traditionelle Denken aufzubrechen ist grundsätzlich schwer! Aber auch im Fußball gab es viele Entwicklungen, auch der Fußball hat sich verändert. Im Übrigen ist Futsal in Spanien, Portugal, Argentinien oder Brasilien Teil der Fußballausbildung.

Ermin Kojic hat die Rolle des neuen Spielertrainers bei Futsal Nürnberg übernommen.
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Wie sollte Futsal im Fußballverband integriert sein?

Pinskji:
Futsal ist in den Verbänden integriert, aber es müsste vielmehr Aufwand in die Aufklärung gesteckt werden, Knowhow transportiert werden und eine Ligastruktur geschaffen werden, vor allem bei der Jugend. Zumindest gibt es mittlerweile U19-Stützpunkte in Regensburg und München.

Wie bist du eigentlich selbst zum Futsal gekommen?

Pinskij:
Es gab 2010 noch eine Hallenkreismeisterschaft im Fußball mit Bande und parallel Futsal-Turniere. Da habe ich mit der SG Quelle Fürth mitgespielt und es hat richtig Spaß gemacht. Ich fand, dass das auch schon auf einem hohen Niveau war und die beiden Meisterschaften parallel gut angekommen sind. Als ich dann erfahren habe, dass es eine reine Futsal-Mannschaft in Nürnberg gibt, bin ich da 2015 hinzugestoßen.

Mit Futsal Nürnberg wurdet ihr 2018 Dritter in der Regionalliga. Wie würdest du die Entwicklung von damals bis heute beschreiben?

Pinskij:
Die Entwicklung war leider rückläufig. Wichtige Stützen sind uns über die Jahre weggebrochen. Das lag auch daran, dass einige ausländische Spieler, die hier studiert oder gearbeitet haben, nun nicht mehr in der Region sind. Und im Zuge von Corona kamen aus dem Ausland auch keine neuen Spieler mehr hinzu. Wir können uns das auch nicht leisten, Spieler zu holen; andere Vereine können das - und die spielen dann heute auch in der Futsal-Bundesliga.

Hat Corona nicht zu reparierende Schäden für euch hinterlassen?

Pinskij:
Die Schäden sind reparabel, aber wir wissen nicht, was in diesem Winter passiert. Wir leben in Zeiten von Corona und der Energiekrise, das belastet den Hallensport. Und wenn man keine Liga anbieten kann, wird man keine Spieler hinzubekommen.

Blicken wir auf Futsal Nürnberg in der nun gestarteten Saison. Wie schaut der Kader und die Zielsetzung aus?

Pinskij:
Auf dem Papier haben wir eine Kaderstärke von 15 Spielern. Mit Ermin Kojic haben wir einen neuen Spielertrainer aus den eigenen Reihen. Mario Goreta, der das bisher mit Peter Schulze-Zachau gemacht hat, wird ihn noch beim Training unterstützen. Viele langjährige Spieler und Leistungsträger wie auch Peter, sein Bruder Paul Schulze-Zachau, Dominik Fischer oder Sebastian Glauber sind nicht mehr da. Dennoch wollen wir schon unter die Top 3 kommen, das sollte unser Anspruch sein, weiter ambitioniert zu denken.

Anfang des Jahres verpasste Futsal Nürnberg in der Relegation die Rückkehr in die Regionalliga, seitdem hat sich das Gesicht der Mannschaft doch ziemlich verändert.
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Wie sieht die Zukunft für Futsal in Nürnberg und Umgebung aus?

Pinskij:
Nürnberg ist schon ein Futsal-Standort mit Tradition. Mit uns wird es weitergehen, auch wenn wir in ganz Franken derzeit die einzige Mannschaft im Spielbetrieb sind und die am nächsten gelegenen Gegner in Ingolstadt und Regensburg spielen. Die weiten Fahrten sind wir aber seit Jahren gewohnt, das ist nicht das Problem.

Und wie schaut die Prognose für Futsal in Bayern aus?

Pinskij:
Da ist schon eine Schere aufgegangen. Der Jahn ist ein Topverein! Vieles hängt auch von diesem Winter ab – und da wiederhole ich mich – wieviel Aufwand in Werbung und Organisation gesteckt werden. Zehn Mannschaften sollte man für die Bayernliga in Zukunft schon wieder hinbekommen.

Und die Rolle des DFB in der Futsal-Welt?

Pinskij:
Ich bin da mit einigen Spielern und Funktionären im Austausch. Die Entwicklung mit der Nationalmannschaft wird international schon wahrgenommen. Das Ziel muss es aber sein, dass man eigene Futsal-Spieler aus der Jugend ausbildet und nicht importiert. Ein leistungsorientiertes Denken ist gut, professionell wie in anderen Ländern wird es aber sicher nicht werden.

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