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Artikel veröffentlicht am 17.10.2022 um 10:56 Uhr

"Kelvin muss bleiben": Heidingsfeld kämpft für seinen Fußballer

UPDATE Osaivbie Ekogiawe steht am Sonntag um 15:00 Uhr auf dem Platz. Auf dem Sportplatz des SV Heidingsfeld an den Herieden. Gegner ist die TSG Estenfeld. Er hat Spaß, gibt alles für seine Mannschaft. Wie in den bisherigen acht Partien zuvor, in denen er zum Einsatz kam. Doch etwas ist diesmal anders. Der gebürtige Nigerianer steht kurz vor der Abschiebung. Und das wollen nicht nur seine Mannschaftskameraden verhindern.

Von Alexander Rausch

Überall auf dem Sportgelände sind weiße Shirts mit der grünen 19 zu sehen. Vor der Partie halten seine Mannschaftskameraden ein Banner hoch mit Aufschrift „Kelvin muss bleiben“. Auch die Zuschauer, die so zahlreich wie selten an den Sportpark gekommen sind – rund 250 waren es an diesem Sonntag – rufen dem 20-Jährigen immer wieder aufmunternde Worte zu. Alle solidarisieren sich mit ihm, beziehen klar Stellung für einen dauerhaften Aufenthalt eines Menschen, seit Jahren einer von ihnen ist. „Es ist Teil unserer Vereinskultur, immigrierte Menschen zu integrieren. Für mich ist es selbstverständlich. Ich musste keine Sekunde nachdenken, mich für Kelvin einzusetzen. Selten habe ich mich derart stark für etwas eingesetzt“, verkörpert Annette Göhler, Vorstand Sport des SV Heidingsfeld, die Werte des Vereins. 2017 zeichnete der DFB den Verein für seine Integrationsarbeit ausgezeichnet mit dem Egidius-Braun-Preis aus.

Mit 16 nach Deutschland gekommen und voll integriert

Mit 16 kam Kelvin als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland und kickt seitdem für den SV Heidingsfeld. 23 Spiele absolvierte er in der U19, 37 seither im Herrenbereich. Vergangene Saison trug er 25 Mal das grün-weiße Trikot in der Kreisliga, gehörte mit zwölf Scorerpunkten zu den wichtigsten Spielern seines Teams. Auch in dieser Saison knipste er bereits doppelt und kam bisher neunmal zum Einsatz. Weitere sollen unbedingt hinzukommen. Nicht nur als Spieler, sondern vor allem als Mensch ist der gebürtige Nigerianer unverzichtbar.

Eindeutiges Statement!

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Sehr gutes Beispiel für Integration

Und eigentlich ist 20-Jährige ein sehr gutes Beispiel für gelungene Integration. Er hat sich kurz nach seiner Ankunft einen Sportverein gesucht, um Anschluss zu finden. Doch nicht nur das. Er engagiert sich im Verein. Osaivbie Ekogiawe macht einen Mittelschulabschluss und im Anschluss eine Ausbildung zur Pflegekraft. Diese bereitete ihm nach eigenen Aussagen sehr große Freude. Überdies spricht er sehr gut Deutsch, hat sich über die Jahre einen festen Stamm an Freunden aufgebaut, hat eine Freundin und ist gesellschaftlich integriert. „Er wäre gerne Profifußballer geworden. Das war sein Traum. Aber er hat sich umorientiert und sich um einen anderen Weg sehr bemüht“, so Annette Göhler. Allerdings war er bisher nur geduldet. Das sollte sich im Frühsommer endlich ändern.

Im Juni stellte Kelvin den Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung. Über diesen steht bis heute jede Entscheidung aus. Stattdessen entzog die ZAB Unterfranken dem 20-Jährigen die Duldung, weil mit der Abgabe des Reisepasses der Grund für die Duldung wegfiel. Ende August stellte der ZAB zudem den Antrag auf Luftabschiebung.
Eine Farce in den Augen seiner zahlreichen Unterstützer, schließlich erfüllt der 20-Jährige, wie oben beschrieben, alle Kriterien für einen Verbleib in Deutschland. Nur der genehmigte Antrag auf dauerhaften Aufenthalt fehlt. Sie nennen das Vorgehen „einen Skandal“. Die Seebrücke Würzburg startet eine Online-Petition „Abschiebung nach Nigeria verhindern - Osaivbie bleibt“, die bereits 3.700 Menschen bis Montagmittag unterschrieben hatten. Es ist von einer wiederholt rechtlich fragwürdigen und unmenschlichen Praxis die Rede und fordert die Stadtoberen zu einer öffentlichen Positionierung und zum Handeln auf. Schließlich tituliert sich Würzburg seit 2019 als „sicherer Hafen“. Leere Worte oder folgen Taten?

Osaivbie Ekogiawe im Relegationsduell der Vorsaison gegen die Sportfreunde Sailauf.

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Beeindruckendes Zeichen der Unterstützer

Wie handeln geht, zeigten rund 150 Personen bei einer Spontan-Demonstration am vergangenen Dienstag während der Verhandlung über Osaivbie Ekogiawe und brachten ihr Unverständnis lautstark zum Ausdruck. Ein beeindruckendes Zeichen an die Politik und deren Entscheider, dass Kelvin bleiben muss. Auch für den heutigen Montag war wieder eine Demonstration am Barbarossaplatz angekündigt. Rund 130 Menschen zogen durch die Innenstadt und solidarisierten sich lautstark. Wenig später gab das Verwaltungsgericht Würzburg dem Eilantrag, um die Abschiebung zu stoppen, statt. Bis zur endgültigen Entscheidung über den Antrag auf dauerhaften Aufenthalt bleibt Kelvin in Würzburg.